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Beiträge
Biologie der Pflanzen.
Herausgegeben Dr. Ferdinand Cohn.
Zweiter Band.
Mit sechzehn Tafeln.
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Breslau 1877. J. U. Kern’s Verlag (Max Müller).
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, Inhalt des zweiten Bandes.
Zelle und Zellkern. Bemerkungen zu Strasburger’s Schrift; „Ueber Zellbildung und Zelltheilung.“ Von Dr. Leopold Auerbach Anatomie der vegetativen Organe von Dionaea muscipula Ell. Von Dr. A. Fraustadt. (Mit Tafel I—III.) — Ueber die Entwickelung und die en Stellung von RE Pers. Von Dr. J. Schröter.
— Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen. N Dr: Rn Mowai
kowski. (Mit Tafel IV— VI.)
— Bemerkungen über Organisation einiger Eehernzelen Von Dr.
Ferd. Cohn. : 2
— Ueber die biologischen Verhältnisse, 1 Thallus ee Era flechten. Von Dr. A. B. Frank. (Mit Tafel VII.)
Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen. Von Dr. Leon Nowa- kowski. II. Polyphagus Euglenae, eine Chytridiacee mit geschlechtlicher Fortpflanzung. (Mit Tafel VIII und IX.)
-Die Keimung der Sporen und die Entstehung der Fruchtkörper bei den Nidularieen. Von Dr. Eduard Eidam. (Mit Tafel X.) .
- Untersuchungen über Bacterien. IV. Beiträge zur Biologie der Bacillen. Von Dr. Ferd. Cohn. (Mit Tafel XI.).
“ Untersuchungen über Bacterien. V. Die Aetiologie der Milzbrand- Krankheit, begründet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacil- lus Anthraeis. Von Dr. Koch, Kreisphysikus in Wollstein. (Mit Tafel XI.).
— Ueber die Einwirkung höherer Telnperaturen‘ auß die Erhaltung dr Keimfähigkeit der Samen. Arbeiten aus dem pflanzenphysio- logischen Institut am Polytechnikum zu Carlsruhe. II. Von Dr. L. Just ; EL PEN:
Bemerkungen und BenPachiaigen. über Saed Vetilssinken. Von Dr. J. Schröter. (Mit Tafel XII.) . .
Ueber zwei neue Entomophthora-Arten. Von Profenson N. ECE kin. (Mit Tafel XIII.) N ERBRUN ALAND OD A
Untersuchungen über Bacterien. VI. Verfahren zur Untersuchung, zum Conserviren und Photographiren der Baeterien. Von Dr. Koch. (Mit drei Tafeln, en in Lichtdruck, XIV. ZV.XVL)
- Nachtrag zu den Bemerkungen aber Si eklagineen. Yon Ds J. Schroeter..
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Register zum zweiten Bande.
Auerbach, Dr. Leopold, Zelle und Zellkern. Bemerkungen zu Strasburger’s Schrift: „Ueber Zellbildung und Zelltheilung.“ Cohn, Dr. Ferdinand, Bemerkungen über Organisation einiger
Schwärmzellen. all, N). a ei — Untersuchungen über Bein IV. Beiträge zur Biologie der Bacillen. (Mit Tafel XI.) .
Eidam, Dr. Eduard, die Keimung der Sporen Sr de "Entetehianie der Fruchtkörper bei den Nidularieen. (Mit Tafel X.) ;
Frank, Dr. A. B., Ueber die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krustenflechten. (Mit Tafel VII.) >
Fraustadt, Dr. A., Anatomie der vegetativen Organe von Diele muscipula Ell. (Mit Tafel I-II.).
Just, Dr. L., Ueber die Einwirkung höherer Menschen auf ie Erhaltung der Keimfähigkeit der Samen. Arbeiten aus dem pflanzenphysiologischen Institutam Polytechnikum zu Carlsruhe. 1].
Koch, Dr., Untersuchungen über Bacterien. V. Die Aetiologie der Milzbrand-Krankheit, begründet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacillus Anthraeis. (Mit Tafel X].). e 27%
— Untersuchungen über Bacterien. VI. Verfahren zur Untersuchung, zum Conserviren und Photographiren der Baeterien. (Mit drei Tafeln, Photogramme in Lichtdruck, XIV. XV. XV].).
Nowakowski, Dr. Leon, Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen. (Mit Tafel IV-VL).. ;
— Beitrag zur Kenntniss der inteiäktinsene Ir. Poigiklagk Brig eine en mit geschlechtlicher Fortpflanzung. (Mit Tafel VII. und IX.) . Ä 2
Schroeter, Dr. J., Ueber die Entwichelung dd die sy Tetemat Stellung von Tulostoma Pers. . s
— Bemerkungen und Beobachtungen über Ber etilerueen (Mit Tafel XI.) f
— Nachtrag zu den Bene nen, über einige Vetlaginäen &
Sorokin, Professor N,, Ueber zwei neue Entomophthora-Arten. (Mit Tafel XIII.) .
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Dr. Ferdinand Cohn.
Mit sechs zum Theil farbigen Tafeln.
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Zweiter Band. Erstes Heft. |
Breslau 1876.
(Max Müller).
Beiträge
zur
Biologie der Pflanzen.
Herausgegeben LIBRARY von MEW YORK BUTANICAL UARDEN
Dr. Ferdinand Cohn.
Zweiter Band. Erstes Heft,
Mit sechs zum Theil farbigen Tafeln.
Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag
(Max Müller).
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Inhalt des ersten Heftes.
Seite. Zelle und Zellkern. Bemerkungen zu Strasburger’s Schrift: „Ueber Zellbildung und Zelltheilung.“ Von Dr. Leopold Auerbach . . 1
Anatomie der vegetativen Organe von Dionaea muscipula Ell. Von
Drreraustadt: (Mit Tafel. I-Ul). . 2... 2.0.2.9
Ueber die Entwickelung und die systematische Stellung von Tulostoma
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Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen. Von Dr. Leon Nowakowski. EBEN NG a N a
Bemerkungen über Organisation einiger Schwärmzellen. Von Dr. Fer- ha an ee ae ae ee ee LOL
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Zelle und Zellkern.
Bemerkungen zu Strasburger’s Schrilt : „Ueber Zellbildung und Ielltheilung.
Von
Prof. Dr. Leopold Auerbach.
Wenn ein Vertreter der Zoo-Histologie sich erlaubt, an diesem Orte einige kritische Erörterungen in phytologischen Angelegenheiten vorzubringen, so hat er dazu nicht blos einen persönlichen Anlass in dem Umstande, dass seine seit einigen Jahren auf dem Gebiete der Zellentheorie entwickelten Ansichten in der oben genannten wichtigen Schrift eines Botanikers zwar eingehende Berücksichtigung aber trotz äusserlicher Uebereinstimmung mancher Befunde doch im Kern der Sache entschiedene Angriffe erfahren haben, sondern er entnimmt eine höhere Berechtigung daraus, dass es sich in diesem Conflicte um fundamentale Fragen handelt, welche beide Lager der biologischen Forschung gleich sehr interessiren müssen, ja sogar um eine Verständigung über die Grundbegriffe der Zellenlehre, über welche man vielleicht einen Zwiespalt der Meinungen nicht für möglich gehalten hätte.
Wer von der genetischen Einheit der organischen Welt überzeugt ist, oder wer auch nur in abstracterer Weise einen wesentlichen Zusammenhang der pflanzlichen und der thierischen Lebensgesetze anerkennt und dabei berücksichtigt, dass divergirende Entwickelungs- richtungen doch von einer gemeinschaftlichen Grundlage ausgehen
'\> müssen, wird zugeben, dass auf biologischem Gebiete in fundamen-
talen Dingen Uebereinstimmung vorhanden sein, und wo sie für den Augenblick verloren scheint, der Wissenschaft wieder gewonnen werden muss.
Es gab eine Zeit, wo die Forschung dieses Ziel auf ihre Fahne schrieb, jene Zeit nämlich, da die Lehre von den Elementartheilen
der thierischen Organismen als eine jüngere Schwester der pflanz- Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band II, Heft, 1
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lichen Zellenlehre ans Licht trat und das berühmte Werk Schwann’s geradezu den Titel trug: „‚Untersuchungen über die Uebereinstim- mung in der Strucetur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen.“ Das Streben nach Einklang war damals so gross, dass sich mit dem in raschem Anlaufe erlangten Einblicke in die Formähnlichkeit der Elementargebilde sogar die nämlichen Irrthümer in Betreff ihrer Entwickelung verbanden, welche indessen auf beiden Seiten allmäh- lich in gleichem Sinne berichtigt wurden durch die Erkenntniss des Protoplasma als der primären und wesentlichen Grundsubstanz der Elementargebilde und der Theilung der Zellen als der überaus vor- herrschenden Art ihrer Vermehrung. Auch in diesen Punkten wieder war die botanische Forschung immer um einen Schritt der zoologi- schen voraus, welchem aber letztere in ihrer Art rasch folgte.
Mühsamer kämpften sich einige andere Analogieen durch, in welchen die Thierphysiologie der pflanzlichen Vorbild und wohl von anregendem Einflusse auf diese gewesen ist. So vor Allem der Parallelismus im Processe der geschlechtlichen Befruchtung in beiden Reichen, welcher für das grosse Gebiet der Kryptogamen durch die Entdeckung der in diesem überall vorkommenden selbstbeweglichen Sperma-Elemente fast zur Identität sich erhob. Indem man ferner die Aufnahme von Sauerstoff durch die Pflanzen als einen wesent- lichen Factor ihres Stoffwechsels verstehen lernte und an den insec- tivoren Pflanzen die Fähigkeit constatirte, Eiweiss-Substanzen ganz wie Thiere zu verdauen, wurde selbst in Betreff des Chemismus die Kluft zwischen beiden Naturreichen mehrfach überbrückt.
Freilich mussten auch andererseits im selbständigen Entwicke- lungsgange beider Zweige der Wissenschaft manche der anfangs angenommenen, namentlich manche histologische Parallelismen wieder geopfert werden oder sich doch wesentliche Modificationen gefallen lassen. Während z. B. von Schwann und noch lange nach ihm die capillaren Lymph- und Blutgefässe der Thiere ihrer Entwicke- lung und ihrem Bestande nach, ganz analog den pflanzlichen Gefässen, als communicirende Hohlzellen angesehen wurden, ergaben sich jene der späteren Forschung als Intercellulargänge, welche unmittelbar von herumliegendem Gewebe begrenzt, nämlich durch dünne, aber aus platten, kernhaltigen Zellen zusammengefügte Wände eingehüllt sind. Während ferner die pflanzlichen Elementartheile, so weit sie Gewebe constituiren, durchweg Zellen im ursprünglichen Sinne des Worts sind, nämlich von festen oder membranösen Wänden einge- fasste Kammern, hat es sich gezeigt, dass im thierischen Organis- mus die Mehrzahl der so genannten Zellen nackte Protoplasmakörper
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bleiben. Und während im Bau der Pflanzen Intercellularsubstanzen nur eine geringe Rolle spielen, liefern im thierischen Körper für den Aufbau ganzer Organsysteme und weit verbreiteter Gewebe, wie der Knochen, der Knorpel, des Bindegewebes u. a. m., Intercellularsub- stanzen die Hauptmasse und machen sich neuerdings nicht als Aus- scheidungen der Zellen, sondern als unmittelbare Umbildungen der peripherischen Schichten des Zellprotoplasma geltend. Auch andere, für speeifische Functionen bestimmte Umwandlungen des Protoplasma finden sich im Thierkörper in einer Häufigkeit und Mannigfaltigkeit, welche dem einfacheren pflanzlichen Organismus abgehen, und neh- men wichtige Studien für sich in Anspruch.
Solche und andere Verschiedenheiten des Materials, die fort- schreitende Theilung der Arbeit und die Vertiefung in specielle Probleme, namentlich aus dem an Mannigfaltigkeiten reichen Gebiete der höheren Entwickelungen, haben, wie es scheint, allmählich eine schädliche Entfremdung zwischen beiden Lagern der organischen Naturforschung begünstigt. Die fruchtbare Wechselwirkung ist seit längerer Zeit ziemlich sparsam gewesen, und man dürfte bei den einzelnen Forschern selten viel Interesse selbst für die wichtigsten Arbeiten der Schwesterdiseiplin finden.
Eine um so erfreulichere Erscheinung ist in dieser Hinsicht das oben genannte neue Werk Strasburgers, insofern es durch die Berücksichtigung der gemeinsamen Wurzel pflanzlichen und thieri- schen Lebens und durch vergleichende Untersuchungen über analoge Processe auf beiden Gebieten charakterisirt ist. Auch dies Mal freilich ist der Anstoss von zoo-histologischer Seite ausgegangen. In meinen Studien über die thierischen Zellkerne war ich zu einer Reihe von Erfahrungen und Ansichten über die Entwickelung und die Lebensgeschichte dieser Gebilde gelangt, welche von den in der Histologie herrschenden Vorstellungen in vielen wichtigen Punkten wesentlich abwichen, während es sich fand, dass sie in mancher Hinsicht mit denjenigen Vorstellungen übereinstimmten, welche über pflanzliche Zellkerne Hofmeister gewonnen und in theilweise ent- sprechender Art auch Sachs in seinem Lehrbuche niedergelegt hat. In meiner bezüglichen Schrift!) verfehlte ich nicht auf diese Ueber- einstimmung sowie auch auf andere botanische Beobachtungen (Wan- derungen der Kerne, Hautschicht des Protoplasma und ihre Bezie- hungen zur Bildung der Zellmembran) und deren Analogieen mit
1) Auerbach. Organologische Studien, Ites und 2tes Heft, Breslau 1374 bei Morgenstern.
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meinen Ergebnissen nachdrücklich aufmerksam zu machen. Diese Hinweisungen fanden nun einen raschen, wenn auch nicht ganz eonsonirenden Wiederhall in Strasburger’s Schrift, aus welcher ich freilich, ebenso wie aus sonstigen mir gewordenen Mittheilungen, ersehen musste, dass die Ansichten Hofmeister’s, auf die ich mich berufen hatte, in der Botanik keineswegs durch eine allgemeine Anerkennung fixirt sind. Zu besserem Zusammenklange gaben gleich- zeitig noch anderweitige zoologische Beobachtungen Veranlassung. Einige Zeit nach meinen erwähnten Publieationen hatte Bütschli') vorläufige Andeutungen bekannt gemacht über eine von ihm bei der Theilung thierischer Zellen in der Kernregion derselben gefundene Strueturerscheinung, welche gänzlich ähnlich ist derjenigen, die bei Pflanzen kurz zuvor Tschistiakoff”?) als Pronueleus beschrieben hatte, und die ungefähr gleichzeitig Strasburger in vielen Fällen beobachtet und zu einem Hauptgegenstande der Darstellung in seiner bezeichneten Schrift gemacht hat. Durch diese mehrfachen Berüh- rungen verschiedenseitiger Forschungen sah sich Strasburger ver- anlasst, nicht blos auf die bezüglichen Ergebnisse der Zoologen auf- merksame vergleichende Blicke zu werfen, sondern sogar selbst einen Excurs auf das Gebiet zoologischer Beobachtung zu machen. Nament- lich hat er Untersuchungen über die Furchung der Eier vou Phal- lusia mammillaris angestellt, und seiner Schrift eine Darstellung der- selben einverleibt, in welcher besonders diejenigen Vorgänge, welche die Kerne betreffen, wesentlich conform seinen Ergebnissen an Pflan- zen erscheinen.
Wenn man nun die Befunde Strasburger’s über die Furchung von Phallusia mammillaris, abgesehen von aller Deutung, wie sie als positive Erscheinungen in seinen Abbildungen sich darbieten, in Betracht zieht, so zeigt sich leicht, dass sie sich fast vollständig mit denjenigen decken, welche ich von den Eiern der Nematoden beschrieben habe. Die Hauptdifferenzen sind die, dass schon bei der Bildung des ersten Kerns eine strahlige Anordnung der Dotterkügel- chen sich zeigt, und dass der Mittelstiel des Gebildes, welches ich karyolytische Figur genannt habe, etwas mehr spindelförmig aus- sieht und eine meridionale Längsstreifung zeigt, Thatsachen, von deren Richtigkeit ich mich in diesem Herbst selbst durch Unter- suchung desselben Objects überzeugt habe, ohne sie mit meinen früher ausgesprochenen Ansichten in Widerspruch zu finden,
1) Ztschr. f. w. Zool. Bd. XXV. (1875). S. 201—213 u. S. 426—441. 2) Bot. Zeitg. 1875, No. 1—7.
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Dennoch ist Strasburger auf Grund sowohl dieser wie seiner pflanzlichen Befunde in den die Kerne betreffenden Hauptfragen zu gänzlich den meinigen entgegengesetzten Resultaten gekommen, und zwar hauptsächlich einerseits in Betreff des Processes der Neubil- dung der Kerne, andererseits in Betreff der Art ihrer Vermehrung.
Ich muss nun diesen Angriffen gegenüber auf meinen früheren Ansichten beharren. Diese in extenso darzulegen und zu recht- fertigen ist indessen hier nicht meine Absicht, um so weniger, als meine eigenen Untersuchungen sich bisher fast nur auf zoologischem Gebiete bewegt haben. Nur in so weit möchte ich meine Ansichten hier vertheidigen, als ich eine Reihe triftiger Gründe für dieselben aus einem genauen Studium der Schrift Strasburger’s selbst ent- nehmen zu können glaube, und werden daher die folgenden Bemer- kungen vorzugsweise einen kritischen Charakter tragen. Diese wer- den aber nicht blos die eben bezeichneten Probleme, sondern noch eine wichtige Differenz in den praeliminaren Begriffen berühren müssen. Es handelt sich dabei um nichts Geringeres, als um die Frage: Was ist in einem gegebenen Öbjecte als Zelle, was als Kern, was als Nucleolus anzusehen? Man wird zugeben, dass diese Bezeichnungen heute nieht mehr in einem ganz allgemeinen, blos formalen Sinne gebraucht werden dürfen, dass man nicht mehr, wie in der Kindheit der mikroskopischen Anatomie, jedes beliebige Bläschen als eine Zelle, jeden festen Innenkörper der- selben als Kern ansehen und gelegentlich etwa, wie das wohl vor- gekommen ist, sagen darf, ein Amylumkorn oder ein Ohlorophyllkorn vertrete die Stelle des Zellkerns, dass vielmehr jene Worte Aus- drücke sein müssen für typische Substrate und Organe des Lebens, deren jedes hinsichtlich seiner Substanz, Anlage und Bestimmung überall ursprünglich identisch ist, so sehr sich auch im Laufe wei- terer Entwickelungen Metamorphosen einstellen mögen. Da indessen diese Charakteristika bisher noch sehr ungenügend erforscht sind, so beruht die Anwendung jener Begriffe noch in gewissem Grade auf subjeetiver Anschauung, und ist vorläufig noch keineswegs in ihrer Richtigkeit so gesichert, wie vielfach angenommen zu werden scheint. In der That wird sich eben so wohl aus dem hier Vorzubringenden erge- ben, wie es auch aus der Betrachtung anderer einschlägiger Arbeiten zu entnehmen sein würde, dass in der Auffassung und dem Gebrauch jener Grundbegriffe bedeutende Incongruenzen vorkommen. Diese fallen nun nicht gerade dem einzelnen Forscher zur Last, und ich möchte keineswegs in den folgenden Bemerkungen dem Autor des besprochenen Werkes irgend welche Vorwürfe machen. Wenn ein
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Kenner und Forscher wie Strasburger in den bezeichneten Punk- ten Fehler gemacht haben sollte, so muss ihn der gegenwärtige Stand seiner Wissenschaft gewissermaassen dazu berechtigt haben, und wenn ich selbst mit meinen Einwendungen nicht Recht behalten sollte, so hoffe ich doch wenigstens discussionsbedürftige Fragen berührt und damit zu einer künftigen Klärung und Sicherstellung der Begriffe beigetragen zu haben. Die Sache ist folgende.
In Betreff einer ursprünglichen Neubildung von Zellkernen, wie sie namentlich im Anfange aller embryonalen Entwickelungen unzwei- felhaft vorkommt, hatte ich behauptet: Vor der Neubildung eines Kerns ist das Zellplasma durchtränkt von einem eigenthümlichen Safte, dem Kernsafte. Indem dieser sich an einem Punkte zu einem Tropfen ansammelt, ist die erste, einfachste, oft lange als solche bestehende Form des Kerns gegeben. Der Kern ist also bei seiner Entstehung eine Art Vaecuole, d.h. eine tropfenförmige Ansammlung einer vom eigentlichen Protoplasma ver- schiedenen, diekflüssigen, hellen und homogenen Sub- stanz in einer anfangs wandungslosen, d. h. nicht durch eine besondere Schicht eingeschlossenen Höhle des Protoplasma. Nachträglich verdichtet sich eine der Oberfläche des Tropfens anliegende Grenzschicht des Protoplasma zu einer besonderen Wandung, der Kern- membran. Die Kernhöhle ist also das Primäre am Kern, seine Membran ein äusseres Accidens. Nachträglich auch, und zwar oft noch vor der Bildung der Membran, treten im Innern der Höhle ein oder mehrere Nucleoli auf, sich bildend, wie ich an Froscheiern sehen konnte, durch allmähliche Zusammenballung feinster Kügelchen. Da die Nucleoli sich in ihrer weiteren Entwickelung als Protoplasma- körper erweisen, so nahm ich an, dass es entweder gleich bei der Aussonderung des Kerntropfens in diesen mit fortgerissene, oder nachträglich von der noch weichen Grenzschicht abgelöste Proto- plasma-Molecüle seien, welche anfangs in dem Kernsafte zerstreut, später zusammenrückend die Nucleoli constituiren. Noch füge ich um des Folgenden willen hinzu, dass die Nucleoli der thierischen Zellen, wenn sie grösser heranwachsen und in lebhaftere Thätigkeit gerathen, auch die Aehnlichkeit mit dem Zellprotoplasma zeigen, dass sie gern Vacuolen in ihrer Substanz entwickeln.
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Zu völlig entgegengesetzten Ansichten nun ist Strasburger ge- langt, so dass er sich schliesslich zu dem Ausspruche veranlasst sieht: „Gegen die Behauptung Auerbachs, dass die Zellkerne Tropfen seien, wendet sich unsere ganze Erfahrung.“ Nach ihm ist vielmehr der Zellkern nach seiner Entstehung, und so lange er überhaupt eine Thätigkeit in der Zelle ausübt, nur ein mehr oder weniger scharf abgegliederter Theil des Zellprotoplasma selbst, in dessen Innerem sich, „wenn der Zellkern seine Aufgabe grösstentheils vollbracht hat und zur Ruhe kommen soll,“ Vaeuolen und Nucleoli differenziren können. Er sagt daher: „Auerbach hat die in den Kernen sich bildenden Vacuolen jedenfalls für die Kerne selbst gehalten.“
Letztere Unterstellung nun ist jüngst schon von OÖ, Hertwig!) auf Grund unbefangener Wiederholungen meiner Beobachtungen wie auch auf Grund seiner eigenen, sehr eindringlichen Untersuchungen über die Befruchtung und Furchung von Seeigel-Eiern entschieden zurückgewiesen worden, und ist überhaupt auf die an thierischen Eiern zu beobachtenden Erscheinungen so wenig anwendbar, dass ich in dieser Beziehung nur auf meine bezüglichen, theils schon vorliegender, theils nächstens zu publieirenden Arbeiten zu verweisen brauche.
Auch eine andere Meinung Strasburger’s, nämlich, dass bei thierischen, im Besonderen bei Aseidien-Eiern der Kern ein abge- schnürtes und in’s Innere der Zelle gelangendes Stück der Haut- schicht des Protoplasma sei, ist schon von Hertwig als nicht genü- gend motivirt bezeichnet worden, und gehe ich darauf hier nicht näher ein.
Was aber die Pflanzen anbetrifit, so erscheinen Strasbur- ger die Zellkerne, wo er eine Neubildung derselben beobachten konnte, einfach als im Innern der Zelle auftretende, anfangs kugel- runde, dunklere, also verdichtete Partieen des Protoplasma, kaum scharf abgegrenzt, und als solche sich längere Zeit erhaltend. Es wird somit diejenige ältere, viel verbreitete Vorstellung von Neuem vorgetragen, welche ich in meinen Schriften bekämpft habe.
Worauf gründet sich aber diese Ansicht Strasburger’s? Ich finde in seinem Werke nur zwei Beobachtungen, welche in seinem Sinne jene Auffassung klar zu demonstriren scheinen, nämlich die gleich im Anfange seiner Schrift niedergelegten Untersuchungen über die ersten Embryonal-Processe im befruchteten Ei von Ephedra
!) Zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morphol. Jahrb., Bd. I., 1875., 5. 347—434.
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altissima und von Phaseolus multiflorus. Sehen wir uns also die- selben etwas genauer an.
In dem „befruchteten Embryosack“ von Phaseolus multifl. entste- hen, wie Strasburger annimmt, nach Auflösung des ursprünglichen Zellkerns an zerstreuten Punkten des schaumigen, feinkammerigen Protoplasma durch freie Neubildung eine Anzahl junger, anfangs sehr kleiner Endosperm-Zellen, und zwar sofort in der Gestalt kugel- runder Bläschen mit einem hellen Inhalte und mit einem punktför- migen, sehr dunkeln Kern in ihrem Centrum, so dass es offenbar ist, dass Zelle und Kern gleichzeitig entstehen. Diese bläschenför- migen Zellen wachsen im Ganzen und in allen ihren einzelnen "Bestandtheilen allmählich immer mehr heran, und je mehr sie wach- sen, desto mehr erweist sich ihre Wandung als eine hautschicht- ähnliche Protoplasma-Membran, desto deutlicher erkennt man im Innern radiäre, netzförmig verbundene Protoplasmastränge, welche von der Hautschicht zum Kerne gehen. Letzterer erweist sich mehr und mehr als ein grosser, dunkler Protoplasmakörper, welcher einige Vacuolen in sich entwickelt und später seine kuglige Form aufgiebt, indem er durch zipfelförmige Fortsätze in die radiären Stränge übergeht. Weiterhin werden diese Stränge, theilweise zer- reissend und verschmelzend, an die Wandschicht der Zelle herangezo- gen und mit ihnen auch der Kern. Durch ihr fortschreitendes Wachs- thum nähern sich diese Zellen einander immer mehr; und wenn sie dadurch beinahe bis zu gegenseitiger Berührung gelangt sind, schei- den sie an ihrer Oberfläche Cellulose aus, womit das erste Endosperm- Zellgewebe hergestellt ist. So Strasburger.
Aber sind denn die Gebilde, welche er als Zellen und Zell- kerne schildert, auch mit Recht als solche anzusehen? Auf diese Frage giebt mir die Betrachtung seiner Abbildungen, Fig. 5 bis 16 seiner Tafel V, eine für mich unzweifelhafte Antwort; und zwar muss ich auf Grund zahlreicher, auf thierischem Gebiete gewon- nener Anschauungen bis auf bessere Belehrung jene Frage entschie- den mit Nein beantworten. Von meinem Standpunkte aus muss ich sagen: Was hier Strasburger für Zellen ausgiebt, sind Kerne, und was er für die Kerne jener Zellen hält, sind die Nucleoli jener Kerne. In demjenigen Aussehen, welches diese Gebilde gleich nach ihrer Entstehung darbieten, und welches in den Figuren 5—8 wiedergegeben ist, dürften sie wohl Jedem sofort in dem von mir bezeichneten Sinne imponiren. Auch Stras- burger selbst hat das wohl bemerkt; denn er fühlt sich gedrungen, ausdrücklich zu sagen: „Dass aber der zarte Kreis nicht etwa
die Peripherie eines kugligen Kerns, der centrale Punkt nicht etwa ein Kernkörperchen darstellt, das zeigen die folgenden Zustände.“ Allein gerade diese späteren Zustände machen die Charakteristik der betreffenden Gebilde als Kerne mit Nucleolis nur noch vollstän- ständiger; sie entsprechen durchaus denjenigen Erscheinungen, welche sehr heranwachsende, zu bedeutendem Volumen gelangende Zellkerne, wenigstens in thierischen Organismen, sehr häufig zeigen, und, ich glaube nicht, dass irgend ein erfahrener Zoo-Histologe, der sich das Aussehen vergegenwärtigt, welches in vielen Fällen die Kerne reifer thierischer Eier, welches die Kerne vieler Drüsenzellen der Insecten- larven, welches die Kerne mancher Ganglienzellen darbieten, zögern wird mir beizustimmen.
Für’s Erste sind die sogenannten Kerne Strasburger’s so charakteristische Nucleoli wie nur möglich. Letztere sind zunächst in kleinen Zellkernen immer dunkle solide Kügelchen im Centrum des hellen Kernraumes, wachsend aber machen sie genau die von Stras- burger seinen Kernen zugeschriebenen Metamorphosen durch. In allen zu bedeutender Grösse heranwachsenden Kernen thierischer Zellen nämlich stellen sie sich genau so dar, wie jene von Stras- burger als Kerne angesehenen Körper, nämlich als relativ dunkle, aus einer festweichen, gleichsam plastischen Masse bestehende, häufig unregelmässig zipflig geformte, einige Vacuolen in sich entwickelnde Körper. Und während die Nucleoli anfangs immer und oft lange Zeit hindurch als dunkle Körper in einem hellen Hohlraume schwe- ben, zeigen sich nach übereinstimmenden Beobachtungen alle jungen, eben entstandenen Kerne als helle Körper in dunklerer protoplasma- tischer Umgebung.
Das Gesammtgebilde aber, welches Strasburger als Zelle bezeichnet, kann meines Erachtens gerade deshalb keine Zelle sein, weil es von vorn herein als ein Bläschen sich zu erkennen giebt. Ein durch freie Neubildung entstandener Elementarorganismus ist ja sonst nirgends von vorn herein ein Hohlbläschen, sondern anfangs immer ein einfacher Protoplasmakörper. Dieses Hauptresultat der neueren Reform der Zellenlehre dürfte wohl nicht blos für die thierischen Organismen gelten. In diesen freilich entwickeln sich überhaupt fast nie eigentliche Zellhöhlen, selbst dann nicht, wenn eine Zellmembran an der Peripherie des Protoplasma sich differen- zirt hat!). Wenn nun hingegen in gereiften Pflanzenzellen die Zell-
. 1) Gewisse, namentlich aus rapiden Zelltheilungen hervorgegangene junge Zellen des thierischen Körpers sind allerdings, formal betrachtet, oftmals wirkliche Bläschen, nämlich dann, wenn der bläschenförmige Kern relativ sehr
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höhle eine sehr gewöhnliche Erscheinung ist, und bei der Theilung häufig auch nicht verloren geht, sondern in die Tochterzellen mit hinüber genommen wird, so ist es doch wohl für die meisten Fälle der sogenannten freien Zellbildung wesentlich anders, und sind z. B. alle auf solehem Wege in eclatanter Weise entstehenden Schwärmzellen oder Zoosporen der Kryptogamen nackte, durch und durch protoplas- matische Körper, welche erst zur Zeit der Keimung eine Membran ansetzen und nachträglich durch verschmelzende Vacuolen im Innern eine Höhlung entwickeln. Wohl aber erweisen sich andererseits alle Zellkerne sehr frühzeitig als dünnwandige Bläschen mit einem hellen Inhalte. Ich kann mich hier, wenn ich den Vorwurf einer petitio principii vermeiden will, nicht vorzugsweise auf meine Ergebnisse berufen, nach welchen sogar in dem oben angegebenen Sinne die Höhle des Kerns das Primäre an ihm ist. Aber ganz abgesehen von diesem Punkte ist doch nach vielseitigen übereinstimmenden Beobachtungen über die ersten Embryonal-Processe in thierischen Eiern das gewiss, dass die Zellkerne sehr kurze Zeit nach ihrer Entstehung als zartwandige Bläschen mit einem hellen Inhalte sich erweisen '), und weiterhin das, dass alle Kerne lebenskräftiger Zellen solche Bläschen sind.
Nun scheint aber vielleicht der Auffassung Strasburger’s eine andere Thatsache zu Hilfe zu kommen, nämlich die radiären, zum Theil netzförmigen Stränge einer blassen weichen Substanz, welche von der Wand der in Rede stehenden Bläschen zu ihrem Innenkörper hinziehen. Strasburger sieht die Substanz dieser Stränge für Protoplasma an, und es läge somit hier dasselbe Verhältniss vor, welches so viele pflanzliche Zellen auszeichnet, nämlich eine strang- oder netzförmige Ausbreitung des Protoplasma, welche die Wand- schicht mit dem Kerne in Verbindung setzt. Wenn nun aber auch diese Aehnlichkeit mehr als eine äusserliche sein sollte, so kann sie
gross und nur von einer schmalen Protoplasmaschicht umhüllt ist, welche den Zellenleib darstellt. Wesentlich ist aber dabei, dass die innere Höhlung nicht eine Zellhöhle, sondern die Kernhöhle, d. h. nicht eine zwischen der Ober- fläche des Kernes und der Zellperipherie sich ausbreitende, sondern eine im Kernraume gelegene Höhle ist, und dass ein etwaiger Innenkörper in dieser Höhle nicht ein Zellkern, sondern ein Nucleolus ist. Dass dem so ist, lehrt sowohl die Vorgeschichte wie die weitere Entwickelung solcher Zellen.
!) Einzelne, scheinbar widersprechende Beobachtungen, wie diejenigen, welche jüngst Schwalbe (Bem. über die Kerne der Ganglienzellen, Jen. Ztschr. f. Med. u. Naturw. 1875 S. 25) über gewisse Nervenzellen der Retina gebore- ner Kälber veröffentlicht hat, dürften mit der Zeit sich besser einreihen, als es zunächst scheinen mag.
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doch keinesfalls gegen die Deutung der fraglichen Bläschen als Kerne entscheidend sein. Denn mancherlei unzweifelhafte Zellkerne thierischer “Organismen bieten genau dieselben Erscheinungen dar, und besonders deutlich solche, welche, wie die hier besprochenen, zu relativ bedeutender Grösse gedeihen, nur dass man natürlich sagen muss: die Stränge gehen von der Kernwandung zum Nucleolus. Hier stehen in erster Linie die Keimbläschen mancher thierischer Eier, d. h. wie ihre Bildungsgeschichte lehrt, die Kerne der Eizellen. Ich verweise in dieser Beziehung beispielsweise auf die Beschreibung und die Abbildungen, welche Flemming') von dem reifen Keim- bläschen der Anodonta, ferner auf diejenigen, welche O. Hertwizg?”) über dasjenige eines Seeigels, Toxopmeustes lividus, geliefert hat. Aber auch andere Zellen zeigen Aehnliches, wie denn z. B. neuer- dings Schwalbe?) Entwickelungsstadien gewisser Nervenzellen beschreibt, in welchen er an ihren Kernen ganz Entsprechendes beobachtet hat. Ich bin freilich für unsere Fälle nicht der Mei- nung, dass die erwähnten Stränge von derselben Substanz sind, wie Nucleolus und Kernmembran und mit diesen in innigem conti- nuirlichen Zusammenhange stehen, so dass der Kern zeitweise oder, wie einige Autoren meinen, immer nur eine schwamm- förmig durchbrochene Protoplasma-Masse wäre. Vielmehr habe ich reichlich Gründe anzunehmen, dass jene Stränge aus einem von der Nucleolarsubstanz verschiedenen Stoffe bestehen, nämlich demselben, welcher sich in anderen Kernen in Form discereter Kügelchen, der von mir sogenannten Zwischenkügelchen zeigt. Dies ist jedoch eine Frage, welche hier nicht entschieden zu werden braucht und sich am Wenigsten an Alkohol - Präparaten entscheiden lässt, wie sie Strasburger benützt hat. Jedenfalls bieten unzweifelhafte Zell- kerne, und namentlich, wenn mit Reagentien behandelt, oftmals so genau dieselben Bilder, wie die Bläschen in den erwähnten Figuren der Taf. V, dass daraus eine Homologie, nicht aber eine wesentliche Verschiedenheit hervorgeht.
Ich frage aber weiter: Wenn die Wandung eines jeden dieser Bläschen die Hautschicht einer Zelle wäre, wie liesse sich dann die weitere Entwickelung zur Herstellung des Endosperm-Gewebes erklä- ren? Um jene Membranen herum liegt ja noch überall das Proto- plasma der Mutterzelle, und wenn sich auch die Bläschen durch ihre
1) Entwiekelung der Najaden, Sitz.-Ber. der Wiener Akad. d. W. Bd. LXXI., Taf. I., Fig. 17 und 18.
2) ]. c. Tafel X., Fig. 1.
3). ve;
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Vergrösserung sehr einander nähern, so geschieht dies doch nicht bis zur Berührung; es bleibt immer noch zwischen ihnen protoplas- matische Grundsubstanz übrig, und in der Mitte der letzteren scheidet sich schliesslich die Cellulose-Schicht aus. Man müsste also anneh- men, dass sich hier noch Protoplasma von aussen an die Hautschicht anlegt, und dass die Cellulose-Membran in einer gewissen Entfer- nung von der Hautschicht entsteht. Das dürfte kaum mit allem sonst Bekannten und auch nicht mit den von Strasburger selbst über die Hautschicht entwickelten Vorstellungen in Einklang zu bringen sein.
Nach alle dem muss ich also diese Zellen Strasburger’s für Kerne und ihre Innenkörper für Nucleoli halten.
Wenn man aber eine solche Umdeutung pflanzlicher Beobachtun- gen von Seiten eines Nicht-Botanikers für allzu kühn erachten sollte, so bin ich in diesem Falle in der glücklichen Lage, auf phy- tologischer Seite, wenigstens für die ersten der hier besprochenen Stadien, einen Genossen meiner Auffassungen vorzufinden, und zwar in keinem Geringeren als in Hofmeister, welcher denselben Gegenstand untersucht hat und zu folgendem Resultate gelangt ist: „In dem Protoplasma des Embryosacks treten freie Zellkerne in Anzahl auf. Bei ihrem ersten Sichtbarwerden sind die Kerne der Endospermzellen bläschenähnliche Gebilde, ohne feste Bildungen im Innern. Ihre Grösse übertrifft erheblich diejenige der später in ihnen entstehenden Kernkörperechen. Um jeden Zellkern häuft sich ein Ballen dichteren Protoplasma’s, dessen Peripherie die Beschaffenheit einer Hautschicht besitzt, und der so eine Primordialzelle darstellt.“ (Lehre v. d. Pfl.-Z. S. 116.) Diese ältere Auffassung Hofmeister’s halte ich nun gegenüber derjenigen Strasburger’s entschieden für die richtigere. Sie stimmt ganz zu dem, was ich bei der Kernneu- bildung im thierischen und zwar im lebendigen Protoplasma zum Theil unter meinen Augen geschehen sah.
Hieran ist noch eine andere Bemerkung anzuknüpfen. Stras- burger kommt zu dem Schlusse, dass Zelle und Kern gleichzeitig entstehen. Das würde nun jetzt so umzudeuten sein, dass der Kern vom ersten Anfange an einen Nucleolus zeigt. Allein auch das könnte ich nicht für erwiesen betrachten, am Wenigsten als allge- meines Gesetz gelten lassen. Nach meinen Erfahrungen auf zoolo- gischem Gebiete sind eben neugebildete Kerne anfangs immer enu- cleolär, d. h. sie zeigen kein Kernkörperchen, und dieses bildet sich erst nachträglich in ihnen. Dass aber das Nämliche auch bei Pflan- zen wieder zu finden sein dürfte, dafür bietet die oben eitirte Beob-
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achtung Hofmeisters einen Anhalt. Es wird die Annahme erlaubt sein, dass diejenigen Bilder, welche Strasburger als die frühesten gefunden und in seinen Figuren 5 und 6 der Tafel V dargestellt hat, nicht wirklich den jüngsten Zuständen, wenigstens im lebendigen Zustande des Objects entsprechen, sei es, dass er das jüngste Sta- dium überhaupt nicht getroffen hat, oder dass der von ihm ange- wandte Alkohol diejenigen Niederschläge oder Verdichtungen künst- lich beschleunigt hat, welche im lebendigen Zustande langsamer .zur Herstellung eines Nucleolus und einer Kernmembran führen. Danach aber würde sich die wirkliche Entwickelung des Endo- sperm-Gewebes von Phaseolus folgendermassen gestalten: In dem schaumigen Protoplasma der Mutterzelle entstehen an zerstreuten Punkten durch freie Neubildung Zellkerne. Diese haben anfangs das Ansehen einfacher Vacuolen. Nach Kurzem aber concentrirt sich in ihrem Mittelpunkte ein Nucleolus, während zugleich die Grenzschicht des Protoplasma zu einer Kernmembran sich verdichtet, Die jetzt bläschenförmigen Kerne wachsen dann allmählich zu sehr bedeutender Grösse heran, auf Kosten des umgebenden Protoplasma, welches so als eine immer weniger voluminöse und wegen überwie- gender Abgabe von Flüssigkeit an die Kerne als eine mehr und mehr verdichtete Zwischensubstanz der Kerne erscheint. Wegen letzteren Umstandes erfahren die kugligen Bläschen an denjenigen Punkten, wo sie einander am nächsten kommen, einen grösseren Widerstand und wachsen deshalb von einem gewissen Zeitpunkte an nicht mehr gleichmässig nach allen Seiten, sondern stärker in die massigeren Partieen der Grundsubstanz hinein, d. h. sie werden mehr polyedrisch mit äbgerundeten Kanten und Ecken. Hierdurch wird die protoplasmatische Grundsubstanz auf plattenförmige, winklig an einander stossende Reste redueirt (Strasb. Fig. 16). In der Mittel- ebene jeder solchen Platte wird eine Celluloseschicht ausgeschieden. Indem diese Cellulose-Wände natürlich winklig an einander stossen, formiren sie ein vollendetes Zellgewebe, grenzen um jeden der colos- salen Kerne einen schmalen Protoplasma-Mantel als Zellenleib ab und individualisiren so den lebendigen Inhalt einer jeden der Kam- mern zu einem Elementarorganismus. Diese Zellen haben zwar eine jede im Innern eine grosse Höhle, aber letztere ist nicht eine Zell- höhle, sondern die Kern-Höhle. Wenn eine Zellhöhle sich später bilden sollte, so kann sie nur dadurch entstehen, dass der Kern, sei es durch zurückbleibendes Wachsthum relativ oder vielleicht auch absolut wieder kleiner wird, während das ihn umgebende Protoplasma von verschmelzenden Vacuolen durchbrochen wird. Einen solchen
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Zustand stellt die Figur 17 dar. Indessen sind das wohl durch Theilung aus denen der Fig. 16 entstandene Tochterzellen; denn sie erscheinen bei derselben Vergrösserung viel kleiner. Jedenfalls ist ihr Bau so sehr von jenen verschieden, dass sie nicht unmittelbar, sondern nur durch eine Reihe von Zwischenstufen aus ihnen abge- leitet werden können.
Wenn ich aber in Voranstehendem Strasburger eine Verwech- selung von Nucleolis mit Zellkernen zugemuthet habe, so will ich doch nicht verfehlen hinzuzufügen, dass ganz ähnliche Schwankungen des Urtheils in entsprechenden Fällen öfters, sowohl auf phyto- wie auf zoologischem Gebiete vorkommen. Dass die Klärung über diese Dinge eben noch nicht vollendet ist, mag noch aus dem folgenden Beispiele hervorgehen.
Vor mehr als zwanzig Jahren hatte ich in einer Untersuchung über Amoeben ') nachgewiesen, dass in vielen Species dieser Protisten jedes Individuum einen Kern besitzt, welcher einem voll entwickelten Zellkerne gänzlich ähnlich und homolog ist. Ich hatte dabei beson- ders darauf aufmerksam gemacht, dass der kuglige, dnnkle, solide, oder höchstens mit einer oder ein Paar inneren Vacuolen ausge- stattete Körper, welcher bei der Aufindung der Kerne zuerst in die Augen fällt, nicht der Kern selbst ist, sondern der Nucleolus, dass dieser letztere immer in einem Bläschen mit übrigens hellem Inhalte, dem wirklichen Kerne, eingeschlossen ist, und dass je nach der rela- tiven Grösse des Nueleolus der lichte Zwischenraum zwischen diesem und der Bläschenwandung schmal oder auch sehr breit erscheinen kann. Es war mir gelungen, diese bläschenförmigen Kerne mit ihrem Nucleolus in vielen Fällen aufs Klarste zur’ Anschauung zu bringen, ja sogar in einzelnen Fällen sie durch Austreiben aus dem Amoebenkörper zu isoliren und in abgestorbenen Exemplaren sie auf natürlichem Wege isolirt zu finden, so dass die vollstän- dige Gleichheit mit vollentwickelten Zellkernen in meinen Präpa- raten und Abbildungen klar zu Tage lag. Seitdem ist nun, gegen- über einzelnen sehr heftigen Anfechtungen jener Identifieirung ?) im Allgemeinen zwar angenommen, dass die eigentlichen Amoe- ben einen Kern besitzen, welcher einem Zellkern homolog ist; indessen ist doch die besondere Charakterisirung und Unterschei- dung, welche ich eben erwähnt habe, kaum beachtet und noch weniger ausdrücklich anerkannt worden. Noch in jüngster Zeit glaubte ein in Rhizopoden-Studien besonders erfahrener Forscher,
1) A uerbach: Ueber d. Einzelligkeitd. Amoeben. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. vll. 2) z. B. seitens Clapar&edeund Lachmann. Et. s. les Infusoires. S. 429.
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F. E. Schulze'), bei einer Untersuchung über eine neue Amoeben- Gattung, Mastigamoeba aspera, in Angelegenheit des Kerns sich die Frage vorlegen zu müssen, ob der dunkle, in einem helleren Hof- raume gelegene protoplasmatische Innenkörper als Kern oder als Nucleolus zu betrachten sei. Er neigt allerdings zu letzterer Ansicht und bezeichnet in nächst verwandten Gattungen denselben 'Körper immer ohne Weiteres als Nucleolus, das Gesammtgebilde aber mit Einschluss des hellen Hofes als Kern. So wird in dieser Angelegen- heit diejenige Ansicht, welche ich schon vor langer Zeit klar bewie- sen zu haben meinte, wenn auch nach einigem Zögern, allmählich mehr und mehr anerkannt, und auch in anderen Fällen wird sich die richtige Unterscheidung zwischen Nucleolus und Kern noch durchzuarbeiten haben. Uebrigens habe ich die Freude, in den erwähnten Beobachtungen Schulze’s noch für einen anderen Theil meiner von Strasburger angegriffenen Ansichten Bestätigung anzu- treffen. In diesen sehr niedrig stehenden Amoeben -Gattungen sind nämlich nach Schulze’s Darstellung die hellen Kernräume nicht von besonderen Membranen eingefasst, stellen also, wenigstens zeit- weise, nur vacuolenähnliche Räume im Protoplasma dar, eine Unter- stützung für meine bezüglichen Annahmen, wie ich sie nicht besser wünschen kann. —
Indem ich nun zu der zweiten hier in Frage kommenden Untersuchung übergehe, nämlich derjenigen über die erste Zell- bildung im befruchteten Ei von Ephedra altissima, so muss ich gestehen, dass ich mich dieser gegenüber nicht ganz so im Klaren befinde, wie bei der erst besprochenen. Die von Strasbur- ger hier gelieferten Bilder bieten zwar, namentlich in den mitt- leren Stadien, sehr viel Aehnlichkeit mit denjenigen von Phaseolus, so dass man vielleicht mit Recht geneigt sein kann, sie ganz eben so zu beurtheilen, wie dort, nur mit dem Unterschiede, dass bei Ephedra nieht das ganze Mutter-Plasma in der Bildung der jungen Zellen morphologisch aufgehen, sondern zum Theil als eine Inter- cellularsubstanz zurückbleiben würde, welche erst nachträglich all- mählich schwinden müsste. Dennoch wage ich es nicht, auf diesen Fall ohne Weiteres dieselbe Deutung anzuwenden, die ich für den vorigen vertheidigte. Erstens nämlich sind die über Ephedra vor- liegenden Abbildungen nicht ganz so klar wie diejenigen über Phaseolus, ein Umstand, der vermuthlich nur durch eine etwas ver- schiedenartige Einwirkung des Alkohols auf die beiderlei Objeete
1) Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI., S. 583 (1375).
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bedingt ist. Zweitens aber bietet das Verhalten in den späteren Stadien, wie es im Texte geschildert wird, eine Schwierigkeit. Danach nämlich bildet sich unmittelbar an der Grenze der noch kugligen und noch weit von einander abstehenden Blasen je eine Cellulosehaut. Wenn nun diese Bläschen Kerne sein sollten, so wäre die Hilfsannahme nöthig, dass trotz des anderen Anscheines dennoch eine, wenn auch sehr schmale Protoplasma-Schicht zwischen der Cellulosehaut und der Oberfläche des Kernraumes eingeschlossen wird, welche nachträglich durch Stoffaufnahme von aussen in die Dieke wächst, eine Annahme, welche mir um so mehr zulässig erscheint, als nach meiner Ansicht die Kernmembran selbst überall nur eine mehr oder weniger differenzirte und nach aussen hin zuweilen gar nicht scharf abgeschiedene Grenz- schicht des Protoplasma ist. Indessen mag das dahingestellt bleiben, und will ich mich für eine Weile in so weit der Auffassung Stras- burgers anschliessen, dass ich dasjenige, was er an diesen Objecten für Zellen und was er für die Kerne dieser Zellen hält, eben so ansehe. Auch dann aber kann ich seine Schlussfolgerung in Betreff des Processes der Kernbildung nicht anerkennen, sondern muss aus seinen Figuren eine andere Vorstellung ableiten. Er hält die in seiner Fig. 7 hervortretenden dunklen runden Flecke für die Anlagen der Kerne, welche nachträglich sich aushöhlen. Allein wenn ich mir diese Fig. 7 genau ansehe, so finde ich, dass in jeder dieser dunkeln Kugeln im Centrum schon ein sehr kleines Bläschen steckt, welches sogar von einem besonderen Grenz-Schatten eingefasst ist, und wenn ich dann die Fig. 3 betrachte und nachsehe, was in dieser letzteren von dem Autor als Kern bezeichnet wird, so zeigt sich, dass dieser Kern nicht dem dunklen Fleck der Fig. 7 sondern dem kleinen centralen Bläschen in diesem Fleck entspricht, dass auch in Fig. 8 der bläschenförmige Kern von einem breiten schattigen Hofe umgeben ist, dass also in der Zwischenzeit nichts geschehen ist, als ein ziemlich gleichmässiges Wachsthum aller Bestandtheile der fraglichen Gebilde. Strasburger hat allerdings für die dunklen Höfe um die Kerne seiner Fig. 8 eine andere Erklärung in Bereitschaft. Er sagt: „Inzwischen ist die helle Zone um die Kernanlage immer mehr gewachsen, und es lässt sich meist in derselben eine Sonderung verfolgen, so zwar, dass diese Zone um die Kernanlage dichter, in gewisser Entfernung weniger dicht wird.“ Das erscheint mir als eine willkürliche und unnöthige Hilfshypothese. Da die Entwickelung nicht direct und continuirlich verfolgt werden konnte, sondern nur getrennte Stadien in Alkohol-Präparaten unter- sucht wurden, so sind wir auf eine unbefangene und möglichst
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einfache Vergleichung seiner Präparate angewiesen. Eine solehe nun lässt das Bild der Figur 8 als eine einfache Wachsthumsvergrösse- rung derjenigen Verhältnisse erscheinen, welche schon in Fig. 7 enthalten sind. Danach aber sind die Kerne des frühen Stadiums der Fig. 7 schon Hohlgebilde, und was die Hauptsache ist, die dunklen Kugeln, welche Strasburger für die Anlage der Kerne hält, werden bei der Bildung der Kerne nicht aufgebraucht, sie stellen vielmehr den protoplasmatischen Mutter- boden dar, in dessen Innerem ein kleiner Kern von vorn herein als ein Hohlgebilde differenzirt wird; und es ist kein Grund vorhanden, zu vermuthen, dass dies in anderer Weise geschehe, als in solchen günstigeren Fällen, wo der Process direct zu beobachten ist. Es würde also, falls die eben entwickelte Auffassung der Sache ange- messen wäre, Strasburger bei Ephedra in entgegengesetzter Richtung von der wahren Deutung abgewichen sein, als bei Pha- seolus. Während er bei letzterem partem pro toto, nämlich den Nucleolus für den Kern und den Kern für eine Zelle nahm, würde er bei Ephedra als Kern angesehen haben, was mehr als dieser ist, nämlich einen Protoplasmabezirk mit einem in dessen Innerem ent- stehenden Kerne,
Ich muss indessen nochmals betonen, dass ich auf die zuletzt dargelegte Deutung für diesen speciellen Fall nicht in positivem Sinne Werth lege. Ich habe sie hauptsächlich vorgebracht, um damit im Allgemeinen auf einen Fehler hinzuweisen, welcher bei solchen Untersuchungen leicht begangen werden kann. Ein sich neubildender Kern differenzirt sich ja immer aus dem Protoplasma. Zuweilen nun ist die Stelle seiner Entstehung durch nichts von dem übrigen Protoplasma der Zelle zu unterscheiden. Wenn aber der grössere Theil des Zellplasma entweder sehr schaumig oder sehr körnig, oder durch innere Structuren für spezielle Zwecke differenzirt ist, so kommt es vor, dass an der Stelle, wo der Kern entstehen soll, vor- her eine entweder verdichtete oder vergleichsweise homogene Quan- tität Protoplasma’s angesammelt ist, welche sich von der Umgebung auffällig abhebt, und dasselbe ist der Fall, wenn der Kernneubildung unmittelbar eine Karyolyse vorangegangen ist. In solchen Fällen kann dieses besonders hervortretende Protoplasma, welches gleich- sam die Matrix für den zu bildenden Kern ist, sehr leicht für diesen selbst genommen werden. Das ist in der That hüben wie drüben mehrfach geschehen, und ich werde denselben Kampf, wie hier, auch auf zoologischem Gebiete noch weiter auszufechten haben.
Jedenfalls dürften die obigen Erörterungen gezeigt haben, dass Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band Il. Heft I, 7
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die Pfeiler, auf welche Strasburger seine Ansicht von der Nen- bildung der Zellkerne gestützt hat, nicht so fest gefügt sind, wie er wohl glaubte, indem er im Schlussworte seiner Schrift sagte: „Gegen die Behauptung Auerbachs, dass die Zellkerne Tropfen seien, wendet sich unsere ganze Erfahrung,“ und in diesem Gefühle der Sicherheit annehmen zu dürfen glaubte, ich hätte „in den Kernen sich bildende Vacuolen jedenfalls für die Kerne selbst gehalten.“ Seine Erfahrungen lassen eben andere Auffassungen zu, welche ich hier der Prüfung der Botaniker vorzulegen mir erlaubt habe.
Wenn sich übrigens an die eben erwähnten Sätze noch eine andere Kritik meiner Ansicht anschliesst, mit den Worten: „Wir haben die Gestalt der Kerne als den Ausdruck in ihrem Innern wirkender Kräfte kennen gelernt. Sind doch die Zellkerne nicht einmal stets kugelrund, vielmehr zeigen sie oft andere Gestalten, die dann meist in Beziehung zu der Gestalt ihrer Zelle stehen. Auf Öberflächenspannung also kann ihre Form nicht beruhen, sonst müssten sie ja immer kugelrund sein,“ so wird dagegen wohl die Bemerkung genügen, dass auch in jedem Flüssigkeitstropfen innere Kräfte wirken, nämlich seine innere Cohäsion, dass gleichwohl jeder Tropfen unter der Einwirkung äusserer Kräfte, wie der Schwere oder des ungleichen Widerstandes umgebender Körper, in mannig- facher Weise von der Kugelgestalt abweichen kann, und dass aus dem letzteren Grunde in der That die Vacuolen im Protoplasma sehr häufig nicht kugelförmig, sondern auch abgeplattet, eiförmig, spindel- förmig oder selbst etwas polyedrisch gestaltet erscheinen.
Strasburger hat indessen für seine und gegen meine Ansichten noch andere Gründe, ‘welche er an der eben erwähnten Stelle in die Worte zusammenfasst: „Auch könnten die Structurverhältnisse und die complieirten Vorgänge, die wir an den in Theilung begritte- nen Kernen beobachtet, unmöglich in einer Flüssigkeit auftreten.“ Hiermit sind diejenigen auch von Tschistiakoff und Bütschli beobachteten Erscheinungen gemeint, auf welche ich Eingangs dieser Blätter hindeutete. Dass nun diese Erscheinungen in einer Flüssigkeit auftreten könnten, muss ich selbst für unwahrscheinlich halten. Indessen wird es sich andererseits noch fragen, ob denn das Object, an dem sie vorkommen, auch wirklich einfach der Zell- kern ist. Die Antwort auf diese Frage fällt in den zweiten Theil meiner Entgegnungen und wird in dem Folgenden enthalten sein.
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Ich muss nämlich jetzt zu den Erscheinungen bei der Zelltheilung übergehen. f
Bei jeder Zelltheilung verdoppelt sich bekanntlich auch der Zell- kern, und es frägt sich, auf welche Weise dies geschieht. In dieser Beziehung habe ich im zweiten Theil meiner Org. Studien zunächst eine besondere Art der Kernvermehrung beschrieben, welche meiner Auffassung nach im Wesentlichen auf denselben Vorgang hinausläuft, den zuerst, und zwar vor langer Zeit, Reichert in einer Beobach- tung über Eifurchung angenommen hatte, ohne damit Anklang zu finden, und welchen dann Hofmeister für pflanzliche Zellen begrün- dete, nämlich auf eine Auflösung des alten Kerns und Neu- bildung junger Kerne, ein Process, welcher indessen nach meinen Ermittelungen unter sehr eigenthümlichen, sowohl an sich merkwür- digen, wie auch meines Erachtens über die Hauptfragen einige Aufschlüsse liefernden Erscheinungen verläuft. Wegen des Genaueren muss ich auf meine genannte Schrift!) und demnächst zu publiei- rende weitere Mittheilungen verweisen. Hier seien nur in Kürze folgende Hauptpunkte meiner Ergebnisse hervorgehoben, welche in Folgendem bestehen. Bei Beginn des Processes geht zunächst die Kernmembran, wenn eine solche überhaupt vorhan- den war, durch Erweichung und Rückbildung in gewöhn- liches Protoplasma verloren, und zugleich lösen sich im Innern die Nucleoli auf, so dass dann der Kern nur dureh eine mit einem hellen Safte erfüllte Höhle des Proto- plasma dargestellt ist. Durch Contraetionen des letz- teren wird die Höhle spindelförmig. An den Spitzen dieser Spindel beginnt dann der Kernsaft in die Umge- bung zu diffundiren und zwar in der Art, dass er in schmalen, divergirenden Bahnen intermoleculär in das Protoplasma eindringt, alle Körnchen des letzteren auf seinen Bahnen verdrängend, welche hierdurch als helle Strahlen hervorleuchten und übrigens an ihrer Basis zu einem rundlichen hellen Felde verschmelzen. In der Mittelgegend des Kerns geschieht die Vermischung des Kernsafts mit dem Zellplasma vorzugsweise in der Art, dass das letztere von allen Seiten unter Aufsaugung des Kernsafts, gleichsam quellend, in die Kernhöhle eindringt, bis diese ganz davon erfüllt, und damit der letzte Rest des Kerns verschwunden ist. Indem dieser
!) Organol. Studien, 2tes Heft. yr
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Mitteltheil mit den beiden vorher erwähnten Sonnen in Zusammenhang steht, bilden diese Theile zusammen eine helle, homogene, hantelförmige, anihren Köpfenmit Strahlen besetzte Figur, deren Mittelstiel anfangs spin- delförmig ist, später unter fortschreitender Streckung eylindrisch wird, die von mir wegen der Art ihrer Ent- stehung sogenannte karyolytische Figur. Bald nach ihrer Herstellung beginnt die Zelltheilung durch eine vom Rande der Zelle her senkrecht auf den Stiel der Figur vordringende Einschnürung des Protoplasma. Während diesaber geschieht, entstehen durch Neubildungdie bei- den jungen Kerne undzwarso, dass anzwei, nach meinen Erfahrungen immer im Stielder Figur nahe dem Centrum der Zelle gelegenen Punkten, je eine mit Kernsaft sich füllende Vaeuole im hellen Protoplasma auftaucht. Diese rückt dann, lavinenartig wachsend, in das Centrum der Tochterzelle vor, verharrt in dieser Form oft lange, bekommt aber, in nicht ganz niedrig stehenden Organis- men, nachträglich durch inneren Niederschlag einen oder einige Nuceleoli, eventuell auch nachträglich durch Verdiehtung einer Grenzschicht des Protoplasma eine eigene Wandung, und damit ist der Zellkern in optima forma hergestellt. Wegen der in dieser Reihe von Vorgängen auf einander folgenden Kernauflösung und Kernneubildung habe ich diese Art der Kernvermehrung die palingenetische genannt. Diesen Ergebnissen gegenüber sagt nun Strasburger auf S. 181 seiner Schrift: „Etwas der palingenetischen Kernvermehrung Aehn- liches haben wir im Pflanzenreiche nicht aufzuweisen.“ Ich muss nun bekennen, dass es mir schwer verständlich ist, wie der Ver- fasser gegen den Schluss seines Werkes einen solchen Ausspruch thun konnte, da derselbe, auch abgesehen von meinen Ergebnissen an thierischen Eiern, nicht blos den Erfahrungen von Hofmeister und Sachs an Pflanzen, sondern sogar den eigenen Beobachtungen Strasburger’s, die im speciellen Theile derselben Schrift niedergelegt sind, offenbar widerspricht. So erzählt er selbst auf S. 20 von dem befruchteten Ei von Pieea vulg. Folgendes: „Alsbald beginnt aber der Zellkern des Eies zu schwin- „den, wobei seine Masse sich in der Substanz des Eies „vertheilt. Bei schwacher Vergrösserung sieht man ihn dann hin „und wieder als etwas helleren, mehr oder weniger elliptischen Fleck „mit dunkler Umgrenzung, der wohl der Hälfte des ganzen Eies an
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„Grösse gleich kommen kann. Auf Längsschnitten des Ries „habe ich auf solchen Entwickelungszuständen oft die „Zellkerhmasse radial im Ei vertheilt gesehen.“ Stras- burger ist also in diesem Falle zunächst in Betreff der Karyolyse zu ganz derselben Anschauung gelangt, welche in meiner von ihm kritisirten Schrift entwickelt und begründet ist, und wenn man seine zugehörige Fig. 19 der Tafel II. ansieht, so findet man eine Zeich- nung, welche so sehr meiner karyolytischen Figur, wie ich sie an Nematodeneiern und seitdem auch anderweitig beobachtete, entspricht, wie man es bei wesentlicher Identität des Processes nur irgend wünschen und erwarten kann. Wenn man nun den alten Kern hat „schwinden“ und sich weithin „vertheilen“ sehen und dann in einem späteren Stadium zwei oder mehrere neue Kerne findet, so kann man doch kaum annehmen, dass die letzteren durch Theilung des ersteren, im morphologischen Sinne genommen, sondern wohl nur, dass sie durch neue Ansammlungen, d. h. durch Neubildung, entstanden sind, womit schon dem Begriffe der palingenetischen Kernvermehrung ent- sprochen ist. Und wenn man überdies die frappante Aehnlichkeit der karyolytischen Figuren in Betracht zieht, wird man kaum zweifeln können, dass in allen diesen Fällen auch der Neubildungsprocess der jungen Kerne in der gleichen Weise vor sich geht, und zwar so, wie er an günstigen Objeeten direet @n continuo zu verfolgen ist. Im Grunde genommen ergiebt sich übrigens das Nämliche auch aus allen anderen Beobachtungen Strasburger’s über Zelltheilung, wenn man sie unbefangen prüft und sich namentlich nicht durch die ganz unmotivirte Deutung des bewussten spindelförmigen, längsge- streiften Wesens als Zellkern irre führen lässt, einer Erscheinung, auf welche ich bald zurückkomme. Wenn ich z. B. seine Spirogyra betreffenden Figuren 1—5 der Taf. III. betrachte, so entnehme ich daraus, dass das Zellprotoplasma, längs der Suspensionsfäden hin- gleitend, sich in grösserer Menge um den Kern angehäuft und dass in diesem Protoplasma der Kern sich aufgelöst hat. Und wenn ich dann weiter erfahre, dass nach einer tonnen- oder spindelförmigen Umgestaltung dieser Masse, an den Polen derselben zwei neue Kerne auftreten, während der Mitteltheil gar nicht zur Kernbildung ver- braucht wird, so schliesse ich daraus, dass die beiden jungen Kerne sich aus jener gemischten Masse differenzirt, d. h. neu gebildet haben. Was hat es nun aber mit jenem, anfangs spindelförmigen, dann tonnen- und weiterhin walzen- oder bandförmigen, immer aber fein meridional- oder längsgestreiften und mit dichteren, allmählich sich verschiebenden Querzonen versehenen Wesen auf sich, welches
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Tschistiakoff, Bütschli, Strasburger und neuestens auch O0. Hertwig') und Mayzel”) beschrieben haben?
Hier muss ich nun vor Allem auf Grund meiner Studien über diese Sache hervorheben, dass in den bezüglichen Darstellungen zweierlei mit einander verschmolzen erscheint, was auseinander gehalten werden sollte. Ein Theil der beschriebenen meridionalen Linien nämlich, besonders der an thierischen Eiern zu beobachtenden, bezieht sich nur auf Reihen dunkler, dem Zellprotoplasma einge- betteter Körnchen, welche an der Oberfläche der Spindel liegen und dem Bereiche der strahligen Ausbreitung der karyolytischen Figur angehören. In manchen Eiern nämlich, z. B. auch denen von Phal- lusia, verlaufen die innersten, d. h. der Achse der Figur nächsten Strahlen in nach innen concaven Bogenlinien, welche von einem Pole der Figur bis zum andern reichen, und die in den Zwischen- räumen dieser Strahlen reihenförmig dicht bei einander gelagerten Dotterkügelchen können bei schwächerer Vergrösserung oder nach Anwendung zusammenziehender Reagentien wohl auch als continuir- liche meridionale Linien erscheinen.
Allein nach Abzug dieses in einzelnen Fällen zu berücksichti- genden Verhaltens bleibt immer noch in der Hauptsache ein die centrale Tiefe des Objects einnehmender, sehr beachtenswerther Complex von Erscheinungen übrig, welcher in den Darstellungen der oben genannten Autoren entsprechend geschildert ist. Von der Rich- tigkeit dieser Befunde habe ich mich in den letzten Monaten selbst überzeugt, und zwar zuerst an pflanzlichen Präparaten, welche mir Herr Prof. Strasburger theils persönlich demonstrirte, theils zur Untersuchung übersandte, womit er mich sehr zu Danke verpflichtet hat. Denn die Sache ist in der That sehr merkwürdig und für unseren Einblick in die inneren Vorgänge des Zellenlebens gewiss von Belang. So gewiss aber diese Erscheinungen thatsächlich und wichtig sind, so kann ich ihnen doch nicht dieselbe Bedeutung zuschreiben, wie die genannten Forscher. Mir erscheinen sie in einem anderen Lichte und zwar nicht im Widerspruch mit meinen bisherigen Anschauungen. In dieser Beziehung sei es mir gestattet, meine Ansichten hier für diesmal in derselben allgemeinen Form und mit ungefähr denselben Worten auszusprechen, mit welchen ich sie jüngst einem anderen Leserkreise in einer vorläufigen Mit- theilung darlegte ?):
'!) Zur Kenntniss ete. Morphol. Jahrbuch, Bd. I. 1875. 2) Centralbl. f. d. medie. W. 1575. No. 50. 3) Centralbl. f. d. medie. W. 1576. No. 1.
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„Ich glaube nämlich eine Lösung der Widersprüche in solchem Sinne gefunden zu haben, dass die neuerlich entdeckten Erscheinun- gen den von mir angenommenen Process der Karyolyse nicht um- stossen, sondern vielmehr einen vollständigeren, an einem Punkte tiefer vordringenden Einblick in diesen Process vermitteln. Hier kann ich freilich meine Ansicht von der Sache nur in Kürze bezeich- nen und begründen, nämlich folgendermassen:
I. Der bewusste längsstreifige Körper ist nicht der Kern, sondern der Mitteltheil der von mir so genannten karyolytischen Figur, also ein Product der Vermischung dereigentlichenKernsubstanzmitdemumgebendenProto- plasma. Die Gründe für diese Annahme liegen in folgenden Umständen.
1) Besagter Körper hat meistens ein grösseres, zuweilen viel grösseres Volumen als der ursprüngliche Kern. Dies geht schon aus der Betrachtung der Abbildungen Bütschli’s, Strasburger’s und Hertwig’shervor, während Mayzel ausdrücklich die vergleichs- weise sehr bedeutende Grösse dieser von ihm als Kerne bezeichneten Gebilde hervorhebt. Auch Tschistiakoff schreibt seinem Pronucleus häufig eine beträchtliche Grösse zu und erwähnt für einzelne Fälle, derselbe verbreitere sich bis beinahe zur Peripherie der Zelle.
2) Dieses Gebilde hat nach übereinstimmenden Angaben nicht eine scharfe, sondern eine sehr verschwommene Begrenzung, was begreiflicher Weise nach meiner Ansicht sehr erklärlich ist.
3) Erst mit oder nach anscheinendem Verschwinden des alten Kerns ist der längsstreifige Körper aufzufinden. Auch dann aber ist er im natürlichen und lebendigen Zustande durchaus nicht von dem umge- benden Protoplasma zu unterscheiden und überhaupt unsichtbar, oder er erscheint höchstens als ein unbestimmt begrenzter, etwas hellerer Fleck. Es bedarf einer Behandlung mit Chemicalien, um eine Differen- zirung im Innern seiner Substanz deutlich zu machen und damit diese centrale Region der Zelle aus der homogenen Umgebung hervorzuheben. Die jetzt kenntlich werdende Structurerscheinung ist aber der optische Ausdruck von gesetzmässigen Formverhältnissen, unter welchen die Vermischung und später wieder die Sonderung der beiderlei Sub- stanzen vor sich geht, von Ungleichmässigkeiten der Vertheilung derselben, wie sie im Anfange und gegen das Ende des Processes natürlicher Weise vorhanden sein müssen, vielleicht aber auch in einem mittleren Zeitraume in gewissem Grade sich erhalten '), und zeigt
1) Dieselbe Deutung ist auch anwendbar auf die Tinetions-Bilder, welche Flemming von Eiern während der Furchung gewonnen hat. Vgl, seine
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andererseits diejenigen Moleceularverschiebungen an, welche mit der fortschreitenden Längsstreekung des Ganzen zusammenhängen. Im Be- sondern bildet sich gegen das Ende des Processes in der Aequatorial- ebene durch Auspressen des Kernsafts in der Richtung nach den beiden Polen hin eine diehtere Querschicht; diese bleibt bestehen und verhindert als Scheidewand das Zusammenfliessen der beiden jungen Kerne, welche nach meinen, von Hertwig bestätigten Beobachtungen in diesem Mittelstiel der Figur, ziemlich nahe bei einander auftauchen, und enthält zugleich in sich die Trennungsebene der Tochterzellen.
4) Dass der streifige Körper nicht ausschliesslich, ja nicht einmal vorzugsweise aus Kernsubstanzen besteht, zeigt sich auch dadurch, dass seine Hauptmasse gar nicht in die Bildung der jungen Kerne eingeht. Damit komme ich auf den zweiten Hauptpunkt.
II. Die jungen Kerne entstehen nicht durch Theilung eines Mutterkerns. Die Beobachtung lehrt nämlich, dass die Substanz des streifigen Wesens nicht in der Bildung der Jungen Kerne aufgeht, dass vielmehr letztere nur an den Polen jenes Gebildes als zwei relativ kleine, kuglige, im natürlichen Zustande helle und homogene Körper sich differenziren, zuweilen deutlich aus kleineren Tröpfehen zusammenfliessend, also als Ansammlungen einer vorher vertheilt gewesenen Substanz sich kundge- bend. Der grössere Rest des bewussten Gebildes aber geht nicht in die neuen Kerne, sondern als ‚Constituens des protoplasmatischen Zellenleibes in diesen über und kommt zum Theil sogar an die Peri- pherie der Tochterzellen zu liegen, wo er bei Pflanzen die Cellulose- membran ausscheiden hilft. Wäre also auch der streifige Körper wirk- lich der Mutterkern, so wäre meines Erachtens dennoch keine Kern- theilung im morphologischen Sinne anzunehmen. Ausserdem aber sind diese Verhältnisse wohl geeignet, meine schon aus den anderen, oben betonten Punkten gezogene Schlussfolge noch mehr zu bekräftigen, dass der streifige Körper ein aus den Kernsubstanzen und dem von den Seiten her in sie eingedrungenen Zell-Protoplasma combinirtes Gebilde ist, also ein integrirender Bestandtheil, und zwar bei manchen Zellen, wie es scheint, der massigste Theil der karyolytischen Figur.
Gewiss werden zur völligen und sicheren Aufklärung dieser wich- tigen Vorgänge noch viele mühsame Untersuchungen nöthig sein. Bei diesen Bemühungen dürften aber die hier vorgebrachten Bemer- kungen Berücksichtigung verdienen. Sie sollen darauf aufmerksam
„Studien in der Entw.-Gesch. der Najaden.“ Stzber. der Wiener Akad. d. W. Bd. LXXI], Taf. Ill. Fig. 2. (1875.)
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machen, dass die Annahmen einer Karyolyse und einer Neubildung der Jungen Kerne auch jetzt noch ihre Berechtigung haben und sogar iu den neuerlich ermittelten Thatsachen neue Stützen finden können.“
Für die meisten der in dieser kurzen Aussprache berührten Punkte finden sich auch in Strasburger’s Schrift reichlich Belege, die in meinem Sinne sprechen, und brauche ich nur im Allgemeinen darauf zu verweisen. Die sub I. 3 vorgebrachten Bemerkungen dürften Denjenigen, welche sich mit dem Studium dieser Dinge beschäftigt haben, wohl verständlich sein. Ausführlichere Erläuterungen und Begründungen muss ich mir für einen anderen Ort vorbehalten.
Noch sei aber Folgendes hinzugefügt. Die karyolytische Figur oder — wie ich diesen meiner Meinung nach durch Auflösung des Kerns, respective durch reichliche Vermischung mit Kernsaft verän- derten Theil des Zell-Protoplasma künftig der Kürze halber auch nennen werde — das Karyolyma tritt im natürlichen Zustande nur dann deutlich hervor, wenn das übrige Protoplasma zahlreiche dunklere Körnchen enthält, aus welchen sich jenes als ein blasser, homogener Bezirk hervorhebt. Ist das allgemeine Zellprotoplasma hyalin, so kann jenes, wie schon Bütschli bei einer anderen Gelegenheit richtig bemerkt hat, unsichtbar bleiben. Es ist aber in diesem Falle auch möglich, dass wegen anderer Widerstandsverhältnisse die karyo- Iytische Figur eine andere, von der bisher charakteristischen abwei- chende Form annimmt. Die Gestalt könnte sehr wohl, wie bei allen organischen Bildungen, abgestuften Variationen unterworfen, z. B. die Köpfe und Strahlen der Figur sehr klein oder auf Null redueirt sein. Im letzteren Falle würde sich nur ihr Mitteltheil ausbilden und dieser unter dem Einfluss gewisser Reagentien als streifiges Gebilde erscheinende Bezirk das ganze Karyolyma repräsentiren. Es sind das Eventualitäten, welche als positive Vorkommnisse nur aus weiteren Untersuchungen hervorgehen könnten, auf welche indessen vorn herein aufmerksam zu machen, wohl nicht überflüssig ist.
Ein Paar besondere Worte verdienen übrigens die Angaben Tschistiakoff’s, welcher von meiner Auffassung wenigstens inso- fern weniger entfernt war, als er den gestreiften Körper nicht einfach mit dem Kerne identifieirte. Wenn er aber angiebt, öfters gesehen zu haben, dass dieses Gebilde sich nachträglich in einen echten „morphologischen“ Nucleus umwandele und ihm deshalb den Namen Pronucleus giebt, so steht dies nicht im Einklange mit allen anderweitigen Beobachtungen. Diese ergeben übereinstimmend wenig- stens so viel, dass der streifige Körper, welcher wegen seiner Ent- stehung auch ein postnueleäres Gebilde ist, gewöhnlich die Bestim-
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mung hat, sich innerlich in zwei junge Kerne an seinen Polen und in einen mittleren Theil, welcher zur Bildung des Zellenleibes und der Membran der Tochterzellen mit verwandt wird, zu differenziren. Wenn es daher für diesen mittleren, unter Umständen gestreift erscheinenden Theil des Karyolyma eines besonderen Namens bedürfen sollte, so könnte derselbe, sowohl im zeitlichen wie im räumlichen Sinne, passender als Internucleus bezeichnet werden.
Schliesslich spreche ich noch den Wunsch aus, dass die obigen Erörterungen allseitig so gänzlich als sachliche, nur zur Förderung der Forschung beigebrachte aufgenommen werden mögen, wie sie meinerseits sine ira, wenn auch cum studio, geschrieben worden sind.
Breslau, im December 1875.
Anatomie
der
vegetativen Organe von Dionaea museipula EN. Von Dr. A. Fraustadt.
Mit Tafel I. bis III.
un
Obwohl der Insectenfang durch die Blätter bei derjenigen Pflanze, deren Anatomie den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bildet, bereits im vorigen Jahrhunderte (1771) durch Johann Ellis bekannt gemacht wurde, so erfuhr doch diese Thatsache bei dem damaligen Stande der Naturwissenschaften nicht die gebührende Würdigung. Man sah in der gemachten Beobachtung nur das Sonderbare und liess es dabei bewenden, ohne aus ihr Folgerungen für die Lebens- weise der Pflanzen zu ziehen. Erst durch Darwin') ist die Wich- tigkeit der Insecten fangenden und verzehrenden Pflanzen für die Pflanzenphysiologie erkannt worden. Jedoch berücksichtigt Darwin die anatomischen Verhältnisse nur in so weit, als sie für seine physiologischen Versuche in Betracht kommen, wie dies im Plane seines Buches liegt. Deshalb unternahm ich es im hiesigen pflanzen- physiologischen Institute auf Veranlassung und unter Leitung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Professor Dr. Ferd. Cohn, die Vege- tationsorgane von Dionaea muscipula Ellis vollständig, soweit dies mir möglich war, anatomisch zu untersuchen und die ganze Anatomie derselben in vorliegender Arbeit zusammenzustellen, um so eine Ergänzung zu den bis jetzt bekannten Untersuchungen über Dionaea zu liefern. Vorher aber habe ich es für zweckmässig erachtet, eine vorläufige Orientirung über den Habitus zunächst der ganzen Pflanze und dann im Besonderen eines einzelnen Dronaeablattes zu geben.
Habitus von Dionaea muscipula Ell. Diese merkwürdige Pflanze besteht in ihren oberirdischen Theilen nur aus einer grösseren oder
!) Charles Darwin. Insectivorous plants. London 1875.
geringeren Anzahl grüner, älterer und jüngerer Laubblätter, welche sämmtlich um einen Mittelpunkt herum im Kreise angeordnet sind (Tafel I. Fig. 1.). Die Blätter von Dronaea zeigen ähnliche Nuta- tionserscheinungen wie die von Drosera rotundifolia L.; die älteren, d. h. fertig ausgebildeten Blätter sind niedergebeugt, manchmal sogar den Boden berührend, jedenfalls aber immer einen sehr spitzen Win- kel mit der Horizontalen bildend, während die jüngeren Blätter um so steiler aufgerichtet sind, in einem je unentwickelteren Zustande sie sich noch befinden, und sehr junge, unausgebildete Blätter sogar senkrecht stehen. Der Unterschied der Blätter in Bezug auf Alter und Dimensionen ist bei einem und demselben Exemplare gewöhnlich sehr bedeutend, da diese Pflanze auch in unseren Gärten und selbst bei weniger guter Pflege eine sehr grosse Zahl von Blättern ent- wickelt, wie das namentlich bei den grössten meiner Exemplare in wahrhaft auffallender Weise sich zeigte. Dies dürfte vielleicht mit dem Umstande in Zusammenhang stehen, dass jedes ausgewachsene Blatt nach den Beobachtungen von Dr. Canby und Mrs. Treat nur eine geringe Anzahl Inseeten (meist 3 bis 4) zu fangen vermag. Ich selbst habe beobachtet, dass die grossen Blätter eines sehr kräf- tigen Exemplares zwei bis drei Mal Stückchen festen Eiweisses in sich aufnahmen, bei weiteren Fütterungsversuchen aber abstarben, ohne das Eiweiss verzehrt zu haben. Jedenfalls also fängt und verzehrt jedes Blatt immer nur wenige Insecten, deren Anzahl sich vermuthlich nach ihrer Grösse, oder, was in vielen Fällen das- selbe ist, nach der Menge der Nährstoffe richtet, welche von dem Blatte wirklich aufgenommen werden, so dass unter Umständen ein einziges, grosses Insect schon genügt oder selbst schon für das Blatt zu viel giebt; die Unfähigkeit eines Blattes, sehr viele Thiere zu fangen und zu verdauen, wird durch das schnelle Wachsthum der jüngeren Blätter ausgeglichen. In ihrem Vaterlande, feuchten Gegenden im östlichen Theile von Nord-Carolina, bei guter Cultur auch in unseren Gewächshäusern, erhebt sich aus der Mitte des Blatt- kreises von Dionaea der etwa 15 bis 20 Centimeter hohe Blüthen- schaft. Derselbe ist von Ellis') beschrieben worden, ich selbst hatte ihn zu untersuchen noch keine Gelegenheit.
1) Joh. Ellis soe. reg. seient, Lond. et Upsal. sod. de Dionaea museipula planta irritabili nuper deteeta ad perill. Car, a Linne Equ. s. r. m. Sueciae archiat. med. et bot. prof. Upsaliensem & c. epistola. — Aus dem Englischen übersetzt und herausgegeben von D. Johann Christian Daniel Schreber.
Erlangen 1771.
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Habitus eines Dionaeablattes. Hier verdient zunächst der Blatt- stiel eine besondere, ausführlichere Betrachtung; denn er übertrifft an Djmenßionen die Blattspreite selbst immer bedeutend; er ist breit geflügelt (Tafel I. Figur 1), d. h. zu beiden Seiten der sehr kräftig entwickelten Mittelrippe in einen dünnen, flachen, grünen Saum erweitert, welcher vom Grunde des Blattstieles an bis zu dessen Spitze allmählich an Breite zunimmt und an der Spitze gerade abgestutzt ist, so dass er die Gestalt eines langen schmalen Keiles besitzt, dessen beide Ecken oben schwach abgerundet sind (Taf. III. Fig. 3). In der Regel ist der Blattstiel ganzrandig, schwach nach abwärts gebogen, auf der Oberseite meist etwas dunkler grün gefärbt, als auf der unteren; sein Querschnitt ist auf der Oberseite fast eben, während auf der unteren Seite die Mittelrippe, welche durch seine ganze Länge hindurch in gleichmässiger Stärke verläuft, halb eylin- derförmig, also im Querschnitte halbkreisförmig vorspringt. Aus der Spitze des Blattstieles austretend, verläuft die Mittelrippe eine kleine Strecke, beim völlig ausgewachsenen Blatte nur etwa einen Milli- meter ungeflügelt und setzt sich sodann in die Lamina fort, an deren Spitze sie als noch kürzere, stumpfe Hervorragung endet. (Tafel I. Fig. 3 bei e.) Auf der Unterseite der Lamina springt sie ebenso stark vor, wie auf derjenigen des Blattstieles, und ist dabei schwach nach abwärts gekrümmt. Die Lamina selbst wird gewöhn- lich schlechthin als rundlich und zweilappig bezeichnet; genauer lässt sie sich immer betrachten als bestehend aus zwei trapezförmi- gen Hälften, die mit ihren kleineren Grundlinien in der Mittelrippe zusammenstossen, während die beiden anderen grösseren Grundlinien durch flache Kreisbogen gebildet sind. Das sind zugleich die beiden einzigen krummen Theile des Randes der Blattspreite, während der- selbe an der Basis und an der Spitze vollkommen geradlinig ist. Die gekrümmten Ränder sind ausserdem in eine Anzahl (15—20) lange, schlanke, spitzige und sehr feste Fortsätze ausgezogen, welche Borsten oder Spitzen (sp«%kes nach Darwin) genannt und von mir in der Folge als Randborsten bezeichnet werden mögen, während der geradlinige obere und untere Rand des Blattes derselben voll- ständig entbehrt. (Taf. I. Fig. 3.) Die Randborsten sind nicht alle von gleicher Grösse, die mittleren auf jeder Seite sind die dieksten und längsten, von da nimmt ihre Grösse nach beiden Seiten hin nahezu gleichmässig ak. Nur der Unterschied in der Länge zwischen den mittleren und den äusseren ist bei ver- schiedenen Blättern verschieden gross und bei älteren grösser, als bei den jüngeren. Die Zwischenräume zwischen den Randborsten
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sind durch stumpfe, am Grunde fast halbkreisförmige Ausschnitte gebildet.
Die beiden Hälften der Lamina rechts und links von der Mittel- rippe liegen, wenn das Blatt geöffnet ist, nicht, wie bei den Blättern so vieler anderer Pflanzen, in einer Ebene, sondern bilden einen spitzen Winkel mit einander, welchen Darwin in einem Falle zu 80°” gemessen hat.
Ungefähr in der Mitte ihrer Oberseite trägt jede Blattspreiten- hälfte ausserdem noch drei den Randborsten äusserlich ähnliche, aber schwächere, kürzere und nicht so starre haarförmige Gebilde, welche wir später als Mittelborsten näher kennen lernen werden. Dieselben sind unter sich von einerlei Stärke und Länge; bei sämmt- lichen von mir zu anatomischen Zwecken untersuchten Blättern dieser Pflanze fand ich sie stets in ein Dreieck gestellt (Taf. I. Fig. 3 bei mb), und zwar so, dass die die Spitze dieses Dreiecks bildende Mittel- borste der Mittellinie des Blattes zugekehrt ist und die Verbindungs- linie der beiden anderen Mittelborsten derselben ungefähr parallel geht. Auch fand ich nie mehr und nie weniger als drei Mittelbor- sten, doch hat Darwin zwei Blätter mit vier und eins mit nur zwei Mittelborsten gesehen, er giebt indessen nicht die Stellung derselben in diesen abnormen Fällen — wie ich sie bezeichnen möchte — an. Wenn sich ein Blatt nach Berührung einer dieser sechs Mittel- borsten schliesst, wobei sich seine beiden Hälften um die Mittel- rippe als Axe gegen einander bewegen und sich zusammenlegen, so greifen die Randborsten dergestalt in einander ein, dass eine jede in den Zwischenraum zweier der anderen Laminahälfte zu liegen kommt.
Die Ober- oder im geschlossenen Zustande die Innenfläche der Lamina ist mit zahlreichen Pünktchen dicht besetzt, welche wir weiter unten als Drüsen kennen lernen werden. (Taf. I. Fig. 3 bei d.) In kräftig vegetirenden Blättern sind dieselben roth; von ihnen abge- sehen ist das ganze übrige Blatt einförmig grün gefärbt, während Ellis, der diese Pflanze zuerst beobachtete und beschrieb, in seiner oben angeführten Schrift den mit Borsten besetzten Rand und die Mittelrippe auf der Unterseite der Lamina gelb gezeichnet hat, was ich niemals beobachtet habe. Bei weniger gut gedeihenden und minder reizbaren Blättern haben die Drüsen keine oder nur schr schwache rothe Färbung; im letzteren Falle ist dann auch die Ober- seite der Lamina einförmig grün.
Um endlich noch der Dimensionen des Blattes mit wenigen Wor- ten zu gedenken, so giebt William Young aus Philadelphia, wie
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Ellis anführt, die Länge der grössten Blätter, die ihm vorgekommen, zu ungefähr drei engl. Zoll (jedenfalls inel. Blattstiel) und ihre Breite zu anderthalb Zoll an. Das grösste. Blatt von fünf Exemplaren, welches ich selbst gemessen habe und welches von einem überaus kräftigen und reizbaren Exemplare stammte, das ich durch die Güte des Herrn Geh. Rath Göppert aus dem hiesigen Königlichen botani- schen Garten der Universität zur Untersuchung erhielt, hatte folgende Dimensionen: Die Länge der Lamina in der Mittelrippe betrug 13 Millimeter, die Länge des die Borsten tragenden Randes (die Sehne des gebogenen Randes gemessen) betrug 20 und die Breite jeder Hälfte der Lamina in der Mitte (die Randborsten abgerechnet) 15 Millimeter. Bei vier anderen kleineren Exemplaren, welche aus Erfurt bezogen wurden, betrugen dieselben Dimensionen durchschnitt- lich etwa 1 Centimeter, und einige Blätter eines anderen Exemplares, deren Entwickelung ich bis zur fertigen Ausbildung verfolgt habe, erreichten ihre definitive Gestalt schon bei folgenden, bescheidenen Dimensionen: Länge der Blattspreite in der Mitte 4 Millimeter, in dem borstentragenden Rande 5 Millimeter, Breite jeder Laminahälfte nur 2 Millimeter. Hierbei will ich bemerken, dass in den aus Erfurt bezogenen Pflanzen fast sämmtliche Blätter je ein Thierchen eingeschlossen und mehr oder minder verdaut hatten; jedoch waren es nicht, wie man nach den gewöhnlichen Angaben über die Nahrung dieser Pflanze vermuthen sollte, geflügelte Inseeten, sondern theils Asseln, theils Myriapoden (Oniscus und Poly- desmus), welche auf dem Boden kriechen und Schlupfwinkel auf- suchen, und es ist zu vermuthen, dass diese Thierchen den auf dem Boden ausgebreiteten Biättern leichter zur Beute werden, als die in der Luft umherfliegenden Insecten.
Oberflächen- Verhältnisse der Lamina. Wir haben oben gese- hen, dass die beiden Hälften der Lamina nicht in einer Ebene liegen, sondern einen spitzen Winkel mit einander bilden. Eben so ist jede Hälfte der Blattspreite für sich betrachtet selbst im geöff- neten Zustande des Blattes keine völlig ebene Fläche, wie man an grossen Blättern schon mit blossem Auge erkennen kann, in jedem Falle aber ein Querschnitt durch die ganze Lamina deutlich zeigt. Jede Blatthälfte ist in ihrem der Mittelrippe anliegenden Theile schwach und unten und aussen eonvex; unter den Borsten des Ran- des dagegen entgegengesetzt gebogen, nämlich nach oben und innen convex (Taf. I. Fig. 2 bei l und v). Beide so gebildete Biegungen laufen fast durch die ganze Länge der Lamina bis an den grad- linigen Rand; die Krümmung nahe der Mittelrippe ist die breitere,
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während die entgegengesetzte Biegung am Rande nur einen langen, schmalen Streifen einnimmt. Die Convexität der Blattfläche nach aussen vergrössert sich nun, wenn das Blatt ein Thier gefangen oder über einer anderen organischen Substanz sich geschlossen hat, so dass man ungefähr die Grösse und die Umrisse der eingeschlos- senen Nahrung von aussen her erkennen kann. Darwin hat sogar die Grösse der Einwärtskrümmung beim geschlossenen Blatte gemes- sen, indem er an verschiedenen Stellen der Blattfläche feine schwarze Punkte verzeichnete, deren Abstand zuerst an dem geöffneten Blatte bestimmte, und dann, wenn das Blatt gereizt worden war und sich geschlossen hatte. Da die Randborsten beim geschlossenen Blatte in einander greifen, so wird ausser der grossen Höhlung, in welcher die Nahrung eingeschlossen gehalten wird (Taf. I. Fig. 2 bei hg), noch eine zweite, eben so lange, jedoch viel schmälere unter der Kreuzungsstelle der Randborsten gebildet. (Taf. I. Fig. 2 bei hk.) Der Verschluss erfolgt an dem gekrümmten, mit Borsten besetzten Saume durch die nach innen convexe Region nahe dem Blattrande, dagegen an den beiden geradlinigen, nicht mit Borsten besetzten Säumen durch den Rand selbst. Schliesslich möchte ich noch hervor- heben, dass dieselben Verhältnisse der Krümmung der Blattfläche und die nämliche Art des Verschlusses schon bei den eben fertig aus- gebildeten Blättern beobachtet werden, ehe dieselben sich geöffnet, mithin noch keine thierische Nahrung zu sich genommen haben. An dieser Stelle will ich auch betonen, was meiner Ansicht nach noch nicht genug hervorgehoben ist, dass sich die Blätter von Dionaea einerseits nach der Berührung einer der Mittelborsten augen- blieklich schliessen, ohne die eben geschilderten Formen der Laminaoberfläche dabei zu verändern, dass andererseits die Blätter durch den chemischen Reiz, welcher von der Absorption organischer Stoffe dureh die Drüsen hervorgerufen wird, sich, jedoch nur sehr langsam und allmählich schliessen, dabei aber ihre Oberfläche in so weit verändern, als sie, der organischen Substanz sich dicht anlegend, nach aussen eine grössere Convexitätannehmen. Dabei machte ich noch die Beobachtung, dass Blätter, welche für den mechanischen Reiz, hervorgerufen durch Berührung einer Mittelborste, ganz un- empfindlich waren und sich selbst nach starker Berührung aller sechs Mittelborsten nach einander nicht schlossen, dennoch auf den chemi- schen Reiz nach längerer oder kürzerer Zeit reagirten, die Drüsen zur Secernirung veranlassten und die Lamina zwar langsam aber vollständig schliessen machten.
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Die Epidermis der Blattspreite besteht sowohl auf der Ober- (oder Innen-), als auch auf der Unter- (oder Aussen-) Seite im All- gemeinen aus viereckigen, etwas gestreckten Zellen, welche sich an ihren beiden schmäleren Enden theils mit geraden, theils mit schiefen, manchmal sogar mit sehr schrägen Wänden begrenzen (Taf. I. Fig. 4 bei e), Die Längsrichtung der Epidermiszellen folgt in der sehr stark entwickelten Mittelrippe der Längsaxe des Blattes (Taf. II. Fig. 1 bei em); in den beiden Hälften der Lamina ist sie senkrecht zu dieser Richtung (Taf. II. Fig. 1 bei el), so dass also hier die Epidermiszellen alle gewissermassen gegen die Mittelrippe hin gerich- tet sind. Zwischen beiden Theilen liegen Bogenreihen von Epi- dermiszellen, die nach der Blattbasis hin gekrümmt sind (Taf. II. Fig. 1 bei ez). Am gekrümmten Rande der Lamina, zwischen je zwei Randborsten, haben jedoch die Zellen der Oberhaut die ver- schiedenste Lage und Gestalt, sind zum Theil kurz und besitzen manchmal unregelmässig gebogene Zellwände. Diese Gruppen anders gestalteter Epidermiszellen liegen zwischen verlängerten Zellenreihen, welche, aus der Mitte der Lamina kommend, sich daselbst theilen und über die Randborsten hin sich fortsetzen. Auf der Oberseite ausgewachsener Blätter sind die Epidermiszellen meist höher, oft auch breiter, als auf der Unterseite der Lamina (Taf. II. Fig. 3 und 7). Alle Epidermiszellen sind an ihrer freien Oberfläche stark eutieula- risirt und enthalten Chlorophyllkörner in sehr grosser Anzahl, welche rundlich und durchscheinend sind, und in dem Falle, dass das betreffende Blatt noch keine thierische, überhaupt organische Nahrung absorbirt hat, sehr viele Stärke- körner enthalten, wie weiter unten, wo von der Einwirkung chemischer Reagenzien gehandelt werden wird, ausführlicher ange- geben werden soll. Die Epidermiszellen der Randborsten enthalten weniger Chlorophyll und erscheinen deshalb auch nicht so intensiv gefärbt, wie die übrigen grünen Theile des Blattes.
Erzeugnisse der Epidermis. Drüsen. Sehr viele Epidermiszellen von der Oberseite der Lamina sind Träger der Drüsen. Diese sondern, nachdem das Blatt ein Thierchen gefangen hat, oder wenn ihm eine andere stickstoffhaltige organische Nahrung, die aber feucht sein muss, gereicht worden ist, einen farblosen, etwas schleimigen, sauer reagirenden Saft aus, welcher die Auflösung der Nahrung bewirkt. In allen anderen Fällen, also auch, wenn ein Blatt in Folge mechanischer Reizung sich geschlossen hat, und selbst dann, wenn die stickstoffhaltige organische Substanz nicht feucht ist, secer-
niren die Drüsen nicht und die Blattoberfläche bleibt vollkommen Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band I. Heft I, 3
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trocken '). Die Drüsen sind aber nicht über die ganze obere Fläche der Lamina gleichmässig verbreitet, sie nehmen allerdings den grössten Theil derselben ein, lassen aber auf allen vier Seiten einer seitlichen Blattspreitenhälfte, d. h. also unter den Randborsten, über der Mittel- rippe, an der Basis und an der Spitze desselben einen schmalen Rand frei. Besonders zahlreich stehen die Drüsen gegen die Mittelrippe hin und hier zuweilen so dicht bei einander, dass sie sich mit ihren Rändern berühren. In der oberen Hälfte jeder Blatthälfte in der Nähe des gekrümmten und mit Borsten besetzten Randes stehen die Drüsen sparsam und mehr vereinzelt (Taf. I. Fig. 3 bei d); sie stehen also zweekmässiger Weise da am dichtesten, wohin gewöhnlich das gefan- gene Thier oder die dem Blatte gegebene organische Nahrung zu liegen kommt. Abgesehen davon habe ich eine Gesetzmässigkeit der Anordnung der Drüsen nicht auffinden können. Jedenfalls entstehen die Drüsen in Reihen, wie die Epidermiszellen, deren Erzeugnisse sie sind; doch hat die verschiedene Häufigkeit der Drüsen an ver- schiedenen Stellen des Blattes ihre reihenweise Anordnung ganz verwischt und unmerkbar gemacht.
Jede einzelne Drüse befindet sich in einer ee Einsenkung der Epidermis, so dass die letztere zwischen zwei benachbarten Drüsen eine flache Erhebung bildet, was man besonders gut auf einem Querschnitte durch die Lamina beobachten kann. Mitunter ist die Oberfläche dieser Einsenkung der Unterfläche der Drüsen genau entsprechend gebogen, so dass sie gewissermassen einen Hohl- druck derselben darstellt. Jede Drüse von der Fläche gesehen ist kreisrund (Taf. I. Fig. 4 bei d) und besteht aus drei concentrischen Zellreihen, deren innerste, eigentlich eine Zellschicht, aus vier poly- gonalen Zellen besteht, welche in der Mitte in Kreuzform zusammen- stossen. Die nächst äussere sie umgebende Zellreihe besteht aus acht Zellen und die äusserste enthält deren sechszehn; doch kommen hin und wieder Unregelmässigkeiten und Ausnahmen von diesem Typus vor, auch sind die Zellen einer ringförmigen Reihe bisweilen verschieden gross und auch sonst einander ungleich.
Drüsen von oben gesehen zeigen natürlich nur die Zellen der oberen Schicht des Drüsenkörpers. Im Längsschnitte betrachtet besteht jede Drüse im fertigen Zustande immer aus drei Theilen, von denen der erste in der Epidermis selbst steckt, nämlich:
1) dem Basaltheil der Drüse (Taf. I. Fig. 8 bei b), 2) dem Drüsenstiele (Taf. I. Fig. 8 bei st) und 3) dem Drüsenkörper (Taf. I. Fig. 3 bei k).
n Darwin |, c. p. 295.
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Der Basaltheil der Drüse hat ungefähr die Gestalt eines niedrigen, abgestumpften Kegels, der Ellipsen zu Grundflächen hat. Die grösste Axe desselben folgt der Längsrichtung der Epidermiszellen. Daher erscheint der Basaltheil in längs durchschnittenen Drüsen stets nach unten zu deutlich verbreitert und zeigt im Umrisse die Form eines Trapezes; er besteht aus einem Zellenpaar; die primäre Basalzelle wird durch eine senkrecht auf der Blattfläche stehende *Längs- scheidewand, welche der Längsrichtung der Epidermiszellen parallel geht, nochmals in zwei Zellen getheilt. Da nun aber die Zellen der Oberhaut, wie wir gesehen haben, in der Mittelrippe der Längsaxe des Blattes folgen, sonst in der Lamina senkrecht darauf stehen, so ergiebt sich daraus von selbst, dass man auf Blattquerschnitten, welche Drüsen längs durchschnitten haben, jene Zellwand nur in denjenigen Drüsen sieht, welche auf der Mittelrippe liegen, weil sie nur hier vom Schnitte getroffen wird, dagegen auf den übrigen Thei- len der Lamina der Schnittfläche parallel geht, und umgekehrt sieht man sie auf Längsschnitten durch das Blatt nur in den Drüsen auf den beiden Seitenhälften der Lamina (Taf. II. Fig. 7) und nicht in denjenigen der Mittelrippe.
Der Drüsenstiel, welcher auf diesen beiden Zellen aufsitzt und über die freie Oberfläche der Epidermiszellen emporragt, besteht aus zwei niedrigen, neben einander liegenden und nach oben schwach gewölbten Zellen (Taf. I. Fig. 8 bei st und Taf. II. Fig. 7 bei dr), von deren gemeinsamer Wandung ganz dasselbe gilt, was soeben von den Basalzellen angegeben wurde. Da nun zugleich jede der beiden Zellen des Stieles von oben gesehen ungefähr halbkreisförmig ist, so sehen Drüsenstiele, deren zugehörige Drüsen abgefallen sind, Spaltöffnungen nicht unähnlich (Taf. I. Fig. 4 bei ds) und können, oberflächlieh betrachtet, um so mehr zu Täuschungen Veranlassung geben, als wirkliche Spaltöffnungen auf dieser Stelle der Blattober- seite, wie später gezeigt werden wird, überhaupt nicht vorhanden sind. Häufig wird der Drüsenkörper durch rauhe Berührung der Blattimnenfläche von seinem Stiele abgetrennt. Dasseibe gelingt auch, wenn das Blatt und demnach die darauf befindlichen Drüsen einiger- massen gross sind, durch vorsichtiges Schaben mit einem scharfen Messer, und man kann so die Drüsenstiele von oben her in grösserer Anzahl in ihrer Spaltöffnungen ähnlichen Gestaltung sehen.
Der eigentliche Drüsenkörper selbst endlich, welcher auf dem Stiele mit breiter Basis aufsitzt, besteht aus zwei übereinander lie- genden und wie die obere Fläche der Stielzellen nach oben gewölb- ten Zellenschichten (Taf. I. Fig. 8 bei k), deren obere fast um die
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Breite ihrer Randzellen die unter ihr liegende überragt. Die Rand- zellen der unteren Schicht des Drüsenkörpers sind am stärksten nach oben, diejenigen der oberen Schicht sehr stark nach auswärts ge: krümmt. Die Zellen des Drüsenkörpers sind bei kräftig vegetirenden Pflanzen mit einer schön purpurrothen, sonst aber mit farbloser Flüssigkeit erfüllt und enthalten keine Stärke.
Was die Entwickelungsgeschichte der Drüsen anbetrifft, so ist dieselbe ziemlich einfach und leicht zu beobachten. Die Drüsen bilden sich aus einer Epidermiszelle durch eine papillenartige Aus- stülpung derselben (Taf. I. Fig. 5 bei a), welche sich durch eine Querscheidewand parallel der Oberfläche des Blattes abgrenzt. Die untere der beiden so entstandenen Zellen wird zum Basaltheil der Drüse; sie verbreitert sich später nach unten und theilt sich durch eine Längsscheidewand senkrecht auf der Blattfläche und parallel der Längsrichtung der Epidermiszellen. Die obere Zelle theilt sich da- gegen nochmals durch zwei Querscheidewände parallel der Blattober- fläche in drei über einander liegende Zellen, von denen die unterste sich durch eine Längswand noch einmal theilt und zum Drüsenstiele sich ausbildet,, während die beiden obersten den eigentlichen Drüsen- körper darstellen, indem sie sich noch durch verschiedentlich gestellte Zellwände, die aber sämmtlich zur Blattfläche senkrecht sind, in un- regelmässiger Reihenfolge in diejenigen polygonalen Zellen theilen, welche wir schon oben kennen gelernt haben.
Wie die roth gefärbten Zellen in den Köpfehenhaaren von Dro- sera, so zeigen auch die Zellen der Drüsen auf der Blattoberseite von Drionaea die eigenthümliche Erscheinung der von Darwin ent- deekten Aggregation '). Darunter versteht man bekanntlich die ziem- lich raschen und unregelmässigen Gestaltveränderungen des rothen, von Darwin als Protoplasma betrachteten Farbstoffes, deren Ueber- tragung auf die benachbarten Zellen der Fortpflanzungsrichtung des Reizes folgt. Wie dort, so beginnt auch hier bei Dronaea, wie ich selbst noch beobachtet habe, die Aggregation jeder Drüsenzelle ge- wöhnlich mit der Zusammenziehung des rothen Farbstoffes, der dabei die verschiedensten Formveränderungen durchmacht, sich dann in mehrere Stücke theilt, die sich entweder wiederum theilen oder deren mehrere zu einem grösseren zusammenfliessen. Dabei macht sich ähnliche Mannigfaltigkeit geltend, wie Darwin an Drosera rotun- difolia L. sehr ausführlich beschrieben und durch Zeichnungen er- läutert hat.
I) Darwin], ec. cap. III. p. 38 seq.
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Indem ich gefärbte Nahrungsstoffe auf die Blätter brachte, gelang es mir, auch die Drüsenzellen selbst zu färben. Auf drei Blätter wurden kleine Stückchen von geronnenem und durch Anilinroth tief gefärbtem Eiweiss aufgelegt. Sämmtliche Blät- ter blieben nach diesem Versuche noch geöflnet, eines von ihnen schloss sich erst nach 24 Stunden zwar sehr langsam aber vollständig, desgleichen das zweite nach Verlauf von abermals 24 Stunden, und end- lich 6 Stunden später auch das letzte von ihnen. Die während der ganzen Zeit constante Temperatur betrug + 28° C., indem die Pflanzen in einem Heizkasten bei dieser Temperatur feucht gehalten wurden. Nach acht Tagen öffnete sich das Blatt, welches sich zuerst geschlossen hatte; das Eiweiss war vollständig verschwunden, die Blattoberseite schon wieder völlig trocken und mit zahlreichen rothen Pünktchen bedeckt, während sie vor dem Versuche gleichmässig grün war, da die Drü- sen ursprünglich farblosen Zellinhalt besessen hatten. Besonders lebhaft gefärbt war in jeder Drüsenzelle nach dem Versuche ein grosser rundlicher Körper, wahrscheinlich der Zellkern (Taf. I. Fig. 4 bei d); das ganze ührige Gewebe des Blattes hatte von der rothen Färbung nichts angenommen oder zeigte doch nichts mehr davon, ausgenommen einige peripherische Gefässe aus dem mittleren grossen Gefässbündel des Blattstieles, welche ebenfalls durch das Anilin roth gefärbt waren, jedoch mit einer gelblichen Nuance gegen die Drüsen- zellen. Die auf solche Weise bewirkte Wiederfärbung der Drüsen hält sich sehr gut; sie ist jetzt, 14 Wochen nach den eben be- schriebenen Versuchen noch recht deutlich zu erkennen und hat nur durch das Aufbewahren der Präparate in Glycerin sowohl, als auch durch das Liegen eines Restes jenes Blattes in absolutem Alkohol seit jener Zeit einen Stich ins Bläuliche angenommen. Ein zweiter Versuch an anderen Blättern, wobei unter übrigens gleichen Um- ständen Saffran als Färbemittel angewendet wurde, gelang weniger gut, denn die Drüsenzellen waren wohl gelblich, doch nicht so in- tensiv gefärbt, wie in dem ersten Versuche, auch konnte ich eine Färbung der übrigen Theile des Blattes, namentlich der Gefässbün- del, in diesem Falle nicht deutlich beobachten.
Die Sternhaare. Wie die Oberseite der Lamina zahlreiche Drüsen, so trägt die Unterseite derselben sternförmige, meist achtstrahlige Gebilde, welche, gleich den Drüsen, den morphologischen Werth von Trichomen haben. Da ihre Zeilen röthlichbraun oder orange gefärbt sind, so werden die Sternhaare erst mit Hilfe des Mikroskopes sichtbar, wie die ungefärbten Drüsen. Wie diese, so sind auch die Sternhaare nicht über die ganze Unterfläche der Lamina gleichmässig verbreitet,
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sondern sie sind am häufigsten auf der Mittelrippe, während die Drüsen zu beiden Seiten derselben am gedrängtesten und zahlreichsten stehen. Auf denselben Stellen der Unterseite aber finden sich nur wenige und zerstreute Sternhaare und ebenso sind dieselben auf den Randborsten und zwar auf allen Seiten derselben, also auch in diesem Falle auf der Blattinnenfläche anzutreffen. Auf der eigent- lichen Ober- oder Innenseite des Blattes habe ich niemals Stern- haare aufgefunden. Dagegen findet sich im Scheitel des Win- kels, den je zwei Randborsten bilden, regelmässig ein Sternhaar. (Taf. I. Fig. 3 bei s.) Bei jüngeren Blättern sitzen diese Stern- haare an der tiefsten Stelle des Zwischenraumes zwischen den ein- zelnen Randborsten, bei älteren Blättern dagegen findet sich zwischen den mittelsten, also grössten Randborsten eine niedrige, stumpf- pyramidale Erhebung des Blattgewebes bedeckt von der Epidermis, und trägt, wo sie vorhanden, auf ihrer Spitze das Sternhaar, Wenn man ein kleines, aber völlig entwickeltes Blatt in der Mittelrippe spaltet und dann eine Hälfte nach mehrtägigem Liegen in absolutem Alkohol mit einer schwachen Vergrösserung (etwa 30) betrachtet, womit man den gewimperten Rand zum grössten Theile übersehen kann, so gewährt die Regelmässigkeit der Lage je eines Sternhaares zwischen zwei Randborsten einen recht zierlichen Anblick (Taf. I. Fig. 3), um so mehr, als die Zellen der Sternhaare ihren röthlich- braunen Inhalt nicht verlieren, während das ganze übrige Blatt durch den Alkohol entfärbt wird.
Der anatomische Bau der Sternhaare ist ganz ähnlich demjenigen der Drüsen auf der Oberseite, deren homologe Vertreter auf der Unterseite sie sind. Die beiden Basalzellen und die des Stieles stimmen in Form und Lage, wie namentlich auch in der Richtung ihrer gemeinsamen Wandung vollständig mit denen der Drüsen über- ein (Taf. I. Fig. 10 bei sb und sst), so dass also der Unterschied zwischen Drüsen- und Sternhaaren wesentlich nur in dem oberen, von dem Stiele getragenen und über die Epidermis emporragen- den Theile liegt. Derselbe besteht ebenfalls aus zwei übereinan- der befindlichen Zellschiehten, welehe nur wenige, um einen Punkt strahlenförmig angeordnete Zellen besitzen. Die Zellen der unteren Schieht bleiben kurz, diejenigen der oberen dagegen wachsen in 4 bis $ lange, gleichmässig dicke, daher am freien Ende stumpfe Schläuche aus, die im fertigen Zustande unter einem spitzen Winkel gegen die Oberfläche des Blattes aufgerichtet sind (Taf. I. Fig. 10). Der röth- lichbraune Inhalt derselben wird durch Alkohol und Glycerin zusammen- gezogen und nimmt dabei eine dunklere bis braunschwarze Färbung an,
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Die Entwickelungsgeschichte der Sternhaare zu beobachten war mir noch nicht möglich; dieselben entstehen sehr viel früher, als die Drüsen, so dass sie auf den jüngsten, dem blossen Auge überhaupt noch sichtbaren Blättern, welche, wie erst das Mikroskop zeigt, fast allein aus der späteren Mittelrippe bestehen, schon in der fer- tigen Form vorkommen und zwar auffallender Weise in solcher Häufigkeit auftreten, dass sie sich auf Längs- wie auf Querschnitten durch ein solches junges Blatt zum Theil verdecken und das junge Blatt wie mit eineın dichten Pelze von Sternhaaren gleichsam ein- gehüllt ist. Die Drüsen sind in diesem Alter noch nicht einmal durch Ausstülpung der Epidermiszellen angelegt. Ich zweifle indessen nicht, dass die Entwickelung der Sternhaare denselben Verlauf nimmt, wie diejenige der Drüsenhaare, von denen sie sich nur durch die geringere Zahl und die Gestalt der beiden obersten Zellschichten unterscheiden. Die Sternhaare besitzen keine so lange Lebensdauer, wie die Drüsen, indem sie vielmehr bald vertrocknen und abfallen. Man bemerkt dies natürlich am leichtesten auf den Randborsten und an den Sternhaaren zwischen denselben, wo dann an der tiefsten Stelle zwischen den Randborsten oder auf der pyramidenförmigen Erhebung zwischen ihnen nur noch die Stiele der Sternhaare zu sehen sind, gerade so wie bei den zufälligerweise und mit Gewalt abgestreiften Drüsen.
Die physiologische Bedeutung der Sternhaare betreffend, so hat sich Darwin ohne allen Erfolg, wie er selbst sagt, bemüht, irgend eine Function derselben bei der Ernährung der Pflanzen durch or- ganische Substanz aufzufinden. Alle seine Versuche, die er ange- stellt hat, um zu erfahren, ob die Sternhaare organische Nahrung absorbiren könnten, ergaben negative Resultate. Es ist in der That unwahrscheinlich, dass die Sternhaare zu der Ernährung der Blätter durch Thiere in irgendwelcher Beziehung stehen; denn in diesem Falle stünden sie gerade dort, wo sie am allerentbehrlichsten sind, nämlich auf der Unterseite der Lamina, auf den Randborsien, zwischen ihnen und, wie ich später noch zeigen werde, auf dem Blattstiele, der weder reizbar ist, noch auch irgendwelche organische Substanz selbstständig aufzunehmen vermag, die ihm nicht aus der Lamina zugeführt wird. Hervorzuheben ist, dass die Sternhaare gerade an denjenigen Stellen des Blattes vorkommen, wo auch die Spaltöffnungen liegen.
Die Spaltöffnungen fehlen der Oberseite der Lamina, wenn wir ‚von den Randborsten absehen, durchweg, dagegen sind sie zahlreich auf der Unterseite zu finden, auch auf den Randborsten, wo sie, wie die
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Steruhaare, nicht bloss auf der äusseren Fläche derselben, sondern rings um dieselben, also auch auf der Oberseite der Randborsten stehen. Am häufigsten sind aber die Spaltöffnungen, wieder wie die Sternhaare, in der Nähe der Mittelrippe der Unterseite und auf dieser selbst, wo sie deutlich in Reihen stehen. Wie die Epidermiszellen zwischen der Mittelrippe und den Lappen der Lamina in Bogen an- geordnet sind, so folgen auch die Spalten dieser Richtung, haben also an verschiedenen Stellen eine verschiedene Lage (Taf. II. Fig. 1 bei sp), die scheinbar ganz unregelmässig wäre, wenn man von der- jenigen der anliegenden Zellen der Oberhaut absähe. Das vollstän- dige Fehlen der Spaltöffnungen auf der Oberseite der Lamina darf meiner Ansicht nach nicht Wunder nehmen; denn die Spaltöffnungen stehen bekanntlich „da am häufigsten, wo ein lebhafter Austausch der Gase zwischen der Pflanze und der umgebenden Luft stattfindet, denn sie sind physiologisch genommen nichts Anderes als die Aus- gänge der Intercellularräume des inneren Gewebes, die sich stellen- weise zwischen den Epidermiszellen nach aussen öffnen').“ Die Er- nährung durch die Blätter scheint vielmehr dermassen vertheilt zu sein, dass diejenige durch organische Körper, gewöhnlich Thiere, ausschliesslich von der Oberseite besorgt wird, während daneben noch die Aufnahme anorganischer, luftförmiger Verbindungen der Unter- seite der Lamina und beiden Seiten des Blattstieles, welcher vielleicht dafür ausnahmsweise so breit entwickelt ist, zukommt. Auch besitzt die Oberseite der Lamina auf den Randborsten, welche selbst nach dem Verschlusse des Blattes noch der äusseren Luft auf allen Seiten ausgesetzt sind, Spaltöffnungen, durch die auch ein Gasaustausch stattfinden kann.
Die den Schliesszellen der Spaltöffnungen benachbarten Epidermis- zellen sind nicht anders gestaltet, als die übrigen Zellen der Ober- haut und namentlich ebenso langgestreckt (Taf. II. Fig. 1). Die Schliesszellen der Spaltöffnungen selbst haben von der Fläche ge- sehen die gewöhnliche halbmondförmige Gestalt, sind nach oben schwach gewölbt und gleichen von der Seite gesehen einem Ring- ausschnitte (Taf. I. Fig. 12 bei s), Sie sind gleich den übrigen Epidermiszellen mit Chlorophyll versehen und lassen einen ziemlich grossen Porus zwischen sich. Dieser letztere ist, in seiner vertikalen Richtung betrachtet, mitten weiter als oben und unten. Auf einem Längsschnitte durch die Spaltöffnung, welcher beide Schliesszellen halbirt, bemerkt man darum in der Mitte eine im Umrisse ungefähr
I!) Sachs, Lehrbuch der Botanik. 4. Auflage. Seite 104.
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kreisförmige Höhlung, die sich nach oben und unten in einen engen Kanal fortsetzt.
Das Grundgewebe. Im Allgemeinen besteht das Grundgewebe der Lamina von Dionaea aus verlängerten parenchymatischen Zellen, welche in ganz derselben Richtung wie die Epidermiszellen gestreckt sind, d. h. also in der Mittelrippe parallel der Wachsthumsaxe des Blattes, in dem übrigen Theile der Lamina hingegen senkrecht darauf. Im Besonderen jedoch zeigt das parenchymatische Grund- gewebe der Mittelrippe einige Verschiedenheiten von demjenigen der beiden seitlichen Laminahälften, weshalb wir auch die erstere von diesen gesondert betrachten wollen.
Die in der Mittelrippe unmittelbar unter der Epidermis liegenden Zellenschichten des Grundgewebes sind von den inneren nicht wesent- lich verschieden, so dass hier weder ein Hypoderm, noch eine eigent- liche Pallisadenschicht, noch ein besonderes Schwammgewebe unter- schieden werden kann. Sie sind vielmehr eng, ungefähr von ebenso weitem Lumen, wie die Epidermiszellen, im Querschnitte rundlich und in der Längsrichtung des Blattes, wenn auch wenig, so doch immer deutlich verlängert. Von ihnen ab nehmen die Zellen um so mehr an Weite sowohl wie an Länge zu, je mehr sie nach innen zu liegen und dem einzigen centralen Gefässbündel der Mittelrippe sich nähern, gehen aber in dessen nächster Umgebung wiederum in kürzere und engere Zellen über; auch sind die Zellen der Oberseite des Blattes in der Regel etwas weiter als die der Unterseite. Die inneren grösseren Parenchymzellen sind dünnerwandig und besitzen bei Weitem nicht so viel Chlorophyll, wie die äusseren und kleineren. Die ersteren sind ferner ebenfalls im Querschnitte rundlich und lassen sehr zahlreiche Intercellularräume von verschiedener Gestal- tung zwischen sich. Die Chlorophylikörner sind denjenigen in den Epidermiszellen gleich, oval (Taf. III. Fig. 1), durchscheinend und in dem schon oben bei der Betrachtung der Oberhautzellen ange- führten Falle mehr oder minder stärkehaltig. Dabei findet ein all- mählicher Uebergang von den engen, sehr chlorophyllreichen peri- pherischen Zellen des Grundgewebes zu den inneren desselben statt, so dass an cine Grenze verschiedener Schichten in Wirklichkeit, wie erwähnt, nicht gedacht werden kann.
Von dem Grundgewebe der Mittelrippe unterscheidet sich das- jenige in den beiden Laminahälften zunächst dadurch, dass seine sämmtlichen Parenchymzellen sehr viel mehr in die Länge senkrecht zur Mittelrippe gestreckt sind, als in dieser (Taf. II, Fig. 2 bei gi) und zwar die inneren noch mehr als die äusseren. Auch tritt im
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Grundgewebe der Spreitenhälften der Unterschied von mittleren chloro- phyllarmen, dem Schwammgewebe vergleichbaren Zellenschichten und oberen und unteren chlorophyllreichen Zellenschichten deutlicher hervor, als in der Mittelrippe. In der Breite übertreffen die inneren Grundgewebezellen der Spreitenhälften die äusseren viel mehr, als dieses in der Mittelrippe der Fall ist (vergleiche Taf. II. Fig. 3 und Fig. 7). Auch sind die Wände der inneren Zellen im Querschnitte nicht mehr gerade oder einfach nach aussen gekrümmt, wie bei den äusseren, sondern in verschiedener Weise unregelmässig gebogen (Taf. II. Fig. 7 bei ig). Die meisten von ihnen enthalten nicht nur weniger Chlorophyll, als die äusseren Zellen des Grundgewebes und die Epidermis, sondern viele entbehren desselben sogar vollständig. Endlich lassen sie sehr grosse, meist immer im Querschnitte drei- eckige Intercellularräume zwischen sich, deren Wandungen ebenfalls öfters nicht gerade, sondern nach aussen zu gekrümmt sind (Taf. Il. Fig. 7 bei il. In der Umgebung der die Lamina zahlreich in paralleler Richtung und senkrecht zur Mittelrippe durchziehenden Gefässbündel befinden sich wiederum engere, viel Chlorophyll ent- haltende, aber auch sehr langgestreckte Zellen, jedoch findet auch hier hinsichtlich der Weite des Lumens und bezüglich des Chloro- phyligehaltes ein allmählicher Uebergang einerseits von oben und unten, andererseits von den Gefässbündeln nach allen Seiten hin statt.
Gemeinsam ist zwischen dem Grundgewebe der Mittelrippe und dem der übrigen Lamina, dass die mehr oberflächlichen Zellen in beiden Theilen im Querschnitte rundlich sind und die inneren zartere Wandungen besitzen, als die äusseren, ferner, dass, wie die Epider- miszellen der Blattoberseite, so auch die unter ihnen befindlichen des Grundgewebes weiter sind, als auf der Unterseite der Lamina (ver- gleiche Taf. II. Fig. 3 und Fig. 7), und endlich ist gemeinschaftlich das Vorkommen von wieder engeren und chlorophylireicheren Zellen in der Umgebung der Gefässbündel.
Die Zellen des Grundgewebes in der Lamina von Dionaea sind in derselben Richtung langgestreckt, welche den kürzesten Weg des motorischen Impulses bildet, nachdem das Blatt gereizt ist. Denn wiewohl Darwin!) dnrch verschiedene Versuche gezeigt hat, dass der motorische Impuls von einer der sechs Mittelborsten aus nach allen Richtungen hin radial sich ausbreitet, so wird derselbe doch beim unverletzten Blatte von der betreffenden Mittelborste nach der Mittelrippe und von da in die andere Laminahälfte übergelien. Viel-
I) Darwin. c. p. 313.
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leicht bewegt er sich, wie schon Darwin glaubt, um so schneller, je länger und weiter die von ihm zu durchlaufenden Zellen sind, und aus diesem Grunde mögen auch die Zellen des Grundgewebes in den seitlichen Laminahälften verlängerter sein, als in der Mittel- rippe, weil in letzterer der motorische Impuls den Weg parallel der Mittellinie des Blattes nie nimmt, sondern quer durch von einer Laminahälfte zur anderen geht. Für diese Ansicht spricht nun ‚auch die grössere Weite der oberen Zellen des Grundgewebes und der Epidermis; denn der motorische Impuls wird von den Mittelborsten, welche ja auf der Oberseite der Lamina stehen, oder von der orga- nischen Substanz, welche ebendahin gebracht werden muss, auch näher der oberen, als der unteren Blattfläche in den Zellen geleitet werden, um das Blatt zur Schliessung zu veranlassen. Endlich sei nur noch darauf hingewiesen, dass auch in den Köpfchenhaaren von Drosera die Zellen parallel der Längenaxe gestreckt sind, und diesen Weg allein kann hier der motorische Impuls nehmen, während er bei Dionaea auch Umwege machen kann.
Die Gefässbündel. Auch in Hinsicht der Gefässbündel verhält sich die Mittelrippe der Lamina von deren beiden Seitentheilen sehr verschieden. In der Mittelrippe verläuft ihre ganze Länge hindurch und genau die centrale Axe einnehmend ein einziges, sehr diekes Gefässbündel, welches nach der Spitze des Blattes zu sich allmählich verjüngt und schon vor derselben blind im Grund- gewebe endet (Taf. I. Fig. 3 bei g). Von demselben gehen unter fast rechten Winkeln zahlreiche, jedoch sehr viel schwächere Gefäss- bündel ab. Dieselben verlaufen unter einander scheinbar parallel, in Wirklichkeit jedoch von der Mittelrippe nach den Randborsten, wie die geradlinigen Ränder an der Blattbasis und -Spitze divergirend. Sie bleiben ferner bis nahe zum gekrümmten Rande ungetheilt, dort aber spaltet sich ein jedes derselben in zwei einen spitzen Winkel einschliessende Aeste, von denen sich jeder mit einem solchen des benachbarten Gefässbündels vereinigt. Je ein einfaches, auf solche Weise wieder vereinigtes Gefässbündel tritt in jede Randborste ein. Diese Art der Theilung der Gefässbündel und Wiedervereinigung ihrer Gabeläste ruft das Bild einer Ziekzacklinie von Gefässbündeln hervor, welche längs des gekrümmten Randes unter den Randborsten in einem Bogen, wie dieser selbst verläuft. Natürlicherweise kommen auch hier wieder Unregelmässigkeiten und Ausnahmen von diesem Schema vor, so gabeln sich die aus der Mittelrippe kommenden Ge- fässbündel nicht selten schon früher (Taf. I. Fig. 3 bei gf), in der Mitte der Laminahälften etwa, oder auch erst viel später (Taf. I.
Fig. 3 bei gs), als im normalen Verlaufe, z. B. erst am Grunde der Randborsten selbst, oder sie gabeln sich mehrmals übereinander, ohne dass jedoch solche Unregelmässigkeiten den geschilderten Ty- pus undeutlich machen könnten. Manche Gefässbündel erreichen die Randborsten gar nicht (und dies sind meist schwächere), sondern enden blind im Grundgewebe der Laminahälften, bisweilen schon vor der Mitte der Strecke, welche sie eigentlich zurücklegen sollten.
Das axile Gefässbündel der Mittelrippe ist dieker, oder doch mindestens ebenso dick, wie alle anderen beider Laminahälften zu- sammengenommen (Taf. I. Fig. 3 bei g und g‘); nimmt man noch dazu, dass die Art der Verzweigung der Gefässbündel ausserordent- lich zweekmässig ist, um auch die entferntesten Punkte des Blattes mit einander in Communication zu bringen, so liegt die Vermuthung nahe, dass die Gefässbündel zu der Leitung des motorischen Impul- ses in naher Beziehung stehen. Darwin hat indessen durch ver- schiedene Versuche, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, ge- zeigt, dass, entgegen der Ansicht der meisten Pflanzenphysiologen über reizbare Organe, die Gefässbündel für die Leitung des moto- rischen Impulses in den Blättern von Dionaea gar nicht nothwendig sind '), und wir werden später sehen, dass in die sechs Mittelborsten, auf deren Reizung erst die Bewegung der Laminahälften erfolgt, überhaupt gar keine Gefässbündel eintreten, sondern dieselben unter ihnen, wie ich öfters auf Querschnitten durch Laminahälften beob- achtet habe, ohne von ihrer Richtung abzulenken, vorbeigehen. Auch enthalten nach Cohn?) die Blätter von Aldrovanda überhaupt keine Gefässbündel und sind dennoch äusserst reizbar.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die Gefässbündel auch mit den für die Ernährung der Pflanzen durch organische Sub- stanz so äusserst wichtigen Drüsen der Blattoberseite in keinerlei directer Verbindung stehen, wie schon hinreichend aus der obigen anatomischen Beschreibung der Drüsen hervorgeht. Es scheint zu- wejlen, als ob Drüsen von der Fläche gesehen über einem Gefäss- bündel der Blattspreite in einer Reihe angeordnet seien, jedoch ist dies immer nur Zufall und man überzeugt sich abgesehen von einem Blattquerschnitte schon bei den übrigen Drüsen desselben Blattes vom Gegentheile.
1) Darwin. ce. p. 313.
2) Cohn. Ueber die Funktion der Blasen von Aldrovanda und Utri- ceularia aus „Beiträge zur Biologie der Pflanzen.“ Band I. Drittes Heft. Breslau 1375.
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Die Zusammensetzung der Gefässbündel ist sehr einfach; sie sind sämmtlich geschlossene; das Xylem besteht in denen der Lamina- hälften aus lauter Spiralgefässen (Taf. II. Fig. 2 bei sp), und selbst das grosse Gefüssbündel der Mittelrippe besteht aus keinen anderen Gefässen. Das Phloem besteht aus Weichbast; echter Bast fehlt gänzlich. Der erstere enthält Gitterzellen und Cambiform, bestehend aus engen, immer beträchtlich verlängerten und dünnwandigen Zellen, welche sich an ihren schmalen Enden mit geraden d. h. senkrecht zur Längenrichtung gestellten, seltener mit schiefen Scheidewänden begrenzer (Taf. II. Fig. 2 bei wb). Der Weichbast setzt auch bei dem dieken, axilen Gefässbündel in der Mittelrippe den Phloemtheil ausschliesslich zusammen, so dass also in den Bestandtheilen das Gefässbündel der Mittelrippe sich vor den übrigen nicht auszeichnet und lediglich durch seine grössere Mächtigkeit dieselben übertrifft.
Auswüchse des Blattgewebes. Die Randborsten und die Er- hebungen zwischen ühnen. Querschnitte durch die Randborsten zeigen, dass dieselben sich als dreiseitige, schlanke Pyramiden betrachten lassen, deren Seitenkanten abgerundet sind (Taf. I. Fig. 13.) Eine Seitenfläche ist nach auswärts und abwärts gekehrt, die Durchschnitts- kante der beiden anderen sieht nach der Ober- oder Innenseite der Lamina. Die Randborsten sitzen dem gekrümmten Rande des Blattes mit ihrer breitesten Querschnittsfläche auf und nehmen, wie bereits erwähnt, von der Mitte des Randes, wo die grössten stehen, beiderseits an Länge und Dicke ab. Im anatomischen Bau gleichen sie der Mittel- rippe. Die Epidermiszellen sind ebenfalls im Querschnitte rundlich, langgestreckt und besitzen auf allen Seiten Spaltöffnungen und Stern- haare, Die unter ihnen liegenden Zellen des Grundgewebes sind meist ebenso gross und nehmen von aussen nach innen an Weite zu, während sie zugleich in demselben Verhältnisse dünnerwandig werden. Alle lassen zahlreiche und verschieden geformte Intercellularräume zwischen sich ganz so, wie in der Mittelrippe. Die Randborsten werden von einem einzigen, aus wenigen Spiralgefässen zusammen- gesetzten Gefässbündel durchzogen, in dessen Umgebung die Zellen des Grundgewebes wieder enger werden. Das Gefässbündel läuft nicht genau in der Mitte der Randborsten, sondern mehr nach der Innenseite derselben zu, verjüngt sich nach der Spitze, indem die Zahl der Spiralgefässe immer mehr und mehr abnimmt und endet endlich blind — oft noch weit vor der Spitze — im Grundgewebe. Dass die Randborsten, obwohl von einem Gefässbündel durchzogen, dennoch keine eigene Bewegung bei dem Schliessen des Blattes besitzen, sondern nur diejenige der Laminalappen mitmachen, und
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vermöge ihrer alternirenden Stellung in einander greifen müssen, kann als ein weiterer Beweis dafür angesehen werden, dass die Gegenwart der Gefässbündel für die Leitung des motorischen Impulses eben gar nicht nothwendig ist.
Die Erhebungen des Blattgewebes, welche sich zuweilen noch bei alten Blättern zwischen den mittleren Randborsten befinden, un- terscheiden sich von den letzteren dadurch, dass sie immer sehr nie- drig bleiben, indem die Reihen der Epidermiszellen, welche ihre Aussenfläche nach der Spitze convergirend hinauflaufen, in der Regel nur aus drei oder zwei, ja nicht selten aus einer einzigen langge- streckten Zelle gebildet werden, weshalb ich auch Spaltöffnungen auf ihnen niemals beobachtet habe. Sie unterscheiden sich ferner von den Randborsten dadurch, dass sie nicht nur niedriger, sondern auch sehr viel stumpfer sind, nur ein einziges Sternhaar auf ihrer Spitze besitzen, das aber später abfällt, und endlich durch den Mangel eines Gefässbündels.
Die Mittelborsten. Inmitten der so zahlreichen Drüsen erheben sich auf der Oberseite jeder Laminahälfte gewöhnlich drei haarförmige Gebilde, welche ich im Gegensatze zu den ähnlichen Hervorragungen des Randes als Mittelborsten bezeichnet habe. Sie bestehen im Gegensatze zu den Randborsten aus zwei deutlich geschiedenen und im Bau abweichenden Theilen. Der untere, den ich Basaltheil nen- nen will, ist kurz, eylindrisch aber am Grunde deutlich verbreitert (Taf. I. Fig. 5 bei b). Er besteht aus denselben Elementen, wie die unter der Epidermis liegenden Schichten des Grundgewebes der Laminahälften selbst, d. h. aus parenchymatischen, wenig und zwar in der Längenrichtung der Mittelborsten verlängerten Zellen. Ein Gefässbündel enthält er nicht und bildet dadurch einen wesentlichen Gegensatz zwischen Mittel- und Randborsten, doch nimmt seine Axe ein Strang engerer, kurzer Zellen mit sehr kleinen Kernen ein, aber nie Gefässe (Taf. II. Fig. 5 bei m). Dieser basale Theil fungirt als Gelenk der Mittelborsten und ist demgemäss oft am Rande ein- mal oder mehrmals eingebogen und erscheint dann im optischen Längsschnitte wie gekerbt. Wenn die Mittelborsten unter rechten Winkeln zur Blattoberfläche unbeweglich stünden, so könnten sie leicht abgebrochen werden, wenn das Blatt sich schliesst, und dieses würde dadurch seine wichtigsten Organe einbüssen. Das Gelenk gestattet dagegen denselben sich umzulegen, wenn sich das Blatt schliesst, und in dieser Lage sind sie oft von mir beobachtet worden. Selbst wenn ein Theil der Lamina, worauf eine Mittelborste sitzt,
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zwischen Hollundermark gebracht wurde, um einen Längsschnitt durch dieselbe zu führen, so brach sie dennoch nie ab, sondern be- fand sich auf dem Schnitte nur noch in mehr oder minder nieder- gebeugter Stellung.
Der obere, sehr viel längere und kegelförmige Theil, welcher als die eigentliche Mittelborste bezeichnet werden mag, ist an seinem unteren Ende, wo er mit dem Basaltheile sich verbindet, plötzlich eingesehnürt und besteht aus sehr verlängerten und engen Zellen (Taf. II. Fig. 5 bei 0); wo er mit einem centralen, kreisförmigen Theile aufsitzt, enthält er kurze, polygonale, meist sechseckige Zellen.
Die Zellen des kegelförmigen Theiles oder der eigentlichen Mittel- borste sollen nach Darwin gewöhnlich mit einer purpurfarbenen Flüssigkeit erfüllt sein, welche, wie diejenige in den Drüsen von Dionaea und die der Zellen in den Köpfehenhaaren von Drosera Aggregation zeigt, deren Verlauf aber bei den Mittelborsten einen _ umgekehrten Weg nimmt, als bei Drosera, d. h. von der Basis zur
Spitze geht; ich selbst habe diese purpurne Flüssigkeit in den Zellen der Mittelborsten von Dionaea nie gefunden.
Die Mittelborsten entstehen durch Ausstülpung eines Zelleneom- plexes aus dem Grundgewebe des Blattes, bedeckt gleichmässig vom Dermatogen und in diesem frühen Zustande von ungefähr halbkuge- liger Gestalt, wie Querschnitte durch sehr junge Blätter zeigen, welche eine von den Mittelborsten getroffen haben. Indem sich nun diese Emergenz verlängert, nimmt zugleich ihr oberer Theil an Umfang zu, während der untere darin hinter ihm zurückbleibt, so dass die junge Mittelborste in diesem Zustande eine keulenförmige Gestalt, jedoch mit etwas verjüngter Spitze, besitzt (Taf. Il. Fig. 4). Die Zellen des oberen Theiles verlängern sich nun einfach bedeutend in der Richtung der Längsaxe, während derselbe zugleich immer mehr sich zuspitzt und zu dem kegelförmigen oberen Ende der Mittelborste ausbildet. Im unteren Theile dagegen erfahren die einzelnen Zellen keine weiteren bemerkenswerthen Veränderungen, um dasjenige Gebilde zusammenzusetzen, welches ich oben als das Gelenk der Mittelborsten bezeichnet habe. Aus obiger anatomischer Untersuchung ergiebt sich, dass die Mittelborsten und Randborsten morphologisch nicht gleichwerthig sind; die letzteren entsprechen Blattzähnen, während die ersteren den Werth von Emergenzen oder Stacheln besitzen.
Von einer Vergleichung der Anatomie der Blätter von Dionaea mit denen von Aldrovanda und Drosera, welche sehr interessante
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Homologien und Verschiedenheiten herausstellt, sehe ich, als nicht im Plane dieser Abhandlung liegend, ab'!).
Der bBlattstiel. In anatomischer Beziehung schliesst sich der Blattstiel an die Mittelrippe der Lamina an. Die Epidermiszellen sind sämmtlich langgestreckt und zwar in allen Theilen des Blattstieles in der Richtung der Wachsthumsaxe, sie sind ferner ebenfalls chloro- phylihaltig und erzeugen sowohl auf der Unter-, als auch auf der Oberseite zahlreiche Sternhaare (Taf. III. Fig. 4 bei st) und Spalt- öffnungen. Durch letzteren Umstand wird der breitgeflügelte Blatt- stiel, wie ich meine, gewissermassen zum Ersatz für die Oberseite der Lamina, welche keine Spaltöffnungen trägt, weil sie bei ihrer Funetion geschlossen sein muss. In dieser Ansicht bin ich bestärkt worden durch die sehr grosse Anzahl der Spaltöffnungen auf den Flügeln des Blattstieles unten und nicht minder oben. Die Spalt-' öffnungen sind auf dem Blattstiele sogar sehr viel zahlreicher als die Sternhaare. Bisweilen stehen einzelne der letzteren auf der Spitze ähnlicher Erhebungen des Blattstielgewebes, wie ich zwischen den Randborsten der Lamina beobachtet habe. Beide, Spaltöffnungen wie Sternhaare, stimmen im anatomischen Bau mit denjenigen der _ Lamina völlig überein, weshalb hier auf diese verwiesen wird. Auch in Betreff des Grundgewebes ist nichts wesentlich Verschiedenes von demjenigen der Mittelrippe der Lamina anzuführen. Dasselbe besteht aus im Querschnitte rundlichen, in derselben Richtung, wie die der Epidermis, verlängerten, parenchymatischen Zellen, welche vom Umfange nach innen zu an Weite, Länge und Dünnwandigkeit zunehmen. Hervorgehoben verdient aber noch zu werden die Anord- nung der chlorophyliführenden Zellen; nämlich wie in der Lamina enthalten nicht alle Zellen gleichmässig Chlorophyll; sehr chlorophyll- reich sind die äusseren, unter der Epidermis liegenden Zellenschich- ten des Grundgewebes, ferner diejenigen in der Umgebung der Gefässbündel, welche wieder enger sind, und endlich einzelne, grössere oder kleinere Gruppen von Zellen, die vom Rande nach innen vor- springen, oder ganz von farblosem Grundgewebe umgeben sind, eine bestimmte, gesetzmässige Anordnung übrigens aber nicht erkennen lassen. Im Querschnitte des Blattstieles bei einer schwachen Ver- grösserung erscheinen darum nur die Flügel völlig grün, weil hier die chlorophylliführenden Randschichten der Ober- und Unterseite
1) Vergleiche über Aldrovanda: Cohn, Flora 1850 No. 43 und Jahresber. der Schles. Gesellschaft pro 1850 p. 108—114; Caspary, Botanische Zeitung 1559; über Drosera: Nitschke, De Droserae foliorum irritabilitate, Disser- tation 1354, Botanische Zeitung 1860 und 1861.
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einander berühren, ohne farbloses Grundgewebe zwischen sich zu lassen; die im Querschnitte ungefähr halbkreisförmige Mittelrippe erscheint dagegen fast farblos, umgeben von einem grünen Rande und einzelne grüne Zellengruppen wie Inseln umschliessend.
Der Gefässbündelverlauf im Blattstiele ist weitaus verschieden von demjenigen in der Lamina. Auch im ersteren unterscheidet man zwar ein axiles, sehr grosses und zahlreiche laterale, sehr, viel schwächere Gefässbündel, doch zweigen sich die letzteren unter sehr spitzen Winkeln von dem mittleren ab (Taf. III. Fig. 3) und laufen deshalb mit ihm eine Strecke ungefähr parallel oder in flachen Bogen und vereinigen sich wieder mit den nächst oberen. Sie gabeln sich ihrerseits unter denselben Winkeln und theilen sich dabei in immer schwächere Gefässbündel, bis am Rande des Blattstieles die feinsten derselben blind im Grundgewebe verlaufen. Auch die weiten Maschen des Gefässbündelnetzes werden von schwächeren Gefässbündeln aus- gefüllt und eben solche verbinden auch das mittelste Gefässbündel mit dem ihm benachbarten. Ein Blattstielquerschnitt zeigt deshalb zu beiden Seiten des axilen grössten noch mehrere kleinere Gefäss- bündel in der Mittelrippe und namentlich in den Flügeln, die alle unge- fähr in einer geraden Linie liegen und um so mehr an Zahl zuneh- men, je weiter oben der Querschnitt genommen wird. Noch muss hervorgehoben werden, dass eine Symmetrie in der Verzweigung der Gefässbündel zu beiden Seiten des axilen keineswegs besteht (Taf. III. Fig. 3), wenn auch der Verlauf in beiden Flügeln der- selben Regel folgt.
Die Gefässbündel des Blattstieles enthalten im Xylemtheile zwar nicht ausschliesslich, wie in der Lamina, aber doch vorwiegend Spiralgefässe, daneben aber noch Ring- und Netzgefässe, und der Weichbast, aus Cambiform und Gitterzellen bestehend, ist auf der Unterseite bei Weitem stärker entwickelt, als auf der oberen.
Der sehr kurze, ungeflügelte, oberste Theil des Blattstieles zwi- schen dem geflügelten und der Laminabasis ist im Querschnitte unge- fähr kreisrund, enthält nur das mittlere grösste Gefässbündel (Taf. 1. Fig. 3 bei z) und trägt auf allen Seiten Sternhaare und Spaltöffnun- gen, er schliesst sich also in letzterer Beziehung an den Blattstiel an.
Die bisher geschilderten anatomischen Verhältnisse betrafen nur die oberirdischen Theile des Blattstieles, über die unterirdischen sind aber noch einige Punkte von Bedeutung hervorzuheben:
Oberhalb des die Umgebung von Dionaea muscipula bei unseren Kulturen bildenden Torfmooses verschmälert sich der Blattstiel all-
mählich von seiner Spitze ab nach der Basis, unterhalb der Erd- Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band II, Heft I, 4
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oberfläche dagegen verbreitert er sich wieder in einen nicht mehr grünen, sondern weissen oder gelblichen, blattscheidenähnlichen, im Querschnitte eoncav-convexen oder sichelförmigen Basaltheil. Diese Theile sämmtlicher alten Blätter bilden zusammen eine Art Zwiebel (Taf. I. Fig. 1 bei b) und sind auch, physiologisch genommen, wie wir sogleich sehen werden, einer solchen äquivalent.
In der Anatomie ist zunächst als unterscheidend von den ober- irdischen Theilen zu betonen, dass ein Zunehmen in der Weite und überhaupt Grösse der Zellen des Grundgewebes von aussen nach innen nicht stattfindet, alle Zellen desselben sind vielmehr gleich gross (Taf. III. Fig. 5 bei gr) und zwar ebenso gross als die inner- sten Zellen im Grundgewebe des oberirdischen Theiles des Blatt- stieles. Deshalb ist auch die einschichtige Epidermis, deren Zellen eng sind (Taf. III. Fig. 5 bei e), wie im chlorophylihaltigen oberen Theile, und auf der Ober- und Unterseite Sternhaare erzeugen, gegen die unmittelbar unter ihr liegende Zellenschicht scharf abgesetzt, während letztere im oberen Theile ungefähr ebenso grosse Zellen enthielt. Sämmtliche Zellen des Grundgewebes sind nicht mehr rundlich, sondern eckig, von geraden Wandungen begrenzt und schliessen in der Regel ohne Intercellularräume dicht zusammen. Was endlich den Inhalt anbetrifft, so enthalten sie sämmtlich, sowie auch die Epidermiszellen ausschliesslich Stärkekörner und zwar in so ungeheurer Menge, dass nicht der geringste leere Raum übrig bleibt, die Zellwände nicht mehr deutlich unterschieden werden kön- nen und die dünnsten Schnitte ganz undurchsichtig sind, wenn nicht die Stärkekörner durch Kali aufgequellt und dadurch zugleich durch- sichtig gemacht werden. Die unterirdischen Scheidentheile der Blät- ter dienen also als Reservestoffbehälter der perennirenden Pflanze. Die Gestalt der Stärkekörner ist abweichend von denen im oberirdi- schen Blattstiele und in der Lamina. Denn während sie hier oval sind (Taf. III. Fig. 1), wie wir sahen, haben sie im Scheidentheile eine mehr oder weniger verlängerte, eylinder- oder stäbehenförmige Gestalt (Taf. IlI. Fig. 2), ohne indessen anders gebildete auszu- schliessen, namentlich enthalten die engeren Zellen in der Umgebung der Gefässbündel in mehreren Schichten kleinere und ovale Stärke- körner. Natürlich findet einerseits in Bezug auf die Form der Zellen des Grundgewebes, andererseits hinsichtlich ihres Inhaltes ein all- mählicher Uebergang zwischen den chlorophyllhaltigen im oberirdi- schen Theile des Blattstieles und den bloss Stärke enthaltenden des unterirdischen Statt.
Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Dionaeablattes. Höchst
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interessant ist die Entwickelungsgeschichte des Blattes von Dionaea. Nur beim „völlig ausgewachsenen Blatte bildet die Mittelrippe der Lamina die geradlinige Verlängerung des Blattstieles; bei jüngeren bildet sie mit demselben einen stumpfen Winkel, vorher einen rechten, Ja spitzen, und bei den jüngsten Blättern, welche noch über die Erd- oberfläche emporragen und in dem Mittelpunkte der Blätterrosette gesehen werden, liegt die Lamina mit ihrem gezähnten Rande’ auf der oberen Fläche des Blattstieles auf (Taf. I. Fig. 1 bei 1), oder genauer, da der letztere in diesem Falle noch nicht flach aus- gebreitet ist, sondern seine noch schmalen Flügel senkrecht zur Mittelrippe aufgerichtet sind, so liegt die Lamina in dem rinnen- förmigen Blattstiele (Taf. III. Fig. 4) ganz so, wie die Klinge eines zusammengeklappten Taschenmessers in der Scheide desselben. Bei noch jüngeren Blättern, welche aber von oben nicht mehr sichtbar sind, sondern tief unter dem Boden im rinnenförmigen Stiele des nächst älteren Blattes verborgen stecken, wächst der Winkel, welchen die Lamina mit dem Blattstiele bildet, wieder bis zum gestreckten; diese Blattanlagen sind farblos und können erst nach dem Ausheben der Pflanze und Entfernen aller älteren Blätter aufgefunden werden.
Die Lamina hat also im jüngsten Zustande dieselbe Lage, wie im erwachsenen und beschreibt im Verlaufe ihrer Entwiekelung zuerst einen Winkel von 180° in der Richtung zum Vegetationspunkte, um später merkwürdiger Weise denselben Weg wieder zurück zu machen. Allein ausser der Verschiedenheit der Lage in den auf einander folgenden Altersstufen haben wir noch die viel auffallendere Verschiedenheit in der Gestalt der Lamina zu betrachten.
Den Vegetationspunkt von Dionaea zu untersuchen ist darum nicht ohne Schwierigkeit, weil derselbe tief im Centrum in den zwiebelförmigen Basen der in einander geschachtelten jungen Blätter verborgen ist. Bei einem gelungenen Präparate glückte es mir, die Jüngsten Blattanlagen bloss zu legen, welche von dem nicht kegel- förmig erhobenen, sondern flachen Vegetationspunkte erzeugt waren. Diese Blattanlagen zeigten die Gestalt zusammengedrückter Kegel mit stumpfer Spitze (Taf. III. Fig 7), an denen zwischen Blattstiel und Spreite noch keine Sonderung erkennbar ist, doch entspricht ohne Zweifel der primäre Blattkegel der zukünftigen Lamina, welche demnach zuerst gebildet ist; jedoch bleibt die Lamina bald in ihrem Wachsthume weit gegen den sich an ihrem Grunde ausbildenden Blatt- stiel zurück und vollendet erst sehr spät ihre vollständige Entwicke- lung, wenn der Blattstiel schon lange ausgewachsen ist. Die Lamina
der jüngsten Blätter besteht ausschliesslich aus der später so genannten 4*
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Mittelrippe derselben. Sie stellt in diesem Zustande einen sehr kur- zen, stumpfen, länglichen Gewebekörper dar, von im Querschnitte eiförmigem Umrisse, dessen breiteres Ende der definitiven Unter- seite angehört (Taf. II. Fig. 8), während an seinem spitzeren Ende sich die beiden Seitentheile als stumpfe Protuberanzen erheben, rin- nenförmig einen halbeylinderförmigen, der Länge nach offenen Hohlraum einschliessend. Indem sich dieselben verlängern, krümmen sie sich zugleich mit ihren Rändern einwärts, so dass sie nach innen eingerollt erscheinen (Taf. II. Fig. 9), wie die Spitzen junger Farnblätter und die Blattfiedern von Cycas, wenn sie aus der Knospe hervortreten. Die später so auffallend verlängerten Grundgewebezellen der Lamina- hälften sind in dem oben geschilderten Entwickelungszustande des Blat- tes noch kurz. Die späteren Randborsten erscheinen als stumpfe Zähne. Die am Rande eingerollten Laminahälften umgeben jetzt eine allseitig geschlossene Höhlung, später strecken dieselben sich wieder gerade und greifen nur noch mit den Randborsten in einander; endlich biegen sich auch diese aus einander und das Blatt ist nun geöffnet und bereit, nach der Reizung sich wieder zu schliessen.
Die Entwickelungsgeschichte des Blattstieles ergiebt sich aus dem Vorstehenden zum Theil von selbst. Zu jener Zeit, wo die Lamina einen spitzen Winkel mit ihm bildet, ist er, umgekehrt wie im fer- tigen Zustande, an seiner Basis ein wenig breiter geflügelt als an der Spitze; wenn die Lamina parallel zum Blattstiele auf diesem aufliegt, so sind die schmalen Flügel seiner ganzen Länge nach un- gefähr gleich breit und er hat dann ungefähr dieselbe Gestalt, wie der untere, über dem Boden noch sichtbare Theil eines ausgewach- senen Blattstieles d.h. er ist rinnenförmig mit nach oben gerichteten Flügeln und im Querschnitte sichelförmig (Taf. III. Fig. 4), wobei aber die Mittelrippe auf der Unterseite stark vorspringt. Sowie sich die junge Lamina wieder vom Blattstiele erhebt und der Winkel wächst, den sie mit ihm bildet, nimmt auch derjenige der beiden Blattstielflügel zu, welche sich zugleich verbreitern, bis dieselben in einer Ebene ausgebreitet sind.
Abnormitäten. Die bisher geschilderte Form des Blattes mag als die normale betrachtet werden, doch beobachtete ich noch andere Er- scheinungsweisen in Bezug auf Grösse von Blattstiel und Lamina, und Gestalt des ersteren. Mehrere Blattstiele dreier, schwacher Exemplare waren auffallend lang und schmal (Taf. I. Fig. 1 bei 3), die Flügelung nicht in dem gewöhnlichen Masse mit der Höhe wachsend und darum auch der Blattstiel nur undeutlich keilförmig. Die Lamina mehrerer anderer Blätter, deren Entwieckelung ich verfolgen konnte, erreichte
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ihre endliche Gestalt bei sehr geringen Dimensionen, während der Blattstiel noch sehr kurz, aber desto breiter geflügelt war (Taf. I. Fig. I bei 6). Bei denselben Blättern zeigte sich noch eine Aus- nahme, deren‘ schon Ellis Erwähnung thut. Der Blattstiel war nämlich an seiner breitesten Stelle am Rande gezähnt und auch hier mehr abgerundet, als gewöhnlich, im Uebrigen aber ganzrandig. Solche Blattstiele waren an der Spitze entweder .normal abgestutzt, oder auch ausgerandet, so dass im letzteren Falle der Blattstiel, der zugleich kurz war, eine vollkommen herzförmige Gestalt besass.
Ich hatte auch zu beobachten Gelegenheit, wie sich Blattstiele unabhängig von der Lamina fertig entwickelten. Die letztere blieb auf dem Punkte stehen, wo sie nur noch einen sehr stumpfen Win- kel mit dem Blattstiele bildete und ihre Ränder noch eingerollt hatte und starb in diesem Zustande ab.
Von der Einwirkung chemischer Reagentien auf die Zellen des Blattes. Die Zellen des Blattes von Dionaea zeigen in mehreren Be- ziehungen ein ungewöhnliches Verhalten gegen Reagentien, welches auf die Anwesenheit eines eigenthümlichen Stoffes hinweist, dessen Natur jedoch bis jetzt nicht auszumitteln ist. Anscheinend findet sich derselbe in den lebenden Zellen in saurer Lösung und wird daher durch Basen ausgefällt, durch Säuren wieder aufgelöst. Ammoniak färbt die rothen Drüsen auf der oberen Seite der Lamina grünlich und fällt aus den Zellen, welche Stärke enthalten, einen feinkörnigen Stoff aus. Neu- tralisirtt man das Ammoniak durch Essigsäure, so wird dadurch die rothe Farbe der Drüsen wiederhergestellt und die Körnchen in den Zellen werden wieder aufgelöst und verschwinden. Wurde nunmehr Kali zugesetzt, so entfärbte es die Drüsen wieder und quellte die Stärkekörner auf, indem es sie zugleich durchsichtig machte. Schliesslich fällt es die Körnchen mit grüner Farbe wieder aus, die auf Zusatz von Ammoniak in den Zellen sich gebildet hat- ten. Wird das Kali sorgfältig wieder ausgewaschen und sodann Jod (in Jodkalium) zugesetzt, so werden die Zellen gleichmässig blau oder violett gefärbt. Ich habe deshalb in den meisten Fällen bei Dionaea erst Kali angewendet, bevor Jod zu den Präparaten hinzu- gesetzt wurde, um die verschiedenen Theile dieser Pflanze auf Stärke zu untersuchen, besonders dann, wenn es sich um nur geringe Mengen derselben handelte.
Bei der Prüfung der Zellen von Dionaea auf Stärke vermittelst Jod zeigte sich mir die schon oben berührte Erscheinung, dass die Zellen solcher Blätter, welche kleine Thiere gefan- gen hatten, oder mit Eiweiss gefüttert worden waren,
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nachdem sie diese Substanzen einige Tage eingeschlos- sen gehalten hatten, gar keine oder doch bei Weitem weniger Stärke enthielten, als diejenigen, welche noch keine organische Nahrung zu sich genommen hatten. Von den zur Erledigung dieser Frage von mir angestellten Ver- suchen will ich nur die folgenden anführen.
Versuch I. Ein Blatt, welches, als ich das betreffende Exem- plar erhielt, fest geschlossen war, zeigte bei der gewaltsamen Oeff- nung noch Stücke des Hautskeletes eines Insecetes eingeschlossen, welches sich aber nicht weiter mehr bestimmen liess. Von diesem Blatte nahm ich einen Querschnitt durch die Mitte des Stieles und behandelte denselben zuerst mit Kali, um etwa vorhandene Stärke- körner aufzugnellen. Als nach Auswaschung des Kali Jod zugesetzt wurde, erwiesen sich als stärkehaltig nur einige wenige Zellen (etwa 5—6), welche in der Umgebung des mittelsten, grössten Gefässbün- dels lagen. |
Versuch II. Von einem vollständig entwickelten Blatte, wel- ches aber seine Lamina noch nicht geöffnet hatte, mithin noch gar keine organische Nahrung zu sich genommen hatte, wurde ebenfalls, wie im ersten Versuche, durch den Blattstiel ein Querschnitt gemacht, und derselbe auf die nämliche Weise, wie im vorhergehenden Falle behandelt. Hier aber färbten sich sämmtliche, überhaupt Inhalt führende Zellen sogleich ganz oder doch zum grössten Theile tief dunkelblau.
Beide Versuche wurden von mir mit anderen, denselben Bedin- gungen unterworfenen Blättern zu wiederholten Malen angestellt, lieferten aber immer dasselbe Ergebniss.
Versuch Ill. Querschnitte durch die Spreite selbst des erst- erwähnten Blattes, welches ein Thier eingeschlossen hatte, zeigten auch nicht eine Spur von Stärke.
Versuch IV. Dagegen waren sämmtliche Zellen in der Mittel- rippe der Lamina des schon zum zweiten Versuche verwendeten Blattes (welches noch keine organische Nahrung zu sich genommen hatte) auf dem Querschnitte sehr reichlich mit Stärke erfüllt.
Es ist schon beim Blattstiele ausführlich angegeben worden, dass in dem scheidenförmig verbreiterten, unter dem Boden befindlichen, weissen Basaltheile der Blätter sämmtliche Zellen ausschliesslich und ausserordentlich reichlich mit Stärke erfüllt sind. Dieses Verhalten ist nun das Nämliche sowohl bei Blättern, welche thierische oder überhaupt organische Nahrung absorbirt haben, als auch bei solchen, wo dieser Fall nicht eingetreten ist.
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Weil also mit der Aufnahme von organischer Nahrung der Stärke- gehalt schwindet, aber nur in den oberirdischen, eblorophylihaltigen Zellen, so können wir daraus den Schluss ziehen, dass in denjenigen Blättern, in welchen neben anorganischer auch organische Substanzen aufgenommen werden, die Assimilation, d. h. die Erzeugung von Kohlenhydraten im Chlorophyll und die Absorption organischer Stoffe einander ausschliessen. Dagegen bedarf es keines neuen Beweises mehr, dass die Gegenwart von Blattgrün die Aufnahme organischer Substanz nicht ausschliesst.
Wir gehen nun zur Einwirkung weiterer Reagentien zurück.
Kali färbt die Zellen von Dionaea braunroth und die Gefässe eitron- oder goldgelb bis gelbbraun, wenn der betreffende Pflanzentheil zuvor längere Zeit in Alkohol gelegen hat. Wird aber hierauf Salzsäure oder besser noch Essigsäure zugesetzt, so wird alles wieder vollständig entfärbt und ganz durchsichtig gemacht. Dieselbe Reaction ist auch bei Drosera rotundifolia L. beobachtet worden. — Chromsäure mit sehr viel Wasser verdünnt färbt die Gefässe ebenfalls zuerst roth- braun und macht sie undurchsichtig, binnen 24 Stunden entfärbt sie sie aber wieder und macht alle Theile ausserordentlich durchsichtig. Ich habe deshalb Chromsäure als das wirksamste Mittel erprobt, um Schnitte durch alle Theile von Dionaea vollkommen farblos und besonders durchsichtig zu machen, nur muss dieselbe nicht zu con- eentrirt angewendet werden, wenn man die Maceration vermeiden will.
Ein Blatt, welches Polydesmus complanatus eingeschlossen hielt, wie sich bei der gewaltsamen Oefinung der fest geschlossenen Lamina- lappen noch deutlich erkennen liess, wurde in absoluten Alkohol gelegt, worauf sich binnen 24 Stunden die ganze Blattspreite tief schwarz färbte, während der Blattstiel auf die gewöhnliche Weise entfärbt wurde. Auf Zusatz von concentrirter Salpetersäure verlor die Lamina ihre schwarze Färbung und nahm dafür eine braunrothe an, blieb auch nicht mehr so undurchsichtig, so dass man das ein- geschlossene Thier wieder durchschimmern sehen konnte. Nachdem die Säure ausgewaschen und Kali zugesetzt wurde, färbte sich das Blatt wieder schwarz oder vielmehr blauschwarz, indem diese Fär- bung von den Randborsten ihren Anfang nahm und rasch nach der Mittelrippe zu sich fortsetzte. In beiden Fällen, sowohl bei der Röthung, als auch bei der Schwärzung, waren es die Zellenmembra- nen selbst, welche gefärbt wurden.
Die schwarzen Flecken endlich, welche ich immer auf den Blät- tern von Dionaea, bevor sie abstarben, beobachtete, werden gebildet durch sehr zahlreiche schwarze Körmer in den Zellen. Was ihr
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Verhalten gegen chemische Reagentien anbelangt, so habe ich nur zu bemerken, dass dieselben durch Salpetersäure nach wenigen Minuten sehr schön orangeroth gefärbt werden. Schwefelsäure, Salzsäure und Ammoniak übten auf die schwarzen Flecken keinerlei Einwirkung.
Der Stamm. Zur Untersuchung der Anatomie des Stammes sowie der, Wurzeln von Dionaea war das geringe mir zu Gebote gestellte Material nicht ganz ausreichend und ich beschränke mich daher auf einige Bemerkungen. Der ganz unterirdische Stamm von Dionaea ist sehr kurz und breit, aber mit blossen Augen an der Pflanze kaum wahrzunehmen. Die Blätter sitzen ihm mit breiten Insertions- flächen auf, ohne Internodien zwischen sich zu lassen (Taf. II. Fig. 6). Das Gesetz der Blattstellung habe ich noch nicht ausmitteln können; die jüngsten Blätter sind scheinbar zweireihig angeordnet (Taf. III. Fig. 7) und befinden sich in übergreifender Deckung, indem sie mit ihren Blattstielflügeln einander abwechselnd ganz bedecken. Später zeigen die Blätter offenbar spiralige Blattstellung.
Die Gefässbündel des Stammes sind anscheinend in einen Holz- ring geordnet, welcher einen engen Markkörper einschliesst; sie ent- halten cambiformes Phloem und sehr zahlreiche, kurze, netzförmige oder getüpfelte Gefässe und Gefässzellen — und indem sie sich vielfach verzweigen, bilden sie wunderlich gestaltete Maschen oder Schleifen. Je eines tritt in ein Blatt und in eine Wurzel (Taf. III. Fig. 6). Man beobachtet daher auf Querschnitten durch den Scheidentheil der Blätter dicht über ihrer Insertionsfläche nur ein einziges cen- trales Gefässbündel, wie in der Mittelrippe der Lamina; nach oben wächst aber die Zahl der seitlichen kleineren Gefässbündel, die sich von dem mittleren beiderseits nach den Enden der Flügel abzweigen. Das sehr entwickelte Rindenparenchym des Stammes ist ebenso gleichmässig und einfach, wie das Grundgewebe im Basaltheile der Blätter und besteht aus wenig verlängerten, ohne Intercellularräume zusammenschliessenden Parenchymzellen, welche sämmtlich ebenso reichlich und ausschliesslich mit Stärkekörnern von derselben Form erfüllt sind; eine Epidermis bildet die äussere Umgrenzung.
Die Wurzel. Da zwei Pflanzengattungen, deren Mitglieder sich von kleinen Wasserthieren ernähren, nämlich Utrieularia und Aldro- vanda, absolut wurzellos') und die Wurzeln von Drosera kurz und
1) Dr. Ferdinand Cohn: Ueber die Function der Blasen von Aldrovanda und Utrieularia in „Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Herausgegeben von Dr. Ferdinand Cohn. Band l. Drittes Heft, Breslau 1875.“
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schwach sind, so erwartete ich das Letztere auch bei Dronaea zu finden. Dem ist jedoch nicht so. Die primäre Wurzel habe ich an meinen Exemplaren von Dionaea nicht mehr angetroffen, statt ihrer eine Anzahl Nebenwurzeln, welche sehr lang (Taf. I. Fig. 1 bei w) und verhältnissmässig stark sind. Ich beobachtete mehrere, welche bei 2 Centimeter Länge schon 0,5 Millimeter im Durchmesser hatten. Sie entstehen innerhalb des kurzen Stammes auf dem Holzring und durchbrechen die Rinde; ihre Gestalt ist fadenförmig-eylindrisch, doch sind dieselben einige Millimeter über der Wurzelspitze, wenn auch schwach, verdickt. Bezeichnend ist der Umstand, dass diese Nebenwurzeln sich niemals verzweigen. Sie sind begrenzt von einer Epidermis, deren Zellen zu sehr zahlreichen, langen, dünnen, unge- theilten, schlauchartigen, später braun werdenden Wurzelhaaren aus- wachsen. Das unter der Epidermis befindliche Parenchym der Wurzel- rinde besteht aus etwa 5 Zellschiehten, welche reich an kleinkörniger Stärke sind. Allmählich vertroeknen die Zellen der Oberhaut und die äussersten Zellreihen der Wurzelrinde, und ihre Membranen werden braun gefärbt, weshalb auch die ganze Wurzel oberhalb der Spitze ringsum dunkelbraun ist. Die Bräunung der Rindenzellen schreitet immer weiter nach innen, also centripetal vorwärts bis zur Gefässbündel- scheide. Dieselbe ist einschichtig und enthält verlängerte, recht- winkelig begrenzte, schmale Zellen (Taf. III. Fig. 8 bei gs), deren radiale Scheidewände auf dem Querschnitte durch die Wurzel recht deutlich die schwarzen Punkte zeigen, welche auch sonst bei ein- fachen Strangscheiden im Stamme vorkommen und von einer eigen- thümlichen Faltung dieser Wandungen herrühren'). Der starke axile Gefässbündeleylinder besteht hauptsächlich aus weiten Holz- zellen; acht radiale Reihen von grossen Gefässen, deren Wände stärker, treppenförmig verdickt, und oft braun gefärbt sind, bilden auf dem Querschnitt einen achtstrahligen Stern; zwischen ihnen befinden sich kleine Phloembündel. Der Vegetationspunkt an der Wurzelspitze besteht aus kubischem Meristem und ist von der gross- zelligen Wurzelhaube bedeckt; er zeigt eine rothe Färbung des Zell- inhalts, ähnlich wie die Wurzelspitze von Drosera.
Zum Schlusse lasse ich noch eine kurze Zusammenstellung der Ergebnisse meiner Untersuchungen folgen:
1. Jede Laminahälfte ist schwach Sförmig gebogen, eine Höh- lung für die aufzunehmenden Thiere bildend; der breitgeflügelte Blattstiel ist eben.
2)’Sachs ]. c. S. 126:
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Tr
2. Die Zellen der Epidermis sowie diejenigen des Grundgewebes sind gestreckt und zwar a) im ganzen Blattstiele und in der Mittel- rippe der Lamina in der Längenrichtung des Blattes, b) in der übrigen Lamina senkrecht zu dieser Richtung.
3. Die Epidermiszellen enthalten ebenfalls Chlorophyll.
4. Sie erzeugen auf der Ober- und Unterseite des Blattstieles und auf der Unterseite der Lamina zahlreiche Spaltöffnungen und Sternhaare, auf der Oberseite der Lamina nur Drüsen.
5. Die Drüsen stehen in Vertiefungen der Epidermis und sind gebildet von einem zweizelligen Basaltheile, einem zweizelligen, kur- zen Stiele und dem zweischichtigen runden, nach oben convexen Drüsenkörper.
6. Die Sternhaare sind analog zusammengesetzt; nur wachsen die Zellen der obersten Schicht in gerade, divergirende Schläuche sternförmig aus.
7. Die Sternhaare entstehen sehr viel früher als die Drüsen; erstere sind schon fertig ausgebildet, während letztere noch nicht einmal angelegt sind.
8. Die Sternhaare sind den Drüsen homolog.
9. Die Lamina trägt am (gekrümmten) Seitenrande zahlreiche (15—20) Blattzähne, auf ihrer Oberseite Stacheln, in der Regel sechs,
10. Die Blattzähne (Randborsten) sind schlank, dreiseitig pyra- midal, besitzen ringsum Sternhaare und Spaltöffnungen und enthalten je ein Gefässbündel näher der Blattober- als der Unterseite.
11. Zwischen je zwei Randzähnen sitzt ein Sternhaar, bisweilen auf der Spitze einer stumpfpyramidalen Erhebung, welche aber kein Gefässbündel enthält.
12. Die Stacheln (Mittelborsten) bestehen aus zwei Theilen, der basale fungirt als Gelenk und enthält einen axilen Zellenstrang; der obere, kegelförmige, an der Basis eingeschnürte Theil entbehrt auch dieses Zellenstranges.
13. Die Zellen der Stacheln, wie der Drüsen zeigen Aggregation.
14. Im oberirdischen, grünen Theile des Blattstieles und in der Mittelrippe der Lamina nehmen die Zellen des Grundgewebes von aussen nach innen an Weite des Lumens und Länge zu; die mehr oberflächlichen und die in der Umgebung der Gefässbündel sind grün, die übrigen (innern) farblos.
15. In der Lamina mit Ausnahme ihrer Mittelrippe setzen die inneren Zellen des Grundgewebes ein dem Schwammgewebe ähnliches, aus sehr weiten, farblosen Zellen mit wellig gebogenen Wänden und wenigen, kleinen Intercellularräumen zusammen.
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16. Die Epidermiszellen der Laminaoberseite und Grundgewebe- zellen unter ihnen sind weiter als die der Unterseite.
17. Die Chlorophylikörner enthalten in dem Falle, dass das Blatt noch keine organische Nahrung zu sich genommen hat, reich- lich Stärke.
18. Die Stärke nimmt mit der Aufnahme organischer Stoffe durch die Blätter ab und verschwindet endlich vollständig aus den oberirdischen Theilen.
19. Die Basen der Blattstiele sind in unterirdische, farblose, scheidenartige Theile verbreitert, welche zusammen eine Art Zwie- bel bilden.
20. Ihr Grundgewebe enthält lauter gleichmässig weite und gleich lange Zellen, welche vollständig und ausschliesslich mit Stärke erfüllt sind, sowohl vor, als auch nach der Aufnahme und Absorp- tion organischer Substanzen.
21. Die Stärkekörner in den oberirdischen Theilen des Blatt- stieles und in der Lamina sind oval, im basalen Scheidentheile des Blattstieles dagegen ceylinder- oder stäbehenförmig.
22. Die lebenden Zellen der Lamina und des Blattstieles ent- halten einen im Zellsafte gelösten, farblosen Stoff, welcher durch Basen in dunkelen Körnchen ausgefällt, durch Säuren aber wieder aufgelöst wird.
23. Die Drüsen enthalten keine Stärke.
24. Die rothe Färbung der Drüsen wird durch starke Basen in grün verändert, durch Säuren wiederhergestellt.
25. Farblose Drüsen wurden nach der Absorption roth gefärb- ten Eiweisses durch die Blätter geröthet, ebenso die Gefässbündel bis in den Blattstiel hinein roth gefärbt, was die Absorption evident macht.
26. Beim Absterben bilden sich im Blattgewebe schwarze Kör- ner, welche schwarze Flecken auf den Blättern erzeugen.
27. Der Blattstiel enthält in der Mittelrippe ein axiles, sehr mächtiges Gefässbündel, in den Flügeln von ihm sich abzweigend schwächere, die einen bogennervigen Verlauf nehmen, sich aber verzweigen und in immer schwächere Zweige spalten. Symmetrie findet dabei nicht Statt.
28. In der Mittelrippe der Lamina verläuft nur das axile, grosse Gefässbündel; von ihm zweigen sich unter rechten Winkeln parallele Gefässbündel ab, die sich nahe dem Rande zweitheilen und wieder- vereinigen.
29. Je ein so entstandenes Gefässbündel tritt in eine Rand- borste ein.
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30. Das Phloem der Gefässbündel besteht aus Weichbast; das Xylem in denen der Lamina ausschliesslich aus Spiralgefässen, im Blattstiele auch aus anderen Gefässen.
31. In den jüngsten Blättern ist Lamina und Blattstiel nicht zu unterscheiden, doch entspricht die zuerst aus dem flachen Vegetations- kegel hervortretende Anlage der späteren Lamina, bleibt jedoch län- gere Zeit sehr gegen den an ihrem Grunde sich entwickelnden Blatt- stiel zurück. Die Lamina bildet zuerst eine geradlinige Fortsetzung des Stieles, beschreibt dann, sich nach dem Vegetationspunkt bewe- gend, einen Winkel von 180°, legt sich in den rinnenförmigen Blattstiel und macht dann denselben Weg wieder zurück.
32. Die Lamina ist in der Jugend mit ihren Seitenrändern ein- wärts gerollt.
33. Später breitet sich der Blattstiel in eine Ebene aus; die Lamina erreicht zuletzt ihre vollkommene Entwickelung.
34. Der Stamm ist kurz und breit, mit Holzring, von den Gefässbündeln quer durchzogen, deren je eines in ein Blatt und in eine Wurzel eintritt.
35. Die Neben-Wurzeln sind lang und stark, niemals verzweigt, die Zellen der Wurzelspitze roth gefärbt, die Rindenzellen werden in centripetaler Richtung braun und sterben bis zur Gefässbündel- scheide ab. Die Gefässe entstehen an der Peripherie des axilen Gefässbündels, vermehren sich in centripetaler Richtung und bilden einen achtstrahligen Stern.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 3.
Figuren - Erklärung.
Tafel 1.
Ein vollständiges nicht blühendes Exemplar von Dionaea muscipula Ellis mit Blättern verschiedenen Alters. Altersfolge nach den Buchstaben a—e. — eEin völlig ausgewachsenes Blatt, welches sich über einem Insecte geschlossen hatte und sich bereits wieder an seiner Lamina- basis zu Öffnen beginnt. f Ein kleines, abnorm ausgebildetes Blatt mit an der Spitze herzförmigem und am oberen Rande gezähnten Battstiele; o Erdoberfläche; B die unterirdischen, farblosen, blatt- scheidenförmigen Basaltheile der Blätter zusammen eine Zwiebel bil- dend; A Abgestorbene braune Blattstiele; w Wurzeln, ohne Neben- wurzeln, aber mit zahlreichen Wurzelhaaren. Natürliche Grösse. (uerschnitt durch die Spreite eines ausgewachsenen Blattes, welches sich über einem Stückchen festen Eiweisses (0,06 gr.) geschlossen hat; m die Mittelrippe; g einziges, axiles Gefässbündel derselben; Il die Lamina, die doppelte Biegung zeigend; v Verschluss; rb die Randborsten; k Kreuzungspunkt derselben; hg grössere, hk kleinere Höhlung im geschlossenen Blatte; in ersterer das Eiweiss (e). Wenig vergrössert.
Eine Hälfte der Blattspreite von der Oberseite gesehen; m Mittel- rippe; e ihre Stumpfe Endigung an der Spitze; z der (ungeflügelte) Theil der Mittelrippe zwischen Laminabasis und Blattstielspitze; g einziges grosses, axiles Gefässbündel der Mittelrippe; g’ kleinere Gefässbündel der Lamina, welche sich nahe dem gezähnten Rande gabeln und wieder vereinigen; gf frühere, gs spätere Gabelung der Gefässbündel; rb Randzähne (Randborsten), je ein Gefässbündel ent- haltend; s Sternhaare zwischen den Randborsten, noch rundlich, da ihre Zellen noch nicht verlängert sind und divergiren; d Drüsen (der Blattoberseite), in der Mitte am gedrängtesten stehend und sich sogar theilweise mit ihren Rändern berührend, ringsum am Rande einen freien Saum lassend; mb die drei Stacheln (Mittelborsten) jeder Laminahälfte in ein Dreieck, dessen Spitze der Mittelrippe (m) zuge- kehrt ist, angeordnet. Vergrösserung 15.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig. Fig.
Fig.
Fig.
Bl
10.
Li:
12.
13.
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Epidermis aus der Mitte der Oberseite einer Laminahälfte, welche abgezogen wurde, nachdem das Blatt ein Stückchen durch Anilinroth gefärbten, festen Eiweisses vollständig absorbirt und sich darauf wieder geöffnet hatte. — e Epidermiszellen (gestreckt zur Mittelrippe), chlorophyllhaltig; d zwei Drüsen, die drei concentrischen Zellenreihen von 4, 8 und 16 Zellen zeigend; ds ein Drüsenstiel, dessen Drüsen- körper abgestreift worden. Vergr. 275.
Eine junge Drüse durch den Querschnitt eines noch jungen Blattes längsdurchschnitten, welche sich durch Ausstülpung einer Epidermis- zelle (b) und Abtrennung der Papille (a) durch eine Scheidewand parallel der Epidermis (e) gebildet hat; p Parenchym des Grund- gewebes. Vergr. 450.
Längsschnitt einer älteren Drüse. Die obere Zelle (a in Fig. 5) hat sich durch zwei Scheidewände parallel der ersteren (Fig. 5), die oberste der so entstandenen Zellen nochmals getheilt. Man unter- scheidet also bereits den Drüsenkörper (k), den Drüsenstiel (st) und die primäre Basalzelle (b). Vergr. 450.
Längsschnitt durch eine Drüse eines noch späteren Alters. Vergr. 275.
Längsschnitt durch eine ausgewachsene Drüse auf dem Querschnitte durch die Mitte einer Laminahälfte, weshalb die auf der Blattober- fläche senkrechte Scheidewand der beiden Basalzellen (b) und des Drüsenstieles (st) nicht zu sehen ist, da sie der Schnittfläche parallel geht. Vergr. 275. Vergleiche Tafel II. Fig. 7 bei dr, wo dieselbe Scheidewand auf dem Blattlängsschnitte durch dieselbe Stelle getroffen ist. Die übrige Bezeichnung von Fig. 7 und S wie in Fig. 6. Ein Sternhaar von der Fläche gesehen (von der Oberseite eines Blattstieles). st Stiel eines abgefallenen Sternhaares; e Epidermis- zellen. Vergr. 138.
Längsdurchschnitt eines Sternhaares auf dem Querschnitte durch die Mittelrippe der Lamina, deshalb die Scheidewand der beiden Basal- zellen (sb) und des kurzen Stieles (sst), welche der Längsrichtung der Epidermiszellen parallel geht und auf der Blattoberfläche senk- recht steht, querdurchsehnitten. hz die verlängerten und von einem Punkte ausstrahlenden Zellen des eigentlichen Sternhaares; e Epi- dermiszellen; p Parenchym des Grundgewebes. Vergr. 225. (Querschnitt durch den unteren Theil der Mittelrippe der Lamina mit einer Spaltöffnung.
Querschnitt durch die Mitte der Unterseite einer Laminahälfte, eine der beiden, einem Ringausschnitte gleichenden Schliesszellen (s) einer Spaltöffnung längsdurchschnitten zeigend.
Es bedeutet ausserdem in Fig. 11 und 12: p Porus, a Athem-
höhle, e Epidermiszellen, pa Parenchym des Grundgewebes. Vergr. in beiden Fig. (11 und 12) 225. Querschnitt durch eine Randborste. Die Seite, wo die beiden Stern- haare (st) stehen, entspricht der Unterseite der Lamina, die gegen- überliegende stumpfe Ecke der Oberseite. gf Gefässbündel, die Randborste näher der Oberseite durchziehend; gr. Grundgewebe; e Epidermis. Vergr. 65.
Fig.
Fig.
1:
ee
mn
R
63 :
Tafel I.
Epidermis von der Mitte der Unterseite der Lamina. em Epidermis- zellen der Mittelrippe, in der Längsrichtung letzterer gestreckt, ez in Bogen angeordnete Epidermiszellen zu beiden Seiten der Mit- telrippe (hier nur diejenigen einer Seite gezeichnet); el Epidermis- zellen der übrigen Blattspreite senkrecht zur Mittelrippe gestreckt, & die der Blattspitze, ß die der Basis zugekehrte Seite; sp Spalt- öffnungen; st ein Sternhaar. ' Vergr. 138.
Querschnitt durch eine seitliche Laminahälfte; der über dem Gefäss- bündel (gf), die alle in gleicher Höhe liegen, befindliche Theil des Blattgewebes, welcher dem unterhalb des Gefässbündels liegenden gleich ist, ist in der Figur weggelassen worden.
Es bedeutet e die chlorophyllhaltige Epidermis, gr peripherische chlorophylihaltige, enge, gi innere, chlorophylifreie, weite Grund- gewebezellen von aussen nach innen an Weite und Länge zunehmend; sp Spiralgefässe, ausschliesslich den Xylemtheil der Gefässbündel in der Lamina zusammensetzend; wb Weichbast (Cambiform). Vergr. 65. Querschnitt durch die Mittelrippe der Lamina; der convexe Theil der Unter-, der concave der Oberseite des Blattes entsprechend. gm einziges Gefässbündel der Mittelrippe; e Epidermis, deren Zellen, wie diejenigen des Grundgewebes (gr), auf der Blattoberseite weiter, als auf der unteren sind; st Sternhaare. Vergr. 65.
Eine junge Mittelborste. Vergr. 138.
Eine ausgewachsene Mittelborste. b der als Gelenk fungirende Basaltheil mit einem axilen Zellenstrange (m); o der obere kegel- förmige Theil oder die eigentliche Mittelborste. Vergr. 275.
Die Spitze einer Mittelborste. Vergr. 275.
Längsschnitt durch eine seitliche Laminahälfte. Die Epidermiszellen (e) der Oberseite, welche eine Drüse (dr) zeigt, sind weiter, als die- jenigen der Unterseite; ag hypodermatische, enge, chlorophyllreiche, ig sehr viel weitere, chlorophylifreie Zellen des Grundgewebes mit Intercellularräumen (i); gf ein Gefässbündel. Vergr. 138. Querschnitt durch die Lamina eines sehr jungen Blattes, welche fast ganz aus der späteren Mittelrippe besteht. Vergr. 30.
Quersehnitt durch eine ältere Blattspreite mit nach innen einge- rollten Rändern. Die Sternhaare (st) der Unterseite sind bereits fertig ausgebildet, während die Drüsen (d) der Oberseite erst dureh Ausstülpung der Epidermiszellen angelegt sind. Das axile Gefäss- bündel der Mittelrippe (gm) ist quer, die sich von ihm abzweigen- den (gl) längs durchschnitten; h durch die eingerollten Ränder voll- ständig geschlossene Höhlung der Oberseite. Vergr. etwa 20.
Fig.
Fig. 2
oO
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
64
Tafel II.
Stärke führende Chlorophylikörner. Vergr. 138.
Stäbehenförmige Stärke aus den Zellen des Basaltheiles der Blätter. Vergr. 138.
Der oberirdische Theil eines Blattstieles von der Oberseite gesehen, den Umriss und den Verlauf der Gefässbündel zeigend. st Stern- haare. Vergr. 10.
Querschnitt durch einen jungen Blattstiel. Die später in einer Ebene ausgebreiteten Flügel (F) sind aufwärts gebogen und daher der Blattstiel in diesem Alter rinnenförmig und im Querschnitte sichel- förmig. st Sternhaare in beträchtlicher Menge den Blattstiel ringsum bedeckend; gm das grosse axile Gefässbündel der Mittelrippe (M); gf die seitlichen schwächeren Gefässbündel, welche jetzt auf dem Querschnitte in einem Halbkreise stehen, später im erwachsenen Blattstiele in einer geraden Linie liegen. Vergr. 30.
Die Hälfte des Querschnittes durch den Basaltheil eines Blattes. e Epidermis mit Sternhaaren (st) auf der Ober- und Unterseite; gr Grundgewebe mit im Allgemeinen durchweg gleichen Zellen. Die Stärkekörner, welche dieselben in grösster Häufigkeit erfüllen und das Präparat ganz undurchsichtig machen, sind durch Kali aufge- quellt; gm mittleres, grösstes, gs seitliche kleinere Gefässbündel. Vergr. 65.
Längsschnitt durch die unterirdischen Theile. st der sehr kurze und breite Stamm; g Gefässbündel, denselben quer durchsetzend und je eines in ein Blatt und eine Wurzel ausbiegend; b Basaltheile der (abgeschnittenen) Blätter; w Wurzeln. Vergr. 10.
Längsschnitt durch eine junge Knospe. Die anscheinend alternirend stehenden jungen Blattanlagen bilden (zusammengedrückte) Kegel mit stumpfer Spitze. Vergr. 65.
Wurzelquerschnitt, etwa 1 Cm. über der Wurzelspitze. r Rinde; gs Gefässbündelscheide; die radialen Wände ihrer Zellen zeigen deutlich je einen schwarzen Punkt; g Gefässbündel (8), einen acht- strahligen Stern bildend ; b Phloembündel mit den Gefässbündeln wech- sellagernd; m Mark. Vergr. 138.
Ueber die Entwickelung und die systematische Stellung von Tulostoma Pers.
von
Dr. J. Schroeter.
Die Arten der Gattung Tulostoma vollbringen wie bekannt den ersten Theil ihrer Entwickeiung als „unterirdische Pilze,“ und ent- ziehen sich während dieser Zeit der allgemeineren Beachtung; erst wenn sich ihr Stiel streckt und die Peridie mehr oder minder weit über den Boden gehoben wird, fallen sie ins Auge. Zu dieser Zeit ist die Peridie immer schon von einem dichten Capillitium durch- zogen, zwischen welchem die Sporen frei daliegen; die Basidien sind vor Beginn der Streckung des Stieles aufgelöst. Diesem Verhalten mag es zuzuschreiben sein, dass die Entwickelung von Tulostoma, ins Besondere auch die Bildung der Sporen an den Basidien, bisher noch nicht vollständig beschrieben worden war.
Seit einigen Jahren fand ich bei Rastatt an mehreren Orten sehr häufig die Form der Gattung, welche wohl als die verbreitetste in Europa angesehen werden, der man daher den von Linn gegebenen Artnamen: Tulostoma pedunculatum (L.) lassen kann. (Lycoperdon ped. Linne 1762, Tulostoma brumale Persoon 1797, T. mammosum Fries 1821, Tuslanodea mammosa Fr.) Von Anfang October an erhoben sich die langgestielten Peridien aus dem Boden und hielten in Menge bis zum März, theilweise sogar bis in den Mai hinein, aus. Ich konnte in den letzten Jahren nie vor Mitte October an den betreffenden Stellen Nachgrabungen anstellen, aber auch dann noch fand ich eine genügende Zahl jüngerer Fruchtzu- stände, an denen ich die Entwicklung des Pilzes einigermassen voll- ständig beobachten konnte.
Die Fruchtkörper liegen nicht tief, etwa nur 2 bis 3 Centimeter
unter der Erde. Sie entspringen von einem weit zwischen Gras- Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band I, Heft I. 5
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wurzeln und alten Moosstengeln hinlaufendem strangförmigen Mycel. Dieses ist schneeweiss, besitzt die Dieke starker Zwirnsfäden und ist vielfach verzweigt. Es besteht aus dicht neben einander lagernden Zellfäden von 3—4 Mikr. Dicke, die mit zahlreichen Querwänden versehen sind; ihre Membran ist, besonders an den aussen liegenden Fäden, von aufgelagerten sehr feinen Körnchen rauh. Stellenweise finden sich an den Mycelsträngen spindelförmige Auftreibungen von verschiedener Dicke; durch allmähliche Zwischenstufen gehen diese Auftreibungen in sclerotiumartige Körper über, die hier und da an dem Mycel aufsitzen. Diese sind innen und aussen schneeweiss, unregelmässig gestaltet, meist flach, bis 6 Mm. breit und 2—3 Mm. dick, an der Oberfläche glänzend, glatt, grubig vertieft, an den Rändern oft gelappt, auf dem Durchschnitt fest. Sie bestehen aus einem dichten Hyphengeflechte, bei welchem man zwei verschiedene Systeme unterscheiden kann. Das eine derselben besteht aus breiten, kurzen Zellen, etwa von 10—13 Mikr. Breite und 20 Mikr. Länge, die in der Mitte oft tonnenförmig aufgetrieben sind; zwischen ihnen ziehen sich in grösseren Zwischenräumen Stränge aus parallelwan- digen 5—6 Mikr. dicken Hyphen hin. Die Rinde wird aus dicht verflochtenen dünnen Hyphen gebildet, deren Membran an den freien Aestchen wieder mit feinen Körnchen bedeckt ist.
Die Selerotien sind offenbar die Grundlage für die Frucht- körper. Wie dieselben sich herausbilden, konnte ich noch nicht verfolgen. Wie mir schien, sprossen sie aus einem Punkte an der Oberfläche des Selerotiums aus. Ich habe grössere, flache Selerotien gefunden, die auf einer Einbuchtung eine kugelförmige Vorragung trugen, welche auf Durchschnitten von dem übrigen Selerotiumgewebe durch eine feine, fast kreisförmige Grenzlinie abgegrenzt erschienen und aus gleichmässigen, reich mit Protoplasma gefüllten Hyphen- gliedern bestanden. Dieses schienen mir die Anfänge der Frucht- körper zu sein. Vorgeschrittenere Zustände derselben sieht man auf einer scheibenförmigen zerfaserten Membran aufsitzen, die vielleicht der Rest des aufgesogenen Selerotiums ist.
Wenn der Pilz etwa 4 Mm. im Durchmesser erreicht hat, erscheint er ganz kuglich, und gleicht einer kleinen Dowista. Das Innere ist schneeweiss, von gleichartigen Hyphen gebildet, die Oberfläche ist braun, von einer dicken Kruste fest anhaftender Sandkörner bedeckt. Bei einem Durchmesser von 6--8 Mm. hat er gewöhnlich einen Hauptabschnitt in seiner Entwickelung vollendet. Er ist dann etwas abgeplattet, in der Mitte oben mit einem kegelförmigen Nabel ver- sehen, nach dem Grunde zu in der Mitte ebenfalls zugespitzt, also
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im Ganzen ohngefähr flach-citronenförmig. Man kann an ihm eine braune Hülle und eine weisse Inhalts-Masse unterscheiden. Die Hülle ist etwa 40 Mikr. dick, sie besteht aus einem schr dichten Gewebe diekwandiger Fäden von etwa 2 Mikr. Durchmesser; nach aussen laufen viele dieser Fäden in freie Enden aus, und haften so fest an einzelnen Sandkörnern und anderen Boden-Theilchen an, dass sie ohne zu zerreissen nicht losgelöst werden können, naclı innen setzen sich die Fäden unmittelbar in die Markschicht fort, daher lässt sich auch die Hülle von dieser nicht abziehen. An der noch schneeweissen Inhaltsmasse lassen sich schon zu dieser Zeit drei verschiedene Abtheilungen deutlich erkennen: eine mittlere Markschicht, eine obere und eine untere Abtheilung. Auf dem Durchsehnitte erscheint die mittlere Markschicht fast nierenförmig, von der oberen und unteren Schicht durch nach oben convexe zarte Linien abgegrenzt. Die obere Abtheilung ist ungefähr kegelförmig. Sie besteht aus einem lockeren Gefleeht von dünnwandigen, reichlich und meist rechtwinklig verzweigten 5 Mik. breiten Fäden. Diese Abtheilung behält immer ihre weisse Farbe, auch über die Sporen- reife hinaus. Sie ist die Grundlage für die kegelig-röhrenförmige Mündung des Peridiums, denn zur Zeit der Sporenreife vertrocknet das schwammige Gewebe mit einer kreisförmigen Stelle auf dem Scheitel des Peridiums, und verschliesst noch einige Zeit als weisser Pfropf den Ausführungsgang, der sich durch Zusammenziehen des oberen Theiles der Hülle um dieses geschrumpfte Gewebe gebildet hat.
Die untere Abtheilung ist etwa umgekehrt abgestumpft -kegel- förmig. Man unterscheidet an ihr leicht einen mitteren eylindrischen Theil, der von dem Reste mantelförmig umgeben wird. Ersterer erscheint fest, seidenglänzend, senkrecht gestreift; er besteht aus dicht neben einander gelagerten, wenig verzweigten, und im Wesent- lichen senkrecht verlaufenden Hyphen. Dies ist die Grundlage des Stieles; derselbe hat jetzt wenig über einen Mm. Länge, seine Zellen haben aber schon dieselbe Grösse und Breite, wie in den späteren fortgeschrittenen Stadien; die Verlängerung des Stieles geschieht durch wirkliches Wachsthum (Neubildung), nach Analogie bei ande- ren Pilzen zu schliessen, durch Wachsthum an der Spitze des Stieles. — Die Hülle um diese Stielanlage ist ein lockeres Hyphen- geflecht, ganz so gebildet, wie die obere Abtheilung. Sie bleibt ebenfalls beständig weiss und vertrocknet nach der Sporenreife, so dass dann zwischen Hülle und Stiel eine kleine Höhlung entsteht. Wenn der Stiel nun wächst, zerreisst die Hülle an dieser Stelle und so bleibt der Theil derselben, welcher die Höhlung umhüllte, zum
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Theil am Grunde des Stieles, zum Theil am Grunde der Peridie als ringförmige freie eylindrische Scheide um den Stiel zurück.
Die mittlere Markschicht besteht aus einem gleichmässigen Gewirr von etwa 2 Mikr. dicken, mit vielen Scheidewänden versehenen Fäden, die streckenweise lange ungetheilt durcheinander laufen, und sich anderweitig in unregelmässigen Zwischenräumen rechtwinklig verzweigen. Die Hauptäste sind entweder gabelig oder Hförmig verbunden und scheinen ein den ganzen Fruchtkörper gleichförmig durchziehendes Gewirr zu bilden. Verflechtung der Fäden oder Gruppirung zu Kammern oder Gängen ist nicht im kleinsten Mass- stabe angedeutet. Die Hauptfäden geben kürzere Nebenäste ab, die sich wieder verzweigen und endlich mit kurzen, meist einzeln, selten zu kleinen Büscheln gruppirten Aesten enden. Das Ende dieser kurzen Aeste grenzt sich durch eine Querwand ab und wird zur sporenbildenden Zelle (Basidie). Die fertigen Basidien sind cylin- drisch oder schwach keulenformig, am Scheitel abgerundet, meist gerade, zuweilen etwas gekrümmt, selten mehr als 4.5 Mikr. breit, 12 bis 15 Mikr. lang; sie sind mit schaumigem Plasma gefüllt.
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Basidien von Tulostoma pedunculatum (L.).
An jeder Basidie bilden sich in der Regel vier 1.5 bis 2 Mikr. lange, grade Spitzchen (Sterigmen), an deren Scheitel die Sporen sprossen. Diese Sterigmen stehen an den Seitenwänden der Basidien und treten grade wagerecht vor; sie entspringen in ungleicher Höhe, meist gleich weit von einander entfernt, das Oberste nahe dem Scheitel, das Unterste etwas über dem Grunde der Basidie; in den Präparaten
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erscheinen meist 2 Sporen rechts, 2 links von der Basidie, es scheint mir aber, dass sie spiralig mit 4 des Umfangs Abstand angeordnet sind.
Die Basidien haben nur einen sehr kurzen Bestand. Man findet sie nur in den Fruchtkörpern, die im Innern noch vollkommen weiss sind. Noch ehe der Stiel zu wachsen anfängt, färbt sich die Mark- substanz in der Mitte gelblich, und zu dieser Zeit sind schon sämmt- liche Basidien aufgelöst, die Sporen frei geworden. Die Sporen sind Jetzt kuglig, haben einen Durchmesser von 4 bis 4.5 Mikr., ihre Membran erscheint noch farblos, mit kleinen entfernt stehenden Spitzchen besetzt, im Innern haben sie einen grossen, stark licht- brechenden Kern, der durch Jodtinetur braun gefärbt wird. Sie behalten bis zur Reife dieselbe Grösse und verändern sich bis dahin nur insofern, dass der Inhalt mehr gleichförmig, die Membran ocher- gelb gefärbt, etwas dieker und deutlicher punktirt wird.
Die gelbe Färbung verbreitet sich schnell von der Mitte nach der Peripherie hin, und endlich, noch ehe die Peridie aus dem Boden gehoben wird, hat das ganze Innere die lehmgelbe Farbe angenommen, die schliesslich bleibt. Diese Färbung ist nur durch die Farbe der Sporen bedingt, lässt man diese aus den reifen Peri- dien verstäuben, so bleibt das Capillitium mit hellgrauer Farbe zurück.
Kurz vor dem Zerfliessen der Basidien treten die ersten Spuren des Capillitiums auf. Seine Fäden gehen vielleicht direet aus den Haupt- hyphen des Markgewebes hervor. Sie haben dieselbe Verzweigung wie diese und lassen sich anfangs sehr schwer von ihnen unter- scheiden. Wenn die Basidien noch vorhanden sind, sind die Zellen, die bestimmt als Capillitium zu erkennen sind, nur wenig dicker, als die Markhyphen, etwa 4 Mikr. Ihre Wände sind etwas dicker, sie ver- laufen vorwiegend unverzweigt und etwas wellig gebogen. In grösseren Entfernungen nur zeigen sich Scheidewände und hier sind jetzt schon die Fäden knotig aufgetrieben. Nach dem Zerfliessen der Basidien sieht man das Markgewebe noch fortbestehen, das Capillitium wird aber immer reichlicher, seine Fäden nach und nach immer stärker, endlich bleibt es nur allein mit den Sporen in dem Peridium zurück. Es bildet ein dichtes Netzwerk, welches fest mit den Wänden ver- wachsen ist. Die Fäden sind von sehr verschiedener Dicke, von 4 bis 13 Mikr. im Durchmesser, die Membran bis 3.5 Mikr. dick, verlaufen grade oder wellig geschlängelt, oft bis 1 Mm. weit unge- theilt, oft aber auch in kurzen Zwischenräumen gabelig oder Hförmig verzweigt. Alle Fäden scheinen in Verbindung zu stehen, freie Enden werden nicht bemerkt, besonders auch keine spitz auslaufen-
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den Zweige. In ungleiehmässigen Zwischenräumen sind die Fäden mit Scheidewänden versehen, hier sind die Glieder an beiden Enden regelmässig in charakteristischer Weise zwiebelförmig verdickt, als ob sie sich an einander abgeflacht hätten. Diese Auftreibungen erreichen bei dünneren Fäden oft das dreifache des Fadendurch- messers.
Nach Ausbildung des Fruchtkörpers wächst der Stiel zu einer Länge von 3 bis 6 Centimeter und hebt jenen hoch über den Boden empor. Er ist Anfangs glatt und rund und nimmt aussen an der Luft sehr schnell eine rothbraune Farbe an. Dies geschieht durch Vertroeknen der äusseren Hyphen. Durch weiteres Eintrocknen wird die Rinde dicker, reisst dann fetzenartig ein, löst sich theilweise los und bekleidet den Stiel noch eine Zeit lang als mehr oder weniger sparrig abstehende Schuppen, später fällt sie ganz ab und der Stiel erscheint grau und senkrecht gefurcht. Die Schuppen entsprechen also keiner besonderen Membran- oder Haarbildung, in ihnen, wie überhaupt in der braunen Rinde, ist die Structur der Stielhyphen noch deutlich zu erkennen, Das Innere des Stieles bleibt immer schneeweiss, in der Mitte bildet sich meist eine Höhlung. |
Die Peridien schwankten bei völliger Reife in der Grösse sehr erheblich von 6 bis zu 12 Mm. im Durchmesser. Es schien mir, als ob die zuerst gebildeten Pilze die grössten, die letzten und am längsten ausdauernden die kleinsten Peridien haben. Ihre Farbe ist anfangs ebenfalls braun, im Laufe des Winters löst sich die äussere Schicht der Hülle mit den anhaftenden Sandkörnern ebenfalls schup- penförmig ab, und dann erscheint die Peridie weisslich, mit brauner, nunmehr weiter hervortretender Mündung. Die trichterförmige Mün- dung mit kreisförmiger, scharfer, wie mit einem Locheisen ausge- schlagener Oefinung ist für die Art höchst charakteristisch und beruht, wie ausgeführt wurde, auf einer besonderen, früh angelegten Organisation. Hierdurch unterscheidet sich Tu/. pedunculatum sehr sicher von 7. fimbriatum Fr., mit dem der Pilz manchmal, z. B. in Erbar. critog. Ital. und Rabenhorst fung. eur. 1911 verwechselt wor- den ist.
Unter vielen hundert Exemplaren von 7‘. ped. fand ich nur an einem die Mündung nicht regelmässig ausgebildet. Dieses, also jedenfalls eine seltene Abnormität, hatte gar keine Mündung, son- dern nur einen braunen Fleck auf dem Scheitel der Peridie, die fest geschlossen blieb. Andererseits sah ich bei zahlreichen Exemplaren von Tul. fimbr., die ich bei Spaudau sammelte, immer die flache, gefranste und gleichfarbige Oeffnung auf dem Scheitel der Peridie,
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nie einen Uebergang zur triehterförmigen Mündung, überdies waren hier die Sporen beständig etwas grösser, nämlich 5.5 bis 6 Mikr. im Durchmesser. Der Beschreibung Persoon’s nach möchte man annehmen, dass er unter 7ulostoma brumale die letztere Art versteht, Die Trennung einer weiteren Art: Tul. sguamosum Gmel. (Persoon l. e, S. 140), welche manche Autoren annehmen, scheint mir nur auf einem Vergleiche verschiedener Alterszustände und habjituelle, unwesentliche Merkmale gegründet zu sein.
Als die bemerkenswertheste Eigenthümlichkeit in der Entwick- lung des Pilzes erscheint mir die Art und Weise, wie sich die Spo- ren an den Basidien bilden. Bisher wurde T’wlostoma unbedenklich zu den Gasteromyceten und speciell zu den Zycoperdaceen gestellt, Die Basidienbildung ist bei allen Gattungen der letzteren Gruppe bekannt, keine aber gleicht der von T7Wulostoma. Bei allen bilden sich vier Sporen in gleicher Höhe, am Scheitel der keulenförmigen, oben fast kugligen Basidien. Bei Scleroderma sind die Sporen fast ganz sitzend, bei Dovista stehen sie an langen, dünnen, gleichlangen Sterigmen, die bei der Sporenreife vertrocknen und an den Sporen hängen bleiben, bei Lycoperdon sind die Sterigmen ebenfalls sehr lang, doch (wenigstens bei den von mir untersuchten Arten) von ungleicher Länge und mit den Basidien zerfliessend, die Sporen also im Gegensatz zu Dovrsta ungestielt.
Der eigenthümlichen Fruchtbildung nach muss Tulostoma daher von den ZLycoperdaceen ausgeschlossen werden. Aber auch bei anderen Abtheilungen der Gasteromyceten kommt eine solche Bildung, so viel man untersucht hat, nicht vor, sie ist sogar bei anderen IHymenomyceten, sowie augenblicklich die Klasse begrenzt wird, nicht beobachtet worden.
Vielleicht steht indess die Sporenbildung. von Tulostoma nicht ganz isolirt da. Tulasne hat vor Kurzem die Sporenbildung von Pilacre untersucht und neuerdings (Annales des Sciences nat. V. Ser. Bot. T. XV.) abgebildet. Diese Abbildung scheint mir einen ähn- lichen Typus darzustellen, wie ich ihn soeben bei 7ulostoma beschrie- ben habe. Tulasne giebt ihr eine andere Deutung, er vergleicht sie mit der Sporenbildung bei Hypochnus purpureus, einem Pilz, der in dieser Beziehung den Auricularineen nahe steht.
Ich habe Hypochnus purpureus Tul., der in Wäldern um Rastatt im Januar auf Erlenstümpfen vorkommt, frisch untersuchen und län- gere Zeit hindurch eultiviren können, und kann die Tulasne’sche Beobachtung über ihn nur bestätigen. Das Mycel desselben bildet einen rothbrannen, wergartigen Filz, an den Enden der Fäden bilden
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sich farblose Aeste, die sich an der Spitze spiralig einrollen und sich dann durch Querwände in vier übereinander stehende Fächer theilen. Aus jedem Fache sprosst ein langer, pfriemlicher Zweig, der an seiner Spitze eine etwa 11 Mikr. lange, anfangs ei-, darauf fast nierenförmige Spore bildet, die bald nach ihrer Reife keimt, wenn sie auf feuchte Unterlage gebracht wird. Wären die Endäste zu einem Hymenium vereinigt, so müsste man den Pilz in der That für eine Auricularia erklären, sprossten dieselben Endäste aus einer Dauerzelle aus, so fände man dieselbe Bildung, wie bei der soge- nannten Promycel- und Sporidienbildung der Uredineen.
Die Sporenbildung bei Tulostoma hat hiermit gar keine Aehn- lichkeit. Hier sind ächte ungetheilte Basidien vorhanden, aus deren Inhalt sich die vier Sporen, wie es scheint, gleichzeitig bilden.
Es wird wohl das Einfachste sein, Tulostoma als Repräsentanten einer besonderen Abtheilung der Gasteromyceten anzusehen. Ob sich unter den noch nicht auf ihre Sporenbildung untersuchten ausser- deutschen Bauchpilzen noch verwandte Gattungen finden, muss dahin- gestellt bleiben, namentlich wäre es interessant, Dattarraea darauf untersuchen zu können, deren Entwicklung in manchen Punkten der von Tulostoma ähnlich ist. Die Darstellung Tulasne’s von der Sporenbildung bei Pilacre scheint mir viel mehr der von Tulostoma, als der von Hypochnus purpureus ähnlich zu sein. Ich halte es darum für wahrscheinlich, dass dieser kleine Pilz, der schon in den verschiedensten Familien herumgewandert ist, den Vertreter einer zweiten Gattung in der Familie der Tuwlostomaceen darstellt.
Rastatt, im Januar 1876.
2
Bis
Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen. - Von Dr. Leon Nowakowski
aus Warschau.
Mit Tafel IV. V. VI.
Wie bekannt bestehen die Chytridiacen bald nur aus einer Zelle (Chytridium), bald aus zwei Zellen, von denen die eine sich wurzelförmig oder myceliumartig verästelt (Arhizidium), bald endlich bestehen sie aus Zellengruppen (Synchytrium). Bei einigen Arten der einzelligen Gattung Chytridium entwickelt die Zelle, welche ich während ihrer Schwärmsporenbildung Zoosporangium nennen werde, einen Wurzelschlauch (Chytr. Olla. Al. Br.) oder kurze fadenförmige Fortsätze, welche vom Zoosporangium ausgehen und gewissermassen als Anfang eines Mycelinm betrachtet werden können (Uhytr. rhi- zinum u. Chytr. Lagenaria Schk.)'). In der zweizelligen Gattung Rhizidium dagegen kann die verzweigte Zelle als die Repräsentantin eines Mycelium angesehen werden, welches eine ziemlich hohe Ent- wickelung zeigt. Endlich scheinen zu den ihrem Bau nach am meisten entwickelten Uhytridiaceen auch die von Sorokin gefundenen Gattungen Zygochytrium und Tetrachytrium”?) zu gehören, bei welchen die Zoosporangien auf einem verästelten Tragfaden sich bilden. —
Bei den von mir im Jahre 1875 im pflanzenphysiologischen Institut der Universität Breslau, unter gütiger Anleitung und Unterstützung seines Direetors, Prof. Ferdinand Cohn ausgeführten Untersuchun- gen fand ich ausser einigen C’hytridium-Arten, welche sich nur durch gewisse specifische Eigenthümlichkeiten auszeichnen, auch andere, die
1) Vergl. Cienkowski, Bot. Ztg. 1857 No. 14; Schenk, Algologische Mittheilungen, Verhandlungen der phys.-med. Gesellschaft zu Würzburg, Bd. VII. Lfg. II. p. 235 1857, Tab. V.: Ueber das Vorkommen eontraktiler Zellen im Pflanzenreiche. Würzburg 1858.
®2) Sorokin, Einige neue Wasserpilze. Bot. Ztg. 1874. No. 14.
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ihrem Bau nach wesentlich von den bis jetzt bekannten Chy- tridiaceen unterschieden sind, und weiter unten von mir genauer beschrieben werden sollen. So kommen bei Chytridium Mastigo- trichis n. sp. fadenförmige Haustorien vor, welche aus der Oberfläche des Zoosporangiums in die benachbarten Nährpflanzen hineinwachsen. In der Gattung Uladochytrium fand ich ein verästeltes im Gewebe der Nährpflanze wucherndes Mycelium, in welchem sich wie bei Protomyces spindelförmige oder kuglige Anschwellungen bilden, aus denen dann zahlreiche Zoosporangien entstehen. In der Gattung Obeli- dium, die auf einer im Wasser faulenden Mückenhaut gefunden wurde, beginnt ausser dem üppig sich ausbreitenden Mycelium auch ein Zoosporangiumträger deutlicher hervorzutreten. Endlich hatte ich Gelegenheit, die Entwickelungsgeschichte der bis jetzt nur unvoll- kommen bekannten Gattung Rhizidium genauer zu verfolgen.
Bekanntlich entstehen die Schwärmsporen der Uhytridiaceen in ihren Zoosporangien durch freie Zellbildung um stark lichtbreehende Kerne, welche sich vorher aus dem Protoplasma ausgeschieden haben. In vielen von mir beobachteten Arten wird nicht das ganze Protoplasma für die Bildung der Zoosporen verwendet, sondern ein Theil desselben bleibt als eine schleimige Flüssigkeit übrig, welche die Räume zwischen den Schwärmsporen erfüllt, ähnlich wie bei der Sporenbildung der Achlyen und der Mucorineen‘); bei anderen Arten aber ist dieser Schleim in geringer Menge vorhanden, viel- leicht auch dünnflüssiger, und deshalb schwer mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Diese „Zwischensubstanz,“ wie sie Brefeld nennt, verbindet in der Regel die heraustretenden Schwärmsporen zu einer kugligen Masse, die vor der Oeffnung des Zoosporangiums liegen bleibt. Allmählich, bei verschiedenen Arten nach kürzerer oder längerer Zeit, löst sich der Schleim unter Quellungserscheinungen im Wasser auf; erst wenn in Folge dessen die Schwärmsporen, welche bis dahin keine Bewegung zeigten, mit dem Wasser in unmittelbare Berührung kommen, fangen sie an, sich activ zu bewe- gen und auszuschwärmen.
Die Zoosporen der Chytridiaceen zeigen gewöhnlich amoeben- artige Veränderungen ihres Körpers, wie dies zuerst Schenk nach-
!) Vergl. A. de Bary, Einige neue Saprolegnieen in Pringsheims Jahr- bücher für wiss. Bot., II. Band, p. 174. Dr. O. Brefeld, Botanische Unter- suchungen über Schimmelpilze, I. Heft. Leipzig 1872 p. 16. Van Tieghem, Nouvelles Recherches sur les Mucorinees. Annales d. se. natur. Sixieme serie, Tome 1. Paris 1875 p. 33.
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gewiesen ') und später auch andere Forscher beobachtet haben; sie besitzen mit wenigen Ausnahmen ?) einen stark lichtbrechenden Kern und eine Cilie, welehe beim Schwimmen nicht immer nach vorn, sondern in einigen Arten vielmehr nach hinten gerichtet ist. Bei der Keimung wird der Kern allmählich resorbirt; die gekeimte Z00- spore wächst entweder ohne weiteres zum Zoosporangium aus, oder treibt vorher an einem oder mehreren Punkten ihrer Peripherie Keimfäden, die sich mehr oder minder verzweigen. Eine Copulation der Zoosporen habe ich nie gesehen. Dauersporen sind bis jetzt nur bei einigen Uhytridien ”), bei Arhrzidium (l. e.), wahrscheinlich auch bei Oladochytrium, sowie bei den von Sorokin (l. c.) und Cornu*) beschriebenen Chytridiaceen gefunden; die Art ihrer Entstehung bedarf jedoch noch weiterer Aufklärung; die bis jetzt unbekannte Keimung derselben ist von mir bei /rhizidium beobachtet worden. Al. Braun hat die im Jahre 1856 von ihm gekannten Chytridien in mehrere Untergattungen getheilt, welche Rabenhorst°) als selbstän- dige Gattungen aufführt. Zwischen diesen Gruppen, die hauptsächlich auf die Anwesenheit eines Halses oder Deckels begründet sind, zeigen sich jedoch viele Uebergänge; ich werde deshalb in meiner Beschreibung, welche keine systematischen Zwecke verfolgt, von ihnen absehen und die neuen Arten so ordnen, dass ich zuerst die endophytischen, dann die epiphytischen einzelligen Ohytridien, zuletzt die zweizelligen und mycelbildenden Formen betrachten werde. Die letzteren zeigen nicht nur innige Verwandtschaft zu den Saprolegniaceen, die ja auch schon früher bemerkt wurde, sondern lassen zum Theil auch sehr auffallende Beziehungen zu gewissen Protomycesarten erkennen.
I. Chytridium A. Br.
l. Uhytridium destruens, nov. spec. Taf. IV. Fig. 1. Die Zoospo- rangien dieser Art fand ich einzeln im Innern der Zellen von Chae- tonema°), bald zerstreut im Faden, bald in mehr oder weniger
1) Schenk, Ueber das Vorkommen eontractiler Zellen etc.
2) Chytridium macrosporum n. Sp., roseum und einige in Saprolegnieen lebende Arten besitzen keine Kerne. (Cornu, Monographie des Saprolegnies. Paris 1572 p. 115.)
3) Chytridium anatropum nach A. Braun, Ch. decipiens, acuminatum, endo- genum und vagans nach Cornu.
#4) Max Cornu, Monographie des Saprolegnides. Paris 1872 p. 121.
5) Flora Europaea Algarum Seet. III. p. 277-285.
6) Chaetonema irregulare nov. gen. et spec. ist eine grüne Zoosporee, welche ich stets zwischen den Fäden anderer schleimiger Algen wuchernd,
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zahlreichen Zellreihen. Wie bei vielen Uhytridiaceen, so macht sich auch die Anwesenheit des Uhytridium destruens in der vom Para- siten ergriffenen Zelle durch eine kugelartige Anschwellung derselben bemerklich. In dem grünen Zellinhalte erscheint das Uhytridium zuerst als ein feinkörniger ungefärbter Protoplasmakörper. Dieser
insbesondere im Schleime von Tetraspora, Chaetophora, Gloiotrichia, Coleo- chaete pulvinata, Batrachospermum u. s. w. gefunden habe. Sie bildet unregel- mässig verzweigte, aus Zellreihen bestehende Fäden, deren Aeste nach ver- schiedenen Richtungen, oft unter rechtem Winkel, ausgespreizt sind. Wenn nicht aus allen, so doch aus den meisten ihrer Zellen entspringen dünne, an der Basis etwas angeschwollene Borsten, welche sämmtlich nach einer Seite gerichtet sind, einzeln oder zu zweien, bald in der Mitte, bald näher dem Ende der Zelle, bald endlich terminal in den die Spitzen der Chaetonema- Zweige bildenden Zellen. Da die Chaetonema-Zellen während ihres ganzen Lebens die Fähigkeit besitzen, die Borsten zu entwickeln, so findet man gewöhnlich auf den älteren Zellen mehrere, etwa 3—4 abgebrochene Borstenbasaltheile. Die Chaetonemafäden theilen sich oft in einzelne Stücke und hierdurch zer- fällt ein Individuum leicht in mehrere getrennte Pflanzen. Am deutlichsten kann man C'haetonema mit getrennten, aber noch offenbar zusammengehörenden Aesten im Tetraspora-Schleime beobachten, wo die älteren Fäden noch in der Verlängerung ihrer jüngeren peripherischen Zweige liegen, von denen sie sich aber schon in gewissen Abständen befinden.
Chaetonema vermehrt sich ausser der oben erwähnten Trennung in einzelne Fadentheile auch durch Schwärmsporen. Die letzteren bilden sich in ange- schwollenen mehr oder weniger zahlreichen Zellen am Ende, uder in der Mitte der Zweige, in der Regel in acropetaler Folge. Jede Zoospore entsteht ent- weder aus dem ganzen Inhalte einer Chaetonemazelle, oder dieselbe theilt sich vorher quer oder parallel der Fadenaxe in zwei, oder durch kreuzförmige Theilung in vier oder selbst mehr Sporenmutterzellen. Die Zoosporen schlüpfen aus in Folge der Auflösung der Mutterzellwände, sie sind eiförmig und tragen auf dem schmäleren farblosen Ende 4 Cilien und einen rothen Augenfleck. Nach dem Schwärmen ziehen sie sich zusammen und treiben einen Keimschlauch hervor, an welchem noch längere Zeit der Augenfleck sichtbar bleibt. Der Keimschlauch legt sich an irgend einen Zweig der Schleimalge und wächst längs desselben in einen verzweigten Zellfaden aus, indem er manchmal die Fäden der Schleimalge umwindet oder umspinnt. Die Zellentheilung geht in den Chaetonemafäden intercalar und terminal vor sich. Für jetzt ist die systematische Stellung von C’haetonema unsicher, da weder geschlechtliche Fort- pflanzung noch Dauersporen beobachtet wurden; vermuthlich ist es aber mit Stigeoclonium nächst verwandt.
Aus dem Vorkommen unserer Pflanze kann man schliessen, dass sie ihre Nahrung nicht sowohl aus dem Wasser nimmt, sondern vielmehr aus dem Schleime der von ihr bewohnten Algen oder aus ihren verschleinten Wand- oberflächen. Das C'haetonema zeigt sich in dieser Beziehung ähnlich den anderen schleimbewohnenden Algen, welche nicht blos auf Kosten der unorganischen, sondern auch organischer Verbindungen leben müssen,
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beginnt immer mehr zu überwiegen in demselben Maasse, als das Protoplasma der Ühaetonema-Zelle selbst verschwindet. Nach eini- gen Tagen füllt der Parasit den ganzen Raum der ergriffenen Zelle vollkommen aus, in welchem man nur noch ein Ueberbleibsel ihres ursprünglichen Inhalts in Form eines kleinen grünen Klümpehens erblickt, welches auch schliesslich vollständig verschwindet. Wäh- rend der Dauer der eben erwähnten Veränderung oder, wie man es auch nennen könnte, Verdauung des Inhalts der O'haetonema-Zelle, treten im Protoplasma des Uhytridium von ihm nicht verdaute Theil- chen hervor, die in Form von ziegelbräunlichen Kügelchen sich zu- letzt in ein einziges Klümpchen innerhalb seines farblosen Protoplasma vereinigen. Nunmehr bildet sich die Uhytridiumzelle zum Zoospo- rangium um. Von der Zeit, in welcher das Ueberbleibsel der Ü'haeto- nema-Zelle in Form eines kleinen grünen Kügelchens zuletzt sichtbar war, verflossen in einem von mir beobachteten Zoosporangium bis zum Ausschwärmen der Schwärmsporen 24 Stunden. In dieser Zeit bildeten sich um das ziegelbräunliche Klümpchen herum zuerst zwei deutliche Vacuolen; diese flossen bald in eine einzige grössere Vacuole zusammen, welche das braune Klümpchen rings umschloss (Taf. IV. Fig. 1a). Nach kurzer Zeit verschwand dieselbe; das Protoplasma des Zooporangiums, welches jetzt etwa 15 Mikr. im Durchmesser erreicht hatte, wurde allmählich grobkörniger und eine dasselbe umgebende derbere Zellwand wurde nun deutlich. Bald darauf traten durch eine kleine Oeffnung des Zoosporangiums, die ich jedoch nicht sehen konnte, die Schwärmsporen heraus, ruhten kurze Zeit vor der Oeffnung -und schwammen dann mit grosser Schnelligkeit nach allen Richtungen auseinander. (Fig. 1b.)
Die Schwärmsporen des Chytr. destruens sind sehr klein, kaum 2 Mikr. im Durchmesser; sie besitzen eine etwas längliche Gestalt, eine Geissel und einen stark lichtbreehenden excentrischen Kern. In den leeren Zoosporangien bleibt das ziegelbraune Klümpchen übrig (Fig. 1b.). Die dieken Wände der Zoosporangien nahmen eine ge- wisse Zeit nach der Entleerung eine rostgelbe Farbe an (Fig. 1e).
Aehnliche CUhytridien, wie unser Ch. destruens, kommen auch im Innern anderer Algenzellen vor, doch können erst genauere Untersuchungen feststellen, ob sie zur nämlichen Art gehören.
2. Ohytridium gregarium, nov. spec., Taf. IV. Fig. 2. Die kugeligen, seltener etwas ovalen Zoosporangien dieser Art, die mit kurzer schnabelartiger Papille versehen sind, habe ich in ziemlicher Anzahl in den Eiern eines Rotatorium gefunden (Taf. IV. Fig. 2), welches im Schleim der Chaetophora endiviaefolia lebte. Die Ohy-
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tridien verdauen den röthlichen Inhalt des Eies und nehmen die Färbung desselben in ihrem Protoplasma an. Die Zahl und Grösse der mit dünner Wand umgrenzten Zoosporangien im Innern eines Eies ist verschieden. Bald kommen nur wenige, bald mehr als zehn vor; ihre Grösse beträgt 30 Mikr. bis 70 Mikr. Die reifen Zoo- sporangien wachsen in kurze, stumpfkonische Papillen aus, welche die Haut des Eies nach aussen durchbohren und mit homogenem ungefärbtem Plasma erfüllt sind. Wenn sich zahlreichere Zoosporan- gien in einem Ei entwickeln, so werden durch den von ihnen aus- geübten Druck die Wände des letzteren beträchtlich ausgedehnt, so dass der ursprüngliche ovale Umriss desselben abgerundete Hervor- ragungen zeigt. Der Inhalt der Zoosporangien ist anfänglich fein- körnig; in der Zeit ihrer Reife aber ist das Protoplasma von kleinen stark lichtbrechenden Körnchen erfüllt. Nicht lange nachher treten durch eine an der Spitze der schnabelähnlichen Verlängerung ent- standene Oeflnung die Schwärmsporen, von Schleim umgeben, heraus; sie bilden daher vor der Oefinung des Zoosporangiums eine kugelige Masse (Taf. IV. Fig. 2a). Nach kurzer Zeit zerfliesst der Schleim im Wasser und die Schwärmsporen schwimmen rasch von der Oef- nung aus nach allen Seiten davon; sie haben eine kugelartige Gestalt, eine lange Cilie, einen nicht grossen excentrischen stark lichtbreehenden Kern und 4 Mikr. im Durchmesser (Fig. 2b).
Da wir in den vom Uhytr. gregarium ergriffenen Rotiferen-Eiern die Zoosporangien des Parasiten auf verschiedenen Entwickelungs- stufen finden, so können wir daraus schliessen, dass die Schwärm- sporen des Parasiten in das Ei zu verschiedenen Zeitpunkten einge- drungen sind.
H. J. Carter hat in Bombay in den Eiern von Nazis albida sackartige Uhytridien beobachtet, welche in grösserer Anzahl auf Kosten des Dotters sich entwickelten, mit einem röhrenartigen Hals die Eischale durchbohrten und sehr zahlreiche, monadenähnliche, mit stark lichtbrecehendem Kern und einer Cilie versehene Schwärm- sporen, eine nach der andern, austreten liessen. Carter!) glaubte hier eine abnorme Entwickelung des Dotters beobachtet zu haben; nach der Zeichnung ist eine mit unseren Chytr. gregarium nahe verwandte, jedoch nicht völlig übereinstimmende Chytridiumart nicht zu verkennen. — A. Braun?) beschreibt und zeichnet CUhytridium endogenum, welches er im Innern von Ülosterien und anderen Algen-
'!) H. J. Carter. On the Spermatology of a new Species of Nais. Annals of natural history. 3 Series. vol. 2. Aug. 1358 p- 99. Taf. IV. Fig. 45, 46. 2) I. c. p. 60. Taf. V. Fig. 21.
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zellen beobachtete. Diese Art steht unserem Uhytr. gregarium offenbar sehr nahe, scheint aber doch wegen ihrer elliptischen Zellen und verlän- gerten Hälse als verschiedene Species betrachtet werden zu müssen, Zu vergleichen ist auch Chytr. zootocum A. Braun'), welches Cla- parede in einer todten Anguillula fand. s
3. Chytridium macrosporum, nov. spec. Taf. IV. Fig. 3—4. Diese Art habe ich bis jetzt nur in zwei Exemplaren gefunden, von denen das eine schon leer und das andere noch mit Protoplasma erfüllt war. Sie entwickelten sich einzeln je in einem Ei, wahrschein- lich von einem Rotatorium, welches im Schleim von Chaetophora elegans lebte und 55 Mikr. im Längs-, 30 Mikr. im Querdurchmesser besass. An der Seite des Eies, näher dem etwas stumpferen Ende desselben, kam ein langer, starker, wellenförmig gebogener und stumpf auslaufender röhrchenartiger Hals heraus, der den Querdurchmesser des Eies mindestens um das Fünffache übertraf und eine Dicke von 6—38 Mikr. besass. Der Inhalt sowohl des Röhrchens als auch des Eies selbst war angefüllt mit farblosem, feinkörnigem Protoplasma; in kurzer Zeit zerfiel dasselbe in verhältnissmässig grössere vieleckige Klümpchen, ganz wie bei der Zoosporenbildung der Saprolegniaceen. In dem Halse, welcher aus dem Ei hervortritt, waren die Plasma- klümpchen in eine einfache Reihe locker geordnet, und zeigten, von dem gegenseitigen Drucke befreit, ovale Gestalt (Fig. 3). Die auf diese Weise entstandenen Schwärmsporen drängten sich dann enger aneinander und in Folge davon konnte man eine dünne Haut unter- scheiden, welche sie sämmtlich noch innerhalb der Eischale umgab (Fig. 4a). Diese Haut, offenbar die eigentliche Membran des Zoospo- rangiums, stand von der Wand des Eies etwas ab; es zeigte sich jetzt deutlich, dass der Hals von ihr ausgewachsen und die Eischale durchbrochen hatte. Die Schwärmsporen traten kurze Zeit nach ihrer Ausbildung durch eine am Ende des Halses entstandene Oeffnung nach aussen und entfernten sich sofort eilig (Fig. 4). Sie hatten eine elliptische Gestalt und eine bei den Uhytridieen ungewöhnliche Grösse, etwa 6 Mikr. breit und 10 Mikr. lang; ihr Inhalt war fein- körnig und in der Mitte heller durchleuchtend ohne stark lichtbrechen- den Kern. Im Allgemeinen näherten sie sich in Gestalt, Grösse und Bau ihres Inhalts den Schwärmsporen der Saprolegniaceen. Die Zahl der Cilien und die Stelle, wo diese herauskommen, konnte ich indess nicht deutlich erkennen.
Wenn das entleerte Zoosporangium im Wasser zu Grunde geht, so verliert es zuerst den oberen Theil seines Halses, während der
1) Monatsberichte der Berliner Akademie. 1856. p. 591.
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untere Theil in Form einer kurzen Röhre länger dem Untergange widersteht.
Obwohl Uhytr. macrosporum mit Chytr. gregarium den Nähr- körper (Eier von Rotatorien) gemein hat, so muss ich dasselbe doch für eine verschiedene Art erklären, da abgesehen von seinem vereinzelten, nicht geselligen Vorkommen und dem röhrenförmig ver- längerten Halse seine Schwärmsporen sich durch die weit bedeuten- dere Grösse und insbesondere durch den Mangel eines stark licht- brechenden Kerns unterscheiden, worin sie sich näher an die Sapro- legnien anschliessen.
4. Chytridium Coleochaetes, nov. spec. Taf. IV. Fig. 5—10. Diese Art entwickelt sich in den Oogonien der Üoleochaete pulvi- nata A. Br., niemals in den vegetativen Fadenzellen, auf denen dagegen A. Braun das Ühytr. mamillatum entdeckte'). Bekanntlich bilden die Oogonien dieser Alge terminale kuglige, mit einer grünen Oosphaere erfüllte Zellen, die sich an der Spitze in einen langen, oben offenen farblosen Hals verlängern ?). Durch die Oeffnung des Halses tritt die Zoospore des Uhytridium ein, und indem sie, ähnlich dem Spermatozoid von Coleochaete, bis zum Bauch des Oogoniums und zur ÖOosphaere vordringt, entwickelt sie sich zu einem einzel- ligen Parasiten, welcher den ganzen Inhalt der Oosphaere zu seiner Ernährung verbraucht, so dass im Bauche des Oogoniums nur ein unverdauter Rest in Form eines grösseren oder kleineren ziegel- bräunlichen Ballens zurückbleibt. Diese Zerstörung der Oosphaere ist in unmittelbarer Berührung des Parasiten am deutlichsten.
Der Parasit erhält bald die Form einer röhrenförmigen Zelle, welche in den Hals des Oogoniums hineinwächst (Fig. 5—6) und diesen so eng ausfüllt, dass seine Haut in dem Oogoniumhals sich nur durch etwas grössere Dicke der Membran desselben erkennen lässt. Nachdem der Parasit den Hals des Oogoniums durchwachsen hat, verlängert er sich flaschenförmig über denselben hinaus, wird aber weiter oben wieder schmäler und wächst allmählich in ein stumpfes Ende aus (Fig. 7); die parasitische C’hytridium-Zelle nimmt daher die Form einer langgestreckten Spindel an, deren kleinere schmälere Hälfte im Oogonium der Coleochaete steckt, während die
I) A. Braun über Chytridium 1856 p. 32 Tab. II. Fig 12. In ähnlicher Weise findet sich Chytridium Olla A. Br. ausschliesslich auf den Oogonien einer Oedogoniumart, nie an ihren vegetativen Zellen, wo dagegen andere Arten (Ch. acuminatum, brevipes u. a.) vorkommen.
2) Pringsheim, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, II. Band. Berlin 1860. Taf. V.
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grössere -Hälfte von der Anschwellung an herausragt. Nunmehr wird die ausgewachsene Uhytridium - Zeile zum Zoosporangium; ihr Inhalt, anfangs farblos und homogen, wird feinkörnig; die im Proto- plasma desselben sehr zahlreich eingelagerten Körnchen brechen das Licht stark; in seiner Gestalt ähnelt das ausgewachsene Zoosporan- gium etwa dem Ühytr. Lagenula A. Br. '), von dem es jedoch schon durch das Vorkommen verschieden ist; die längsten erreichten 125 Mikr., die mittlere Länge betrug 80 Mikr., die grösste Breite nur 12 Mikr.
Die Schwärmsporen bilden sich bei Üh. Coleochaetes wie bei den übrigen Arten durch freie Zellbildung um Kerne innerhalb des Zoospor- angiums; sie treten nach aussen durch eine an der Spitze desselben ent- standene Oefinung (Fig. 8); sie sind sehr klein, höchstens 2 Mikr., und besitzen einen sehr kleinen, stark lichtbrechenden Kern und eine Cilie (Fig. 8a).
Oft wachsen aus einem Oogonium der Üoleochaete zwei Zoospo- rangien des Ohytridium heraus (Fig. 9). In diesem Falle, wo dem- nach nicht wie gewöhnlich blos eine, sondern zwei Zoosporen einge- drungen sind, finden wir im Bauche des Oogoniums die divergirenden Basaltheile der beiden Parasiten, während dieselben sich im Halse so dicht aneinander pressen, dass man sie in der Regel nur in Jüngerem Alter oder noch leichter nach Entleerung der Schwärm- sporen als getrennte Zellen unterscheiden kann. Aus dem Halse des Oogoniums herausgetreten divergiren die beiden Zoosporangien wieder. Manchmal ist von den zwei in einem Oogonium zusamınen vorkommenden Zoosporangien das eine noch von Protoplasma erfüllt, während das zweite ältere schon vollständig leer ist.
Etwas seltener als die ziemlich häufige Anwesenheit von zwei Zoosporangien finden sich in einem Oogonium deren drei, und nur einmal habe ich aus einem Oogoniumhals vier Zoosporangien heraus- treten gesehen, die aber ihre Reife noch nicht vollständig erreicht hatten (Fig. 10).
Sobald ein Oogonium der Üoleochaete durch das Uhytridium befallen wird, so ist jede weitere Entwickelung desselben abge- brochen; insbesondere unterbleibt auch die Berindung des Oogoniums, welche, wie bekannt, erst nach der Befruchtung der Oosphaere eintritt.
Das Ohytr. Coleochaetes habe ich im Herbst 1875 bei Breslau (am Margarethendamm) sehr zahlreich gefunden.
5. Chytridium microsporum, nov. spec. Taf. IV. Fig. 11. Diese
1) \. c. Taf. II. Fig. 2—7. Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band UI. Heft 6
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Art lebt auf der in den Gallertkugeln von Chaetophora elegans nistenden Mastigothrix aeruginea Ktzg., wie das sogleich zu schil- dernde Uhytr. Mastigotrichis, dem es rücksichtlich der Gestalt und Grösse ähnlich ist.
Die von dünnen Wänden begrenzten Zoosporangien sind mehr
oder weniger kugelförmig oder oval, 30—50 Mikr. im Durchmesser und mit einem Punkte ihrer Peripherie an einem Mastigothrixfaden angewachsen. (Taf. IV. Fig. 11.) Bei der Bildung der Schwärm- sporen treten in ihrem Inhalte zahllose kleine Kerne auf, welche dicht aneinander gelagert sind, keine deutlichen Umrisse haben und nur matt glänzen, da sie das Licht schwach brechen. Um diese Kerne bilden sich die Schwärmsporen, treten durch eine Oeffnung, die ich jedoch nicht wahrnehmen konnte, aus dem Zoosporangium heraus, ohne, wie es schien, von Schleim umgeben zu sein, und eilen sogleich auseinander (Fig. 11). Die im Innern des Zoosporangium zurück- gebliebenen Schwärmsporen zeigen eine sehr lebhafte Bewegung, verlassen dasselbe aber im Laufe einer kurzen Zeit einzeln, sodass dieses zuletzt vollständig entleert wird. Die Schwärmsporen sind so klein, dass sie bei einer schwachen Vergrösserung nur kleine Körnchen von Protoplasma zu sein scheinen, welches etwa aus einer verletzten Zelle herausgeflossen ist. Bei einer Vergrösserung von 850 erscheinen sie als wirkliche längliche Chytridiumschwärmer von 2 Mikr. Länge, aber kaum den dritten Theil so breit (Fig. 11a). Ihr Protoplasma umschliesst an dem schmäleren Ende ein stärker lichtbrechendes Körnchen mit undeutlichen Umrissen. Bei Zusatz von Jod kann man an den Schwärmsporen eine ziemlich starke Cilie wahrnehmen, welche in der Nähe des Kernes hervorkommt (Fig. 11a). Die Schwärmsporen schwimmen schnell, indem sie dabei die Cilie nach vorne kehren und sich in den oberen Schichten des Wassers halten. 6. Ohytridium Epithemiae, nov. spec. Taf. IV. Fig. 12. 13. Die Zoosporangien dieses Chytridium sind sehr zierlich, etwa radies- chenförmig, an ihrem oberen kuglig angesehwollenen Theile befinden sich zwei gewölbte Deckel, von denen der eine seinen Platz mehr in der Mitte des Scheitels, der andere mehr nach der Seite zu ein- nimmt (Taf. IV. Fig. 13). Der untere Theil des Zoosporangiums läuft in einen schmalen Stiel aus, welcher auswendig an der Schale von Kpithemia Zebra angewachsen ist; auch kommen häufig zwei Parasiten auf einer Kpithemienschale vor. Die Wände des Zoo- sporangiums sind farblos und ziemlich dick, sein Durchmesser be- trägt 12 Mikr.
et usc.z
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Der Bildung der Zoosporen geht, wie gewöhnlich, das Auftreten einer nicht sehr grossen Zahl stark lichtbrechender Kerne vorher, welche gleichmässig in gewissen Abständen im durchsichtigen Inhalt vertheilt sind (Fig. 12. 13); das Ausschwärmen selbst habe ich nicht beobachten können. Entleerte Zoosporangien dagegen habe ich sehr zahlreich auf den Eprthemien angetroffen, welche von dem Parasiten getödtet schienen; von den beiden Deckeln war regelmässig nur der eine abgeworfen, der andere sass noch fest; auf anderen Bacillarien- arten habe ich dieses Uhytridium nicht bemerkt, auch wenn sie ge- sellig zwischen den Kpethemien lebten.
7. Ohytridium Mastigotrichis, nov. spec. Taf. IV. Fig. 14—21. Diese Art entwickelt sich am häufigsten auf den oberen Theilen der Fäden von Mastigothrix aeruginea Ktzg.; seltener kann man sie auch an den unteren Theilen derselben finden, offenbar deshalb, weil die schmäleren Enden dieser Fäden, die der Oberfläche der Gallertkugeln von Ühaetophora elegans näher sind, den Schwärmsporen des Para- siten einen leichteren Zutritt gewähren, als ihre tiefer im Schleim zwischen den Aesten der Uhaetophora eingesenkten Basaltheile. Die reifen Zoosporangien sind mehr oder minder regelmässig kugelförmig oder etwas elliptisch, etwa 40 Mikr. im Durchmesser und laufen in einen Hals aus, dessen Länge ausserordentlich verschieden ist (Taf. IV. Fig. 16. 17) von einem unbedeutenden Schnäbelchen bis zu einer langen Röhre, welche den Durchmesser des Zoosporangiums fast um die Hälfte übertrifft; manchmal bilden die Zoosporangien auf ihrer Oberfläche zahnähnliche Erhöhungen, gleichsam kleine Buckelchen. In sehr jugendlichem Alter ist der Parasit eine kleine mehr oder weniger kugelige Zelle mit farblosem Protoplasma, in welchem stark lichtbrechende Körnchen eingelagert sind (Fig. 14); mit der Zeit aber wird das Protoplasma in seiner ganzen Masse feinkörnig. Aus der Oberfläche der äusseren Wand der Uhytridium- zelle wachsen gewöhnlich fadenförmige Fortsätze heraus, welche sich zuerst als volle Fäden darstellen, ohne deutliche Wände; später er- reichen sie oft eine bedeutende Länge und bilden sogar Aeste (Fig. 15). Wenn diese Fortsätze blind im Schleime der Chaeto- phora enden, dann laufen ihre Spitzen in äusserst feine Fäden aus; wenn dagegen ein Fortsatz auf einen benachbarten Mastigothrixfaden stösst, so wächst er in denselben hinein, eine kuglige Erweiterung bildend (Fig. 15, Fig. 17—20). Solche Mastigothrixfäden zeigen durch das Geibwerden ihres Inhalts ihr Absterben an, welches offen- bar in der zerstörenden Einwirkung des Parasiten seine Ursache hat. Es verhalten sich daher die fadenförmigen Fortsätze wie
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Haustorien. In der Regel ist die Zahl der Haustorien eine be- schränkte; häufig entstehen bloss ein oder zwei, in anderen Exem- plaren jedoch eine grössere Zahl von Haustorien; andererseits habe ich Individuen gesehen, an welchen sich gar kein Haustorium befand. Trotzdem erscheinen auch diese C’hytridien als normal entwickelt, wenn auch nur auf Kosten des einen Mastigothrixfadens, an den sie von vorn herein angewachsen waren. Es ergiebt sich hieraus, dass der Parasit aus den entfernteren Mastigothrixfäden seine Nahrung durch die Enden seiner Haustorien zieht, während er aus dem Faden, an welchen er unmittelbar angewachsen ist, seine Nahrung mit seiner ganzen Berührungsfläche schöpft, ohne dass sich an dieser Stelle irgend welche Anhangsgebilde erzeugen. In diesem Falle trennt sich das Zoosporangium bisweilen in entwickeltem Zustande von dem zerstörten Mastigothricfaden und zeigt dann an der Anwachsstelle eine völlig glatte Oberfläche. Bisweilen berührt ein Zoosporangium zwei oder mehr nahe bei einander befindliche Mastigothrixfäden, ver- wächst mit allen diesen Fäden zusammen, welche an der Berührungs- stelle bogenartig sich krümmen, und zerstört sie alle zu gleicher Zeit (Fig. 16).
Die Schwärmsporen bilden sich durch freie Zellbildung im ganzen Zoosporangium, den langen Hals desselben mit eingerechnet; zur Zeit ihres Austretens drückt ihre Masse gegen das obere Ende des Halses und löst die Haut desselben unter dem Auge des Beobachters auf (Fig. 17. 18). Aus der terminalen Oeflnung des Halses treten die Schwärmsporen heraus, durch gemeinsamen Schleim verbunden; zuerst erscheint daher vor der Oefinung eine kleine, mit nur wenigen Schwärmsporen angefüllte Schleimkugel (Fig. 13), die jedoch mehr und mehr an Grösse zunimmt, entsprechend dem fortgesetzten Hin- zutreten der noch zurückgebliebenen Zoosporen (Fig. 19). Während die Schleimmasse im Wasser allmählich quillt und sich auflöst, ent- fernen sich die Schwärmsporen gleichsam strahlenartig, indem sie zuerst mit ihren stumpferen, abgerundeten Enden vorwärts streben (Fig. 20). Zuerst befreien sich diejenigen, welche sich der Ober- fläche der Schleimkugel am nächsten befinden, von dem umgebenden Schleime und eilen hinweg. Da die Zahl der Schwärmsporen in einem Zoosporangium ziemlich gross und ihr Heraustreten nicht gerade ein schnelles ist, so kann man ihr Auseinandereilen verhält- nissmässig lange beobachten, indem die einen bereits frei im Wasser umherschwimmen, während die anderen erst aus dem Zoosporangium heraustreten. Zuletzt bleibt das Zoosporangium ganz leer zurück und verändert jetzt, frei von dem inneren Drucke seines früheren
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Inhalts, die bisherigen äusseren Umrisse einigermassen, um so mehr als seine Wände dünn und wenig elastisch sind und in Folge dessen leicht zusammenschrumpfen.
Die Schwärmsporen des Ü'hytr. Mastigotrichis unterscheiden sich in vielen Beziehungen von denen der übrigen ÜUhytridiaceen. Sie sind verhältnissmässig gross und von eiförmiger Gestalt; ihre Länge beträgt etwa 8, die Breite 5 Mikr. Die Cilie befindet sich an ihrem schmäleren Ende (Fig. 21); die Aussenfläche der Schwärmspore besteht aus farblosem, hyalinem Protoplasma, welches an dem stumpferen Ende eine diekere Schicht bildet, gegen das spitzere Ende aber schmäler wird, so zwar, dass es in der Gegend der Cilie nur einen zarten Ueberzug darstellt. Diese hyaline Schicht umgiebt, ähnlich wie das Weissei den Dotter des Hühnerei, einen inneren, stärker lichtbrechenden Körper von verlängert elliptischer Gestalt, der offenbar dem stark lichtbrechenden Kerne anderer Arten ent- spricht; die Substanz dieses Kerns ist an ihrer Oberfläche dichter als im Innern. An dem schmäleren Ende der Schwärmspore, dicht an der Cilie, befindet sich ein längliches Körnchen eines besonders stark lichtbrechenden Stoffes, welches anscheinend dem sogenannten Augenflecke anderer Schwärmsporen entspricht, mit dem einzigen Unterschiede, dass es hier ungefärbt ist. Oft kommen im Kerne der Schwärmspore, dicht bei der Cilie, seltener auch an anderen Stellen, mehr oder weniger zahlreiche Körnchen vor.
In einigen Fällen habe ich amoebenartige Veränderungen an den Schwärmsporen beobachtet. Die äussere hyaline Protoplasmaschicht ist besonders contractil und verlängert sich, indem sie sich nach einer Seite gleichsam ergiesst (Fig. 21a b ce), während der Kern sich entweder schwächer verlängert oder auch gar nicht seine Gestalt verändert, wenn die Formveränderung der ganzen Schwärm- spore überhaupt eine geringere ist.
Die Schwärmbewegung der Zoosporen des Ühytr. Mastigotrichks geht keineswegs schnell vor sich; dabei verfolgen sie beim Schwim- men bald eine gerade, bald mehr oder minder gebogene ziekzack- artige Linien. Manchmal halten sie sich auf ihrem Wege bei irgend einem Gegenstande auf, wenden sich aber alsbald wieder nach der einen oder der anderen Richtung. Es ist auch bemerkenswerth, dass die Schwärmsporen beim Schwimmen stets ihr stumpferes Ende nach vorne kehren, so dass die Cilie gleich einem Steuer nach hinten gerichtet bleibt, ohne jedoch den Zweck eines solchen zu erfüllen. Es scheint vielmehr die Cilie gar keinen Einfluss auf die Bewegung der Schwärmspore zu haben.
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II. Obelidium'), nov. gen.
Das einzellige Zoosporangium erhebt sich auf einem mehr oder weniger ausgebildeten Träger aus der Mitte eines strahlenartig in einer Ebene ausgebreiteten diehotomisch verzweigten Mycels, von welchem es durch eine Scheidewand vollständig abgeschlossen ist. Die Zoosporen bilden sich in geringer Zahl und treten durch eine seitliche Oefinung aus.
1. Obelidium mucronatum, nov. spec. Taf. V. Fig. 1—5. In dem Gefässe, worin ich die Ühaetophoren eultivirte, fand ich am letzten December 1875 auf der leeren Haut einer Mückenlarve ausser einem Pythium auch die in Rede stehende Ohytridiacee.
Das einzellige Zoosporangium dieser Art, welches eine Länge von 32—56 Mikr., im Mittel 42 Mikr. und einen Querdurchmesser von 8--15 Mikr,. erreicht, besteht in typisch entwickeltem Zustande aus zwei Theilen. Der obere bei weitem grössere hat eine kegel- förmige Gestalt und endigt in einem schmalen soliden zugespitzten Stachel (Taf. V. Fig. 1). Der untere Theil dagegen, der jedoch durch keine Scheidewand abgegrenzt ist, besteht aus einer fussähn- lichen Verschmälerung mit bedeutend verdickter, doppelte Contur zeigender Wandung, die gewissermassen einen Stiel oder Sporangium- träger bildet; derselbe verengt sich von oben nach unten, geht jedoch an der Basis wieder in eine kugelförmige Erweiterung über, mit der er sich an die Oberfläche der Larvenhaut anheftet. Von dieser kugelförmigen Basis gehen strahlenartig mehr oder weniger zahlreiche überaus feine, fast unmessbar dünne Mycelzweige aus, die sich in der durchsichtigen Larvenhaut dichotomisch ohne Quer- wände üppig verzweigen. Sie bilden um das Zoosporangium einen ziemlich grossen Kreis bis zu 160 Mikr. Durchmesser (Taf. V. Fig. 2). In der Regel treten aus der Basis des Zoosporangiumstieles nur wenige dickere Myceläste, die sich alsbald nach allen Seiten hin gabeln. Manchmal jedoch beginnt das Mycel mit einem einzigen Faden, der vom Zoosporangium ausläuft und sich erst etwas tiefer verästelt (Taf. V. Fig. 4a). Die einzelnen Mycelzweige sehen wie farblose, solide aber äusserst zarte Fäden aus; die dickeren Aeste aber der kräftigeren Exemplare haben zumal in der Nähe der Stielbasis deutliche Doppelwände.
In dem farblosen Protoplasma des Zoosporangiums entstehen vor der Entwickelung der Schwärmsporen die Schwärmsporenkerne, welche für die meisten Uhytridiaceen charakteristisch sind (Taf. IV. Fig. 3). Die Schwärmsporen bilden sich nur in geringer Zahl und
1) Der Name ist von oßeAog, Spiess, gebildet.
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treten durch eine in der Zoosporangiumwand unter dem Stachel ent- standene Oeflnung nach aussen; sie verharren aber, ohne Zweifel von Schleim umgeben, vor der Oefinung eine Zeit lang im Zustande der Ruhe (Taf. V. Fig. 1), ein Theil der Schwärmsporen bleibt un- beweglich im Zoosporangium zurück. Plötzlich beginnen die, zuerst ausgetretenen Zoosporen sich nach allen Seiten zu zerstreuen; auch die im Zoosporangium gebliebenen schwärmen fast gleichzeitig inner- halb desselben und verlassen es erst nach einiger Zeit. Die kugeligen Schwärmsporen haben 2,5 Mikr. im Durchmesser, besitzen einen kleinen excentrischen Kern und wahrscheinlich eine Cilie. Bei ihren schnellen Bewegungen wenden sie sich rasch nach verschiedenen Seiten. Das entleerte Zoosporangium ist zart und durchsichtig, schrumpft sehr leicht zusammen und geht viel eher zu Grunde, als der stark verdiekte Stachel und der steife Stiel (Fig. 2).
Die Schwärmspore keimt auf der Oberfläche der Larvenhaut; aus ihr wächst bei der Keimung auf der einen Seite das Mycel (Fig. 5) hervor, während sie selbst sich zur Anlage des Zoosporangiums entwickelt. Das Mycel verzweigt sich mehr und mehr und breitet sich über eine immer grössere Fläche aus, doch so, dass die sämmtlichen Gabel- äste in der nämlichen Ebene verlaufen. Die Anlage des Zoosporan- giums erscheint zuerst als ein kleiner länglicher protoplasmareicher Körper im Centrum des Mycels, von welchem er durch eine Quer- wand sich abgliedert; er wächst bald in die kegelförmige Spitze aus, deren Inhalt stärker lichtbrechend ist, als das übrige Protoplasma, und deren Membran sich sehr stark verdickt; die mittlere Region dagegen schwillt mehr oder weniger auf, während die Basis stiel- artig sich verdünnt, ihre Membran dagegen sich stark verdickt und an der Scheidewand die kugelartige Erweiterung ausbildet (Fig. 4). Die Höhe des Stiels ist an verschiedenen Individuen sehr verschie- den. Manchmal fehlt derselbe ganz und das Zoosporangium sitzt mit der kugelförmigen Basis unmittelbar auf dem Mycel. In typi- schen Individuen bilden sich im Stiel keine Zoosporen; bei der stiel- losen Form entstehen dieselben im ganzen Zoosporangium bis zur kugligen Basis.
III. Rhizidium A. Br,
Die Begründung und Beschreibung der "Gattung Khizidium verdanken wir dem Entdecker der Chytridiaceen Al. Braun; sie unterscheidet sich nach ihm von Uhytridium „durch eine verlän- gerte, in viele Zweige mit äusserst feinen Enden sich theilende Wurzel und durch die Bildung einer zweiten, zur Fruetification
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bestimmten Zelle, welche aus dem blasenartig erweiterten oberen Ende der vegetativen Zelle durch seitliche Aussackung hervorwächst. Die Fructification ist von zweifacher, auf verschiedene Individuen vertheilter Art; entweder nämlich bilden sich in der seitlichen und zur besonderen Zelle sich abschliessenden länglichen Aussackung Zoogonidien, welche ganz die Beschaffenheit derer von Chytridium besitzen, oder diese Aussackung nimmt eine kugelförmige Gestalt an und wird zu einer einzigen, sich allmählich braun färbenden, mit dieker und höckeriger oder fast stacheliger Haut und grossem Kern versehenen ruhenden Spore '),“ Ausser der Art Rhizidium mycophilum A. Br., welche man bis jetzt einzig und allein in dem Schleime der ÜUhaetophora elegans gefunden hat, erwähnen Al. Braun und Schenk ein anderes, Arhizidium Euglenae?); Schenk hat noch ein drittes: Rhrzidium intestinum beschrieben, welches er innerhalb der Zellen von Nittella flexilis, P vielen Oedogonien und einige Male auch in Mougeotia entdeckte).
1. Lhizidium mycophilum A /Br. Taf. V. Fig. 6— 12, Taf. VI. Fig. 1—5. Ich hatte Gelegenheit, im Schleim von C'haetophora elegans von September bis November 1875 ZArhizidium mycophilum A. Br. sehr häufig aufzufinden, wo es, theils in einzelnen Individuen zer- Streut, theils gruppenweise zu Colonien mehr oder weniger fest ver- einigt, vorkommt.
Die Wurzelzelle dieses Ahrzidium ist oft sehr lang (etwa bis 150 Mikr.) und verästelt; da, wo sie mit der Zoosporangiumzelle zusammenstösst, ist sie etwas erweitert und oft zwiebelartig ausge- dehnt. In der Regel gehen von einem Hauptfaden, gewissermassen einer Pfahlwurzel, Aeste nach verschiedenen Richtungen, welche immer feiner werden und in den letzten Verzweigungen in äusserst dünne Fasern auslaufen (Taf. VI. Fig. 1). Seltener entspringen aus der zwiebelartigen Ausdehnung zwei gleich dicke Hauptäste, welche sich dann weiter verzweigen. Die Zoosporangiumzelle ist bald rundlich, bald mehr länglich, etwa 25 Mikr. im Querdurchmesser und 40 Mikr. lang, manchmal auch derartig in die Länge gezogen, dass letztere den Breitendurchmesser um das zwei- bis dreimalige, wo nicht gar noch mehr, übertrifft und eirca 38 Mikr. erreicht; sie ist zur Zeit
!) Monatsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1856 p. 591. 2) Braunl.c.; Schenk, Algolog. Mittheilungen p. 246. Rhizidium Euglenae, das ich für identisch mit Uhytridium Euglenae A. Br., Abhandl. der Berl. Akademie 1856 p. 47, Bail, Bot. Zeitschr. 1555 p. 678, halte, stelle ich nach meinen neuesten Untersuchungen in eine besondere CGrattung, die ich später beschreiben werde. 3) Dr. A. Schenk. Ueber das Vorkommen contractiler Zellen im Pflau- zenreiche. Würzburg 1558.
der Schwärmsporenentwickelung mit einem papillenartigen Schnäbel- chen versehen.
Die Zellwände sind bei dieser Art zart, durchsichtig und farblos; bei Zusatz von Jod und Schwefelsäure konnte ich keine blaue Fär- bung wahrnehmen. Der Zellinhalt besteht aus farblosem, feirkörni- gem Protoplasma, welches nur in der papillenartigen Verlängerung der Zoosporangiumzelle mehr homogen und ohne Körnchen ist. Manchmal glaubte ich in der Zoosporangiumzelle einen deutlichen Zellkern zu erkennen. (Taf, VI. Fig. 5.)
Der Bildung der Zoosporen geht wie gewöhnlich das Auftreten zahlreicher stark lichtbrechender Kerne vorher, welche von hyalinem Protoplasma umgeben und dadurch von einander getrennt sind. (Fig. !.) Durch eine an der Spitze des Zoosporangiums entstandene Oeffnung fliesst der gesammte Inhalt desselben, welcher aus Schwärmsporen und Schleim besteht, nach aussen und bildet zuerst eine kugelige Masse, welche vor der Oeffnung haften bleibt (Fig. 2). Nun beginnt die Kugel durch Wassereinsaugung anzuschwellen; in Folge dessen kann man bald an den nunmehr weiter von einander abstehenden Schwärmsporen nicht nur ihre Kerne, sondern auch die Umrisse der dieselben umgebenden Protoplasmahüllen unterscheiden. Hierauf zer- fliesst die Schwärmsporenkugel zu einer formlosen Masse, welche indess den Zusammenhang mit dem Zoosporangium, aus welchem noch fortwährend Schwärmsporen, eine nach der andern, hinzukom- men, nicht aufgiebt. Alle Schwärmsporen besitzen bis dahin keine active Bewegung, sie werden nur durch die Bewegung des Schleims aus dem Zoosporangium ausgetrieben. An der Peripherie der aus- geflossenen Schleimmasse beginnen die Schwärmsporen sich langsam in Bewegung zu setzen und schwimmen, sobald sie mit dem Wasser in Berührung kommen, schnell davon (Fig. 3). Eine kleine Anzahl bleibt noch lange im Zoosporangium zurück; sie verlassen dasselbe aber endlich eine nach der andern.
Die Schwärmsporen sind kugelrund, 5 Mikr. im Durchmesser, haben ziemlich grosse excentrische Kerne, die stark das Licht brechen ; sie bewegen sich stossweise, fast raketenartig. Nachdem ihre Bewe- gung eine gewisse Zeit gedauert hat, keimen sie entweder im Schleim der nämlichen Ühaetophora, von der sie ausgegangen sind, oder gelangen wohl auch in andere Exemplare derselben Pflanze.
Die zur Ruhe gelangten Schwärmsporen entwickeln sich zu neuen Khizidien, indem aus ihrem kugeligen Körper an einem Punkte ein äusserst zarter, langer Keim-oder Wurzelfaden hervorwächst, dersich sehr früh in noch feinere Aestchen verzweigt. An der Anheftungsstelle zeigt
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der Wurzelfaden alsbald eine kleine Erweiterung, über welcher der eigentliche Körper der Zoospore kugelig anschwillt und sich allmäh- lich zur Zoosporangiumzelle ausbildet. Hierbei wird der oelartige Kern immer kleiner, sodass derselbe offenbar als ein der Zoospore beigegebener Reservestoff zur Ernährung der jungen Keimpflanze verbraucht wird; das Protoplasma der letzteren ist anfänglich homo- gen und zeigt Vacuolen; später wird es körnig; nunmehr unterschei- den sich die jungen ZAhizidien von den ausgewachsenen nur durch ihre geringere Grösse (Fig. 4). Das leere Zoosporangium zeigt eine zarte, durchsichtige Membran, welche leicht zusammenschrumpft und bald der Zerstörung anheimfällt. Die Wurzelzelle dagegen, welche an der Bildung der Schwärmsporen keinen Antheil nimmt, schreitet auch nach der Entleerung derselben in ihrer eigenen Entwickelung weiter fort. Noch vor dem Erscheinen der Schwärmsporenkerne im Zoosporangium kann man Krhiziedien antreffen, in denen die Anschwel- lung der Wurzelzelle fast kugelartig ausgedehnt und durch eine Querwand abgetrennt ist, derart, dass man jetzt ein aus drei hinter- einander folgenden Zellen bestehendes Arhrzidium vor sich hat. (Fig. 5.) Nach der Entleerung der Schwärmsporen wird das Zoosporangium durch die aus jener zwiebelartigen Anschwellung entstandene Zelle ersetzt; daher finden wir oft verhältnissmässig kleine Zellen, welche das Anhängsel einer langen Wurzelzelle bilden.
Während ich die Entwickelung der Zoosporen nur im Septem- ber beobachten konnte, zeigten sich später im Herbst die schon von A. Braun erwähnten diekwandigen Dauersporen. Ueber ihre Entstehung habe ich eine Reihe höchst interessanter Beobachtungen gemacht, deren Beschreibung ich mir für einen anderen Ort vorbe- halte, weil ich deren Vervollständigung beabsichtige. Ich beschränke mich daher hier auf das bis jetzt noch nicht gekannte Verhalten der Dauersporen bei der Keimung.
Die Dauersporen finden sich einzeln an der Spitze einer Wurzel- zelle oder zu zahlreichen Colonien vereinigt, von einem schwer ent- wirrbaren Knäuel von Wurzelzellen umgeben und von mehr oder weniger langen Härchen filzartig bedeckt. Sie erreichen 15—30 Mikr. im Längendurchmesser, ihre Sporenmembran besteht anscheinend aus zwei Schalen; die äussere trägt meist eine dichte Bekleidung feiner Härchen (Taf. V. Fig. 7, Fig. 3). Ihr Inhalt ist feinkörniges Proto- plasma, in dessen Mitte ein sehr grosser stark lichtbrechender Oeltropfen sich auszeichnet. Die Dauersporen bleiben Monate lang im Ruhezustande. Die Keimung begann bei dem in den ersten
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Tagen des November gesammelten und im warmen Zimmer aufbe- wahrten Material Anfang December und dauerte bis zu den ersten Tagen des Januar, wo der ganze reichliche Vorrath der Dauercolo- nien sich aufbrauchte.
An der Spitze der keimenden Dauerspore tritt zuerst eine "kleine Blase, nachdem sie die äussere Sporenhaut in einem kleinen Punkte durchbrochen, nach aussen hervor (Taf. II. Fig. 6); sie enthält sehr zartes homogenes Plasma, welches von einer überaus feinen Haut umgeben ist. Im weiteren Verlaufe vergrössert sich die ausgetretene Blase und wird zuletzt zu einer selbständigen kugeligen Keimzelle, welche am Scheitel der Dauerspore aufsitzt und das Plasma dersel- ben vollständig in sich aufnimmt; in letzterem wird der grosse Oel- tropfen, der oflenbar als Reservenahrung diente, allmählich immer kleiner und verschwindet zuletzt ganz, so dass der Inhalt der ausge- tretenen Keimzelle ein blasses, gleichartiges Plasma darstellt, welches von dem körnigen der Dauerspore sehr verschieden ist; ein Zell- kern wurde von mir in der Keimzelle oft wahrgenommen. Die aus der Spore ausgetretene Keimzelle wächst nun weiter und nimmt dadurch eine längliche, mitunter schlauchförmige Gestalt an (Taf. V. Fig. 8, 9), sie ist oft an ihrer Basis kolbenartig erweitert, ihr Protoplasma ist feinkörnig, oder auch manchmal hyalinisch und dann von leiterartig aufeinanderfolgenden Querwänden durchsetzt, welche hier und da kleine Oeltropfen enthalten. Nachdem die Keimzelle sich mehr oder weniger vergrössert hat, wird sie unmittelbar zum Zoosporangium, welches sich von den gewöhnlichen, schon früher ge- schilderten nur dadurch unterscheidet, dass sie nicht wie diese auf einer Wurzelzelle aufsitzt. In ihrem Protoplasma entstehen zahlreiche Schwärmsporenkerne und in der Folge auch Schwärmsporen selbst, treten durch eine an der Spitze der Keimzelle entstandene Oeffnung heraus und bilden durch Schleim verbunden eine kugelige Masse, welche sich durch den Zufluss von neuen Schwärmsporen vergrössert (Fig. 10), durch Wassereinsaugung ausserordentlich aufschwillt und zu einer grossen unregelmässigen Figur auseinanderfliesst (Fig. 11). Im Schleime verhalten sich die Schwärmsporen fortwährend ruhig oder werden passiv mit dem Strome des Schleimes fortgezogen. End- lich lassen einige von ihnen eine schwache Bewegung im Schleime erkennen, entfernen sich aber erst dann, wenn sie mit dem Wasser in Berührung kommen (Fig. 12). Von diesem Zeitpunkte beginnt ein allgemeines Wegschwimmen der Schwärmsporen aus der Schleim- masse. Ein kleiner Theil von ihnen bleibt jedoch unbeweglich im
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Innern der geöffneten Keimzelle. Die Schwärmsporen unterscheiden sich weder im Bau, noch in der Bewegung von den in den früher beschriebenen Zoosporangien entwickelten und bilden gleichfalls neue Zrhizidien.
IV. Cladochytrium, nov. gen.
Die Zoosporangien dieser Gattung entstehen entweder intercalar aus den Prrotomycesähnlichen Auschwellungen eines in der Nährpflanze wuchernden einzelligen Mycelium, von welchem sie sich durch Quer- wände abtrennen, oder terminal am Ende einzelner Mycelfäden. Die Zoosporangien entleeren sich entweder durch das Oeffnen eines sehr verschieden langen Halses, oder sie sind mit Deckel versehen. Es kommt hier auch die Bildung von secundären Zoosporangien vor; sie entstehen entweder reihenförmig nebeneinander oder in älteren, schon entleerten Zoosporangien.
1. Oladochytrium tenue, nov. spec., Taf. VI. Fig. 6—13. Diese Art habe ich im Herbst 1875 im Gewebe von Acorus Calamus und Iris Pseudacorus, in der letzteren Pflanze auch Anfang April 1876 in vorjährigen Exemplaren gefunden. Auch im Gewebe von @lyceria spectabilis, welche Monate lang im Wasser in demselben Gefässe mit obigen Pflanzen zusammenfaulte, habe ich dieses Oladochytrium angetroffen. Das Mycel besteht aus dünnen, zarten, farbloses Pro- toplasma enthaltenden ungegliederten Mycelfäden, welche sich im Zellgewebe der Nährpflanze und zwar innerhalb der Zellen in kleineren oder grösseren Abständen nach allen Richtungen verzweigen, die Wände der Zellen durchbohren und im Innern derselben spindelför- mige Protomycesähnliche Ansehwellungen bilden (Fig. 6, 8, 9). Die zarten Mycelfäden, welche die Nährzellen meist in geringer Zahl durchziehen, haben nur 1—2 Mikr. im Durchmesser; sie gleichen Pseudopodien oder Protoplasmafäden, und zeigen oft nur eine ein- zige spindel- oder kugelförmige Anschwellung in jeder Zelle, in an- deren Zellen bilden sich die letzteren in grösserer Zahl. Die An- schwellungen haben zarte Membran und homogenen später körnigen Protoplasmainhalt, in welchem ich im Winter einen grossen oder mehrere kleine Oeltropfen wahrnahm. Durch eine Querscheidewand theilen sich oftmals die Anschwellungen in zwei gleiche Hälften, von denen jedoch die eine inhaltslos wird, während in der anderen das Protoplasma sich vermehrt, auch die Grösse zunimmt (Fig. 6, 7). Aus diesen protoplasmareichen Hälften der primären Anschwellungen gehen die Zoosporangien hervor, indem sie sich noch sehr bedeutend vergrössern, eine kugelige Gestalt annehmen und mit dichtem Proto-
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plasma füllen; die andere inhaltlose Hälfte sitzt in der Regel als ein kleiner blasenartiger Anhang des Zoosporangium an der Spitze des Tragfadens. Einigemal sah ich Dreitheilung der Anschwellung.
Die Zoosporangien zeigen übrigens verschiedene Grösse, ich bestimmte ihren Querdurchmesser im Mittel auf 15 Mikr.; in der Regel nehmen sie daher nur einen Theil ihrer Nährzelle ein, mit- unter füllen sie jedoch dieselbe ganz und gar aus; in einzelnen Zellen von Iris Pseudacorus fand ich solche riesige Zoosporangien von 66 Mikr. und darüber. Zuletzt verlängern sich die Zoosporan- gien in einen schnabelartigen Hals oder in eine längere Röhre, welche das Sporangium oft um das Doppelte übertrifft und am Ende ein wenig eingebogen oder in der ganzen Länge wellenförmig ge- krümmt ist. Das Ende des Halses durchbricht die Wand der Nähr- zelle, und dringt entweder nach aussen ins Wasser, oder tritt auch in eine benachbarte Parenchymzelle hinein; mitunter entwickelt ein Zoosporangium mehrere Hälse. Wenn auf einem von dem Mycel des Oladochytrium durchzogenen Pflanzenstengel die Kugeln einer Ohaeto- phora aufsitzen, so dringen die Mycelfäden auch in den Schleim der Gallertalge ein und bilden im letzteren Zoosporangien (Fig. 12, 13). Auch tritt das Mycel durch das Zellgewebe oft an die Oberfläche der Blätter und bildet hier ebenfalls kuglige Anschwellungen und später Zoosporangien (Fig. 5, 9).
Im Protoplasma der Zoosporangien entstehen nun, wie gewöhn- lich, stark lichtbrechende Kerne und hierauf um diese die kugligen Schwärmsporen selbst, welche 5 Mikr. im Durchmesser, eine Cilie und einen excentrischen Kern besitzen. Sie treten durch Schleim verbunden in einer kugeligen Masse aus einer am Ende des Halses entstandenen Oeffnung hervor; einige bleiben längere Zeit im Zoospo- yangium zurück und verlassen es später einzeln (Fig. 10). Während des Austritts nehmen die Zoosporen sammt ihrem Kerne mitunter eckige Gestalt an; beim Schwärmen jedoch werden dieselben kuglig, zeigen aber auch amoeboide Bewegungen und Gestalt- veränderungen. Bei der Keimung nimmt die Spore immer Kugel- gestalt an, der Kern liegt excentrisch am Rande, an einem an- deren Punkte des Randes bricht ein überaus feiner Keimfaden hervor, der sich in ein paar Tagen bedeutend verlängert und zarte Aeste ausschickt, oder es treten gleichzeitig an zwei Stellen der gekeimten Zoospore solche Fäden hervor, die sich unregelmässig verzweigen. An einzelnen Stellen der Keimfäden bilden sich schon sehr früh die charakteristischen Anschwellungen, aus denen später die Zoosporangien hervorgehen (Fig. 11 a. b. ec... Während der
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Keimung wird der ölartige Zellkern allmählich resorbirt und ein klares Protoplasma bildet den Inhalt der gekeimten Spore. Die Keimung geht auf der Oberfläche der Nährpflanze oder im Innern ihrer Zellen vor sich, je nachdem der Hals des Zoosporangiums nach aussen oder in eine Nachbarzelle gedrungen ist.
In der Regel entsteht, wie schon bemerkt, das Zoosporangium aus der einen protoplasmareichen Hälfte einer Anschwellung des Mycels, während die andere Hälfte inhaltleer bleibt; sehr häufig jedoch entwickeln sich auch ungetheilte Anschwellungen ohne Wei- teres zu Zoosporangien, so dass die Theilung keine nothwendige Bedingung der Fortpflanzung ist; andererseits können auch beide Hälften einer getheilten Anschwellung zu Zoosporangien werden; in diesem Falle geht die Ausbildung der beiden Hälften nicht immer gleichzeitig vor sich. Bei einem Üladochytrium, das seine Zoospo- rangien im Schleime einer auf Acorus Ualamus sitzenden Ühaeto- phora elegans entwickelt hatte, fand ich zwei und sogar drei zu einer Reihe mit einander verwachsene Zoosporangien, von denen das obere leer war, das nächstfolgende Protoplasma enthielt, worin schon Schwärmsporenkerne erkennbar waren, und das dritte, welches sich augenscheinlich zuletzt gebildet hatte, nur aus einer dünnen Wand und gleichartigem Protoplasma bestand (Fig. 12). Die zwei ersteren Zoosporangien hatten kurze, schnabelartige Hälse, die Mündung der letzteren aber lief in eine längere Röhre aus. Dieses Zoosporangium stand in Verbindung mit einem Mycelfaden, welcher sich zwischen den Aesten der Ühaetophora verlor. Nach Verlauf von mehr als 24 Stunden traten aus dem zweiten Zoosporangium Schwärmsporen heraus und hierauf schwärmte auch das dritte vollständig aus.
Bei Öladochytrium tenue habe ich auch die Entwickelung von secundären Zoosporangien in ähnlicher Weise beobachtet, wie dies de Bary bei Saprolegniaceen beschrieben hat!). Im Innern ent- leerter Zoosporangien fand ich kugelartige, mit Protoplasma erfüllte und von dünner Wand umgebene Anschwellungen, welche die Höhlung nur theilweise ausfüllten und offenbar durch Hineinwachsen des durch eine Scheidewand abgegrenzten Mycelfaden in das leere Zoosporan- gium entstanden waren (Fig. 13”). In einem Exemplare, welches ich längere Zeit auf dem Objectträger liegen liess, entwickelte sich nach Verlauf von ungefähr zwei Tagen aus einer solchen kugel- artigen Anschwellung ein kurzer Mycelfaden, welcher die Wand des leeren Zoosporangiums durchbrach und sich in zwei lange Aeste
!) Pringsheims Jahrbücher f. wiss. Botanik. II. Band 1860 p. 185.
verzweigte; ein Ausschwärmen von Zoosporen fand jedoch hier nicht statt. Auch in anderen Fällen habe ich das Hervorsprossen von dünnen Mycelfäden aus dem Zoosporangium beobachtet.
Unser Oladochytrium tenue ist offenbar nächst verwandt mit dem von de Bary in den Blättern und Blattstielen von Menyanthes tri- ‚Foliata entdeckten, als Protomyces Menyanthis bezeichneten ’Para- siten '); insbesondere zeigt das Mycel mit seinen dünnen ungetheilten Fäden und den meist zweitheiligen Anschwellungen die grösste Uebereinstimmung in Form und Vorkommen. De Bary beobachtete allerdings Dauersporen, welche ich selbst nieht mit Sicherheit nach- weisen konnte, während ihm die Entwickelung der Zoosporangien unbekannt blieb; die letztere ist jedoch ausreichend, um unseren Organismus von der Gattung Protomyces zu trennen und in die Familie der Ohytridiaceen einzureihen. COladochytrium scheint dem- nach auf eine bisher nicht berücksichtigte Verwandtschaft zwischen Uhytridiaceen und Protomyceten hinzuweisen.
2. Oladochytrium elegans, nov. spec. Taf. VI. Fig. 14—17. Diese Art habe ich im Schleime von Ühaetophora elegans sehr selten ge- funden, wahrscheinlich deshalb, weil der eigentliche Ort ihrer Ent- wickelung andere Pflanzen sind, auf deren Oberfläche die Uhaetophora zufällig vegetirte.
Das Mycel besteht aus einzelligen Fäden, die ähnlich wie bei der vorigen Art sich verzweigen und mit zartem wenigkörnigem Protoplasma erfüllt sind. Die Mycelfäden sind stärker als die von Ulad. tenue, etwa 2,5—D Mikr. dick, bilden aber wie dieses in gewissen Abständen mehr oder weniger bedeutende mit Plasma erfüllte spindel- förmige oder unregelmässige Anschwellungen, die an Protomyces erinnern. Die Zoosporangien habe ich nur endständig oder nahe der Spitze einzelner Myceläste angetroffen, welehe mehr oder weni- ger kugelig anschwellen, mit Plasma sich füllen und durch eine Scheidewand abgliedern; sie sind grösser als die der vorher- beschriebenen Art; ich bestimmte den Querdurchmesser zwischen 22—37 Mikr., im Mittel = 27 Mikr., sie sind von kugeliger, ovaler oder eiförmiger Gestalt; in entwickeltem Zustande besitzen sie an der Spitze einen schwach gewölbten Deckel (Taf. VI. Fig. 14, 15).
Die Schwärmsporen, welche auf gewöhnliche Art um Kerne sich bilden und nach dem Abfall des Deckels das Zoosporangium ver- lassen, bleiben eine zeitlang vor dessen Oeflnung, wahrscheinlich in
!) Dr. A. de Bary, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze. Frankfurt a. M. 1864. p. 25. Taf. I. Fig. 1—7.
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dem sie umgebenden Schleime, ruhig liegen; sie verändern durch amoebenartige Bewegungen ihre Gestalt und schwimmen dann alsbald auseinander (Fig. 16). Sie besitzen einen ziemlich grossen stark lichtbrechenden Kern und eine lange deutliche Cilie; sie sind ebenfalls kugelig, jedoch bei weitem grösser als die von Olad. tenue, 7,5 Mikr. im Durchmesser.
Nach der Entleerung des Zoosporangiums wölbt sich oft die dasselbe von seinem Tragfaden trennende Scheidewand in das Innere hinein, und erhebt sich in seiner Höhlung zu einem neuen secun- dären Zoosporangium, welches jedoch weit enger bleibt und die Höhlung des primären nicht ausfüllt, sondern eine schlauchartige nach oben verjüngte Gestalt annimmt. Der Scheitel des secundären Zoosporan- giums ragt etwas durch die Oeffnung des primären hervor (Fig. 17) oder endigt im Innern desselben. Er ist an seiner Spitze rund ge- wölbt und bildet bei der Reife des Zoosporangiums ebenfalls einen Deckel; die Bildung und Entleerung der Schwärmsporen geht ganz so wie in den primären vor sich.
Manchmal entstehen in dem Protoplasma des secundären Zoospo- rangiums vor der Bildung der Schwärmsporen zahlreiche Vacuolen und die Protoplasmamasse nimmt hernach einen netzartigen Bau an. In diesem Falle befinden sich in den dünnen Wänden des Proto- plasmas, welches die runden Räume des Netzgebildes umgiebt, ein- zelne stark lichtbrechende Körner. Diese Art erinnert in der äusser- lichen Gestalt ihrer Zoosporangien an die Sorokinschen Gattungen Zygochytrium und Tetrachytrium ‘), ist aber von denselben vollstän- dig verschieden durch die Entwickelungsweise der Schwärmsporen, die Gestalt der Deckel und das Vorhandensein des Mycels. Auffallend ist, dass von zwei einander so nahe stehenden Arten, wie unser Oladochytrium tenue und elegans, das eine seine Zoosporangien durch eine Oefinung am Schnabel, das Andere durch Abwerfen eines Deckels austreten lässt.
Breslau, April 1876.
N et
Big. 1.
Fig. 2.
Fig. 3.
Figuren - Erklärung.
(Alle Figuren sind mit Hilfe der Camera lucida gezeichnet.)
Tafel IV.
Chytridium destruens p. 75 (vergr. 400). a. Eine vom Parasiten ergriffene Chaetonema-Zelle. Im Innern des Chytridium drei braune Klümpchen von einer Vacuole umgeben. b. Schwärmsporen das Zoosporangium verlassend. ce. Das entleerte Zoosporangium mit gelb gefärbten Wänden und einem braunen Klümpchen.
Chytridium gregarium p. 77 (vergr. 400). Mehrere in dem Ei eines Rotatorium entwickelte Zoosporangien, in verschiedenen Entwickelungszuständen, a. Mit Schleim umgebene, aus dem Zoosporangium hervorgegangene Schwärmsporenmasse. b. Schwärmsporen.
Chytridium macrosporum p. 79 (vergr. 400).
Ein Zoosporangium in dem Ei eines Rotatorium entwickelt. Beginn der Schwärmsporenbildung.
. Desgl. Schwärmsporen, das Zoosporangium verlassend;
a. Membran desselben von der Eihaut gesondert.
Chytridium Coleochaetes p. SO (vergr. 400).
Fig. 5—7. Entwickelung junger Chytridien im Oogonium der Coleochaete pul-
Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10.
vinata; 5. Parasit, noch im Oogoniumhals, 6. über denselben hervor- tretend, 7. ausgewachsen; von der Oosphaere bleibt nur ein braunes Klümpechen übrig.
Zoosporangium mit heraustretenden Schwärmsporen a. Zwei aus einem Oogonium heraustretende entleerte Zoosporangien.
Vier noch nicht vollständig entwickelte aus einem Oogonium heraus- tretende Zoosporangien.
Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Band II. Heftl. fl
Fig.
Fig. Fig. Fig. Fig.
Fig.
Fig.
os
Chytridium microsporum p. 81.
. 11. (Vergr. 400.) Ein Zoosporangium auf Mastigothrix aeruginea sitzend,
aus ihm treten Schwärmsporen heraus; ein Theil der letzteren bleibt schwärmend noch einige Zeit im Zoosporangium zurück.
. 11a. (Vergr. 850.) Schwärmsporen.
Chytridium Epithemiae p. 82.
. 12. (Vergr. 850.) Ein Zoosporangium mit Schwärmsporenkernen auf der
Schale von Epithemia Zebra sitzend.
. 13. (Vergr. 620.) Ein entleertes Zoosporangium mit zwei